Der zweite Buddha
zurück — das heißt...« Er zögerte. »Vielleicht wäre es unter den Umständen besser, wenn ich hierbliebe; womöglich braucht mich die Polizei inzwischen... Lam, würde es Ihnen sehr viel ausmachen, eben mal mit dem Fahrstuhl hinunterzufahren? Gleich um die Ecke ist ein Feinkostgeschäft, und ...«
»O ja«, unterbrach ich ihn, »es würde mir sehr viel ausmachen. Und Sellers vermutlich auch.« Während ich sprach, hatte ich einen Löffel aus der Schublade genommen und kostete nun meinerseits die Sahne. »Im übrigen ist die Sahne nicht sauer.«
»Also mir kam sie sauer vor.«
»Muß an Ihrem Geschmack liegen...«
»Das kommt davon, wenn man morgens nur Obstsaft trinkt«, erklärte Phyllis Crockett heiter. »Wenn ich Grapefruitsaft getrunken habe, schmeckt die Milch hinterher immer sauer... Wie ist das mit Ihnen, Mr. Lam — wollen Sie auch eine Tasse?«
»Nein, danke«, gab ich zurück. »Aber Sellers könnten Sie nachher eine anbieten; er ist kein Kostverächter.«
»Eigentlich sehe ich nicht ein, weshalb wir die Polizei hier großartig bewirten sollen«, protestierte Olney.
»Das verlangt auch kein Mensch von Ihnen«, stellte ich richtig. »Ich habe nur vorgeschlagen, Sellers eine Tasse Kaffee anzubieten. Kaffee wirkt Wunder bei ihm; manchmal kann er geradezu charmant werden, wenn man ihm welchen vorsetzt. Andererseits, wenn er Kaffee riecht und bekommt keinen, dann wird er grantig.«
»Von mir aus«, brummte Olney. Offenbar um Gesicht zu wahren, fügte er noch hinzu: »Das kann uns doch ganz gleich sein, ob er grantig wird oder nicht!« Aber zugleich warf er Phyllis Crockett einen bedeutsamen Blick zu und meinte etwas milder: »Na ja, schaden kann es auch nicht... Vielleicht sollten Sie doch lieber die große Kaffeemaschine nehmen, Mrs. Crockett.«
Gehorsam holte sie eine größere Kaffeemaschine aus dem Schrank. »Da gehen vier Liter hinein. Wieviel soll ich denn machen, Mr. Lam?«
»Das steht ganz bei Ihnen«, überließ ich ihr die Entscheidung.
»Ach was«, rief Olney, »schütten Sie reichlich Kaffee hinein und machen Sie die Maschine ganz voll — dann reicht es für alle. Ich glaube, Lam hat recht. Wahrscheinlich werden sie wirklich umgänglicher, wenn wir ihnen was anbieten.«
Phyllis Crockett versorgte also die Maschine. Dann entnahm sie dem Kühlschrank eine Dose Orangensaft, verdünnte den Inhalt mit Wasser und sah uns fragend an. Olney nickte; ich schüttelte den Kopf. Sie füllte zwei Gläser, und die beiden tranken.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Inspektor Frank Sellers kam herein. Er hielt sich nicht lange mit Vorreden auf:
»Dann woll’n wir mal, Lam. Jetzt erzählen Sie mir, was los ist.«
»Dies ist Mrs. Crockett«, stellte ich zunächst einmal vor, »die Witwe.«
Ich beobachtete, wie ihre Augen plötzlich groß wurden; offensichtlich hatte sie sich noch nicht an ihren neuen Status gewöhnt. Aber es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann hatte sie sich wieder in der Gewalt.
»Ja, ich weiß«, knurrte Sellers, »ich hab’ ja schon mit ihr gesprochen. Und wer ist der da?«
»Das ist Melvin Otis Olney«, erklärte ich ihm, »Generalmanager, Publicity-Chef und, wenn ich recht informiert bin, die rechte Hand von Mr. Crockett. Und da draußen an der Schreibmaschine — Sie hören ihn ja wohl —, das ist Wilbur Denton, der Sekretär. Er weiß wahrscheinlich noch nicht, daß Crockett ermordet worden ist; er wohnt nicht hier... Ob Olney hier wohnt, weiß ich nicht.«
»Wie ist das?« wandte sich Sellers an Olney.
Aber Phyllis Crockett antwortete an seiner Stelle: »Ganz gewiß nicht.«
»Also gut«, sagte Sellers, »dann packen Sie mal aus, schön der Reihe nach... Ist das Kaffee, was hier so riecht?«
Sie nickte.
»Fein; ich trink’ gern eine Tasse mit, sobald er fertig ist... Fangen wir gleich mit Ihnen an, Mrs. Crockett. Wie lange sind Sie mit Mr. Crockett verheiratet gewesen?«
»Drei Jahre.«
»Vorher schon mal verheiratet gewesen?«
»Ja; einmal.«
»Ist Ihr erster Mann gestorben, oder haben Sie sich scheiden lassen?«
»Wir haben uns scheiden lassen.«
»Hm... Und Ihr zweiter Mann — war der vorher schon öfters verheiratet?«
»Ja; ich war seine dritte Frau.«
»So, aha... Wann haben Sie ihn eigentlich zuletzt gesehen?«
»Das war... warten Sie mal — gestern habe ich ihn überhaupt nicht gesehen. Als ich aufstand, hatte er sich schon in seine Arbeitsräume zurückgezogen, und...«
»Moment mal«, unterbrach Sellers, »das ist
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