Der zweite Buddha
Pinselwaschen.«
»Schön«, fuhr Sellers fort. »Und jetzt wollen wir mal Nägel mit Koppen machen. Waren Sie gestern nachmittag im Atelier?«
»Ja.«
»Wann sind Sie hinuntergegangen?«
»Ich weiß nicht genau, wieviel Uhr es war — warten Sie mal: es muß so um... ich würde sagen, es muß so gegen halb vier gewesen sein.«
»Sie sind allein ins Atelier gegangen?«
»Ja, ich bin allein gewesen, als ich hinunterging. Aber im Atelier war ich nicht allein... das heißt, da hat schon jemand auf mich gewartet.«
Sellers zog die Brauen hoch: »So? Wer denn?«
»Das Mädchen, das mir Modell steht.«
»Was ist das für ein Mädchen?«
»Sie heißt Sylvia Hadley.«
»Und wie ist sie hineingekommen? Das Atelier steht ja wohl nicht offen, oder?«
»Nein, die Tür ist abgeschlossen. Aber Miß Hadley hat einen Schlüssel.«
»Ach, es gibt mehrere Schlüssel zum Atelier?«
»Ja, natürlich. Hin und wieder brauche ich ein Modell, und ich hab’ nicht gern, wenn die Mädchen unten beim Portier warten müssen, falls ich mich mal verspäte. Deshalb gebe ich dem Modell immer einen Atelierschlüssel — natürlich nur für die Zeit, in der es bei mir beschäftigt ist.«
»Diese Sylvia... wie war das... ach ja: Sylvia Hadley... die hatte also einen Schlüssel?«
»Ja. «
»Und sie war bereits im Atelier, als Sie gestern hinunterkamen?«
»Ja, das sagte ich doch gerade.«
»Wissen Sie, wie lange vor Ihnen sie da war?«
»Sie sagte, nur ein paar Minuten.«
»Aber Sie wissen nicht, wie lange — habe ich Sie recht verstanden? Sie wissen nur, was Ihnen die Hadley gesagt hat?«
»So ist es; ich weiß nur, was sie mir sagte.«
»Gut«, sagte Sellers und drehte sich zu mir um. »Jetzt Sie, Lam. Sie waren also gestern nachmittag auch in diesem Atelier?«
»Stimmt.«
»Wann sind Sie dort gewesen?«
»Kurz nach halb fünf— vier Uhr vierzig, schätze ich.«
»Und wie lange haben Sie sich aufgehalten?«
»Ungefähr fünfzehn oder zwanzig Minuten.«
»Würden Sie sagen, daß Sie um vier Uhr fünfundfünfzig wieder gegangen waren... oder meinetwegen auch um fünf Uhr?«
»Sagen wir fünf Uhr fünfzehn — sicherheitshalber. Um die Zeit war ich bestimmt nicht mehr da.«
»Und wann ist Dean Crockett zuletzt lebendig gesehen worden?« Sellers blickte fragend in die Runde.
»Ich weiß, daß er irgendwann zwischen vier und halb sechs noch am Leben war«, antwortete Olney. »Genauer kann ich es leider auch nicht sagen.«
»Und woraus schließen Sie, daß er um diese Zeit noch lebte?«
»Weil ich ihn gesehen habe. Er hat mir doch die Tonbänder gegeben, die Denton abschreiben sollte.«
»Und wo haben Sie ihn gesehen.«
»Hier in diesem Raum.«
»War die Tür zu Crocketts Arbeitsraum offen? Ich meine die erste Tür, die in die kleine Kammer führt.«
»Ja, die stand auf.«
»Und die zweite Tür? Die Tür von der Kammer in den eigentlichen Arbeitsraum?«
Olney kaute nachdenklich an seiner Oberlippe. »Ich weiß nicht recht ...«, begann er, »ich glaube mich zu erinnern, daß... nein, lieber nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich will nichts Falsches sagen.«
»Hm... und wann ist Crockett wieder in seinem Allerheiligsten verschwunden?«
»Daran kann ich mich auch nicht mehr genau erinnern. Kurz bevor ich wegging, muß das gewesen sein.«
Sellers verdrehte gequält die Augen und fragte geduldig weiter: »Und wann sind Sie weggegangen?«
»Warten Sie mal... um 17.45 hatte ich eine Verabredung, und die habe ich eingehalten... Also muß ich um diese Zeit schon weggewesen sein — tut mir leid, aber präziser kann ich’s beim besten Willen nicht sagen.«
»Wo waren Sie dann verabredet?«
»Unten in der Halle.«
»Da hatten Sie’s ja nicht weit... und mit wem?«
»Mit einer jungen Dame.«
»Hm... es gibt ziemlich viele junge Damen... Wie heißt sie denn?«
»Sie ist Reporterin bei einer Zeitung.«
»Wie sie heißt, will ich wissen.«
Olney holte tief Luft. »Ich fürchte, Sie mißverstehen die Situation. Ich war mit ihr verabredet, aber sie ist nicht gekommen. Statt dessen kam ein Kollege von ihr, ein gewisser Jack Spencer. Er gehört zur Redaktion von Sun Telegram und schreibt hauptsächlich Sportberichte.«
»Ach so... Warum haben Sie denn das nicht gleich gesagt?«
»Weil ich... ich wollte alles so genau wie möglich erklären. Sehen Sie, als ich in die Halle kam, hatte ich nicht erwartet, Jack Spencer zu treffen, sondern diese Journalistin.«
»Na schön, und dann? Was haben Sie dann
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