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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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nannte Emmet die Telefonnummer des Royal Livingstone Hotel und seine Zimmerdurchwahl. Mehr nicht. Er war sicher, dass Anthony Nangala seine Stimme erkennen würde.
    Emmet hängte ein, ließ die Jalousien herunter und legte sich ins Bett. Eine Minute später schlief er tief und fest.
    Das Klingeln des Telefons ließ ihn auffahren. Er tastete nach dem Hörer und nahm ab. Es war der Zimmerservice, der Emmet zum Abendessen wecken sollte.
    Durch die Lamellen der Jalousie erkannte er, dass es draußen schon dunkel wurde.
    Erst jetzt kam ihm in den Sinn, dass etwas nicht stimmte. Anthony Nangala wollte seinen Anrufbeantworter stündlich abhören und sich dann unverzüglich bei ihm melden. Inzwischen waren ganze acht Stunden vergangen, ohne dass Nangala angerufen hatte. Das war sonderbar. Mehr noch, es war Besorgnis erregend.
    Emmet Walsh nahm erneut den Hörer ab und wählte. Diesmal brauchte er nicht in seinem Telefonverzeichnis nachzuschauen. Er kannte die Nummer auswendig.
    Am anderen Ende der Leitung meldete sich Donna Greenwood. Emmet schluckte den Kloß im Hals hinunter und berichtete ihr, was er wusste. Dann bat er sie herauszufinden, wo Anthony Nangala steckte. Außerdem erkundigte er sich nach Lara Mosehni.
    »Hat sie sich inzwischen wegen des Treffens bei dir gemeldet?«, wollte er wissen.
    »Nein.«
    »Dann versuch, sie ebenfalls ausfindig zu machen. Wenn Lara und Anthony in Schwierigkeiten stecken, müssen wir ihnen helfen.«
    Als er einhängte, spürte er ein schmerzvolles Ziehen in der Herzgegend.
    Das alte Leiden, dachte er. Du musst dich beruhigen. Tief durchatmen, entspannen.
    Doch heute fiel es ihm schwer.

7.
    F ahler Mondschein fiel durchs Zellenfenster. Die Gitterstäbe warfen ihre Schatten quer über den nächtlichen Boden, als wollten sie die acht Frauen auch in der Nacht daran erinnern, dass sie inhaftiert waren. Dennoch nahm die matte Helligkeit viel von der beklemmenden Atmosphäre des Gefängnisses von Anarak.
    Lara Mosehni lehnte hockend an der Wand. Ihre Leidensgenossinnen hatten es sich so gut wie möglich auf dem Betonboden bequem gemacht und schliefen. Zumindest dachte Lara das, bis die dunkle Gestalt neben ihr flüsterte: »Nimmst du mich mit?«
    Es war das fünfzehnjährige Mädchen, das in der Nacht zuvor misshandelt worden war.
    »Dich mitnehmen? Wohin?«, fragte Lara.
    »Egal. Hauptsache weg von hier. Du willst doch ausbrechen ...?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Man erkennt es an deinen Augen. Sie sind noch nicht stumpf wie die der anderen. Deine Augen leuchten. Man sieht den Hass darin.«
    »Es ist kein Hass. Es ist Überlebenswille.« Obwohl sie zugeben musste, dass ein klein wenig Hass doch dabei war.
    »Wenn du gehst, musst du mich mitnehmen«, flüsterte das Mädchen. »Ich kann nicht hier bleiben. Sie haben gestern gesagt, dass sie mich von jetzt an jede Nacht zu sich holen ... siesind gemein, sie tun mir weh, sie ...« Das Mädchen begann leise zu schluchzen. »Versprich mir, dass du mich nicht hier zurücklässt.«
    »Ich verspreche es. Versuch jetzt zu schlafen.«
    Nach Laras Empfinden mochten zwei oder drei Stunden vergangen sein, als sie draußen auf dem Gang gedämpfte Schritte hörte. Kurz darauf wurde von außen ein Schlüssel ins Schloss gesteckt und ein Eisenriegel beiseite geschoben.
    Das Mädchen neben Lara zuckte zusammen. »Sie holen mich«, raunte sie. Ihre Stimme klang rau und ängstlich.
    »Darauf würde ich nicht wetten«, flüsterte Lara. Mithilfe der Büroklammer hatte sie längst ihre Handschellen geöffnet.
    Die massive Tür schwang mit schrillem Quietschen auf, und helles Licht fiel vom Gang ins Innere der Zelle. Im Türrahmen erschienen zwei Wärter. Einer von ihnen blieb draußen stehen, der andere kam in die Zelle und beugte sich zu dem Mädchen herunter, um es auf die Beine zu zerren.
    In diesem Moment sprang Lara auf und rammte dem Wärter ihr Knie in den Unterleib. Augenblicklich sank er mit einem gequälten Röcheln zusammen.
    Lara achtete nicht weiter auf ihn, sondern rannte auf den zweiten Wärter zu, der erstaunlich schnell auf ihren Angriff reagierte und seine Pistole aus dem Halfter riss. Lara sah, wie er die Mündung auf sie richtete, aber schon war sie bei ihm. Ein einziger Schlag gegen die Schläfe genügte, um ihn außer Gefecht zu setzen. Er kippte um wie ein gefällter Baum. Das Ganze hatte keine fünf Sekunden gedauert.
    Die anderen Frauen in der Zelle starrten Lara ungläubig an. Doch auf das Gesicht des jungen Mädchens legte sich ein

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