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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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Verletzten?«, fragte Lara.
    »Bloß ein Streifschuss«, sagte Tanaka. »Dennoch sollte die Wunde behandelt werden. Eine Infektion könnte schlimme Folgen haben.«
    Lara seufzte. Sie wusste, dass Tanaka Recht hatte. Sie mussten die Sudanesen so schnell wie möglich in ein Krankenhaus bringen. Nicht nur den Angeschossenen, sondern auch die anderen. Sie befanden sich allesamt in schlechter körperlicher Verfassung.
    »Lassen Sie uns aufbrechen«, sagte Lara. »Es hat keinen Sinn, hier noch länger zu warten.«
    Sie löschten das Feuer in der Höhle und marschierten zurück zum Lkw. Dort angekommen, traute Lara ihren Augen kaum: Im Stauraum lag Emmet. Er war mit Beulen und Schrammen übersät und konnte den linken Arm kaum bewegen. Aber er lebte.

56.
    Zwei Wochen später
Moskau
    D oktor Amadeus Goldmann musste sich eingestehen, dass er nervös war.
    Sergej Ljuschkin hatte es tatsächlich geschafft, in Windeseile ein Labor herzurichten und das zweite Frequenzheilgerät in Betrieb zu nehmen. Vor einer Woche hatten er, Scheich Assad, Briggs und Goldmann sich der elektromagnetischen Bestrahlung ausgesetzt. Es hatte keinerlei Schwierigkeiten gegeben.
    Dennoch fühlte Goldmann sich nicht wohl.
    Heute Morgen hatte er sich selbst und den anderen Blutproben entnommen. Jetzt war er dabei, sie gemeinsam mit einem Stab russischer Laboranten zu untersuchen. Erst wenn die Tests negativ ausfielen, konnte er aufatmen. Dann war das Epstein-Barr-Virus abgetötet und der Krebs, der sich sieben Tage lang in seinem Körper ausgebreitet hatte, besiegt.
    Eine Stunde später lagen sämtliche Ergebnisse vor. Ein Doktorand namens Borsow reichte ihm einen Computerausdruck.
    »Ich kann kein Kyrillisch«, sagte Goldmann und gab dem Russen das Papier zurück. »Lesen Sie vor. Oder sagen Sie mir einfach, ob alles in Ordnung ist.«
    »In keiner der Blutproben konnte Epstein-Barr in irgendeiner Form nachgewiesen werden«, sagte Borsow in flüssigem Englisch.
    »Wie lautet die Krebsdiagnose?«
    »Kein Krebs. Weder bei Ihnen noch bei den anderen.«
    Vor Erleichterung fiel Goldmann ein Stein vom Herzen. Natürlich hatte er fest mit diesem Befund gerechnet. Dennoch, eine gewisse Restunsicherheit war geblieben. Ein Selbstversuch war etwas ganz anderes als die vielen medizinischen Experimente, die er an Versuchspersonen vorgenommen hatte.
    »Danke, Borsow«, sagte Goldmann. »Sind Ljuschkin, Assad und Briggs in meinem Büro?«
    »Ja.«
    »Dann werde ich ihnen die gute Nachricht überbringen.«
    Borsow räusperte sich. »Da ist noch eine Sache ...«
    Goldmann spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Die Miene des Russen verhieß nichts Gutes. Andererseits – was konnte jetzt noch kommen?
    »Ich höre«, sagte Goldmann.
    »Es gibt einen übereinstimmenden Befund bei allen Blutproben.«
    Das hörte sich ernst an. »Welchen? Nun sagen Sie schon! Um welchen Befund handelt es sich?«
    »HIV positiv«, sagte Borsow mit belegter Stimme. »Sie sind alle vier an Aids erkrankt. Tut mir Leid.«
    Mit zitternden Knien setzte Goldmann sich auf einen Stuhl. Aids. Es gab nur eine Erklärung dafür: Reyhan Abdallah hatte die Epstein-Barr-Präparate mit ihrem eigenen Blut infiziert.
    Er spürte, wie er zu zittern begann.

57.
    Layoq, Provence
    D er Friedhof neben der kleinen gotischen Kapelle machte einen unscheinbaren, geradezu verwahrlosten Eindruck. Dürre Gräser sprossen aus der trockenen Erde, und am Mauerwerk hatten Wind und Wetter über Jahrhunderte hinweg ihre Spuren hinterlassen. Eine sanfte Brise strich durch die Zweige der Bäume, und feiner Sandstaub huschte über den Boden. Begleitet vom Chor unzähliger Grillen tauchte die warme Abendsonne das Land in prachtvolle Farbtöne. Überall war Leben. Auf gewisse Weise schien an diesem Ort die Zeit stillzustehen.
    Die meisten Grabsteine waren alt und verwittert, doch es gab auch einen neuen Stein, auf dem nur ein einziges Wort stand: Anthony. Etliche Grabsteine auf dem Friedhof trugen lediglich den Vornamen der Toten.
    »Wie viele von uns sind hier beigesetzt?«, wollte Lara wissen.
    »Achtundzwanzig«, sagte Emmet. »Die anderen haben woanders ihre letzte Ruhe gefunden. Ich hielt es für eine gute Idee, Anthony hier zu begraben.« Sein Blick schweifte hinüber zu einer mächtigen Zypresse, in deren Schatten sich das älteste Grab des Friedhofs befand, auf dem Robert stand. »Dort liegt der Begründer unseres Ordens«, sagte Emmet. »Robert von Montferrat, der diese Kapelle errichten ließ. Mit ihm nahm

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