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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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Fischerdorf Murlaggan auf. Am gegenüberliegenden Ufer des Loch Arkaig erspähte Emmet Walsh jetzt die Mauern von Leighley Castle.
    Unwillkürlich wurde ihm warm ums Herz. Endlich wieder zu Hause, dachte er erleichtert.

10.
    Einen Tag später
Samstagmorgen, Schottische Highlands
    T om Tanaka lehnte mit dem Rücken an seinem Wagen und spähte durch ein Fernglas. Er stand am Ufer des Loch Arkaig und hatte das Gefühl, bereits festgefroren zu sein. Die kargen Berge schienen ihm die Kälte der Nacht entgegenzuhauchen. Eine dünne Nebelschicht schwebte über dem stahlgrauen Wasser und kroch ihm geradewegs unter die Haut. Tanaka schlug den Mantelkragen hoch, fror aber dennoch. Nach seinem Aufenthalt im heißen Iran kam ihm die schottische Bergwelt doppelt ungemütlich vor. Mit klammen Fingern steckte er sich eine Zigarette an.
    Wieder hob er das Fernglas vor die Augen. Sein Blick schweifte über den kleinen Ort am Ende der Uferstraße. Ein Fischerdorf namens Murlaggan, das aus höchstens dreißig oder vierzig Häusern bestand. Erstaunlich, dass es in der Straßenkarte, die auf dem Beifahrersitz des Wagens lag, überhaupt eingezeichnet war.
    Da fast jedes Haus in einer anderen Farbe gestrichen war, wirkte das Dorf trotz der düsteren Umgebung einladend, geradezu idyllisch. Dennoch wollte Tanaka hier nicht mal begraben liegen. Nichts als Abgeschiedenheit und Langeweile. Was, um alles in der Welt, zog Lara Mosehni hierher? Er konnte es sich beim besten Willen nicht erklären.
    Es grenzte an ein Wunder, dass er die Spur der Frau nicht verloren hatte, denn er war ihr weit gefolgt. Teheran, Istanbul, Paris, London, Edinburgh, Inverness.
    Bis gestern hätte er Inverness ebenso wenig auf der Karte gefunden wie Murlaggan. Heute wusste er, dass es mit über 40.000 Einwohnern die Hauptstadt von Highland war, dem größten Verwaltungsgebiet Schottlands.
    Glücklicherweise hatte Lara Mosehni von Freitag auf Samstag in Inverness übernachtet, was Tom Tanaka Zeit verschafft hatte, sich einen Wagen zu besorgen. Heute Morgen war sie dann aufgebrochen und die 80 Kilometer bis hierher gefahren, mitten hinein ins schottische Niemandsland.
    Tanaka ließ seinen Gedanken fallen, als er durchs Fernglas zwei Gestalten erkannte, die aus einem der Häuser traten: ein Mann in Ölzeug, offenbar ein Fischer, und eine Frau – Lara Mosehni.
    Da sein Wagen hinter Riedgras und Ufergestrüpp versteckt war, sorgte Tanaka sich nicht, gesehen zu werden. Seine Sicht hingegen war sehr gut.
    Die beiden Gestalten gingen vom Haus über die Straße bis zum Steg. Dort stiegen sie in eines der kleinen Fischerboote. Das Knattern des Motors drang bis zu Tom Tanaka.
    Das Boot legte ab und fuhr in einer schnurgeraden Linie über den See. Die Kielwelle durchschnitt die bis dahin spiegelglatte Oberfläche und brachte Bewegung ins Wasser. Das konnte Tanaka sogar durch den lichten Nebel hindurch erkennen.
    Wohin wollen die beiden?, fragte er sich.
    Er beantwortete sich die Frage gleich selbst, denn auf der gegenüberliegenden Uferseite gab es nur ein Ziel: ein kleines Schloss, eher eine Trutzburg. Sie lag am Ende einer in den See ragenden Landzunge, ein Bollwerk, errichtet aus dem graubraunen Granit des schottischen Hochlands. Die Steinmauern wirkten kalt und verwittert, und bei einem der vier Ecktürme fehlten ein paar Zinnen. Davon abgesehen aber schien die Anlage gut in Schuss zu sein. Es war keine Ruine, sondern eine offenbar bewohnte Burg.
    Dennoch blieb die Frage offen, was Lara Mosehni dort zu suchen hatte. Traf sie sich mit den anderen Mitgliedern der Rosenschwert-Bande? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
    Tom Tanaka wartete, bis das Fischerboot über den See getuckert war. Dann stieg er in seinen Wagen und fuhr nach Murlaggan. Unterwegs überlegte er, wie er am geschicktesten vorgehen solle, denn in einem Kaff wie diesem fiel ein allzu neugieriger Fremder gewiss auf. Er beschloss, sich als Tourist auszugeben, das war am einfachsten.
    Er passierte die Ortseinfahrt und parkte seinen Wagen hinter der einzigen Kneipe der Stadt, sodass er von der Burg aus nicht gesehen werden konnte. Sein Ausrüstungskoffer lag auf dem Rücksitz. Tanaka kramte einen Fotoapparat hervor und hängte ihn sich um den Hals. Dann griff er nach der Straßenkarte auf dem Beifahrersitz. Als Tarnung musste das genügen.
    Er umrundete das Gebäude und trat ein. Drinnen roch es widerlich nach kaltem Rauch und Fisch. Dennoch beschloss der Japaner zu bleiben. Er wählte einen Fenstersitz. Von

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