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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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er. »Dann gebe ich dir Rückendeckung, und du sicherst den Salon. Wenn die Luft dort rein ist, schicke ich die anderen hinterher.« Emmet blickte Reyhan an. »Können Sie Ihren Sohn noch tragen?«
    »Es geht schon.«
    »Sagen Sie ihm, dass er in ein paar Minuten alles überstanden hat.«
    Die Frau raunte ihm etwas auf Arabisch zu. Der Junge nickte tapfer.
    Emmet ging in die Hocke und schlich nach oben. Vier Söldner stürmten über den Flur, achteten aber nicht auf Emmet. Wachsam blickte er den Männern hinterher. Sie verschwanden in einem Quergang des Nordflügels. Jetzt war die Luft rein, zumindest in dieser Richtung. Rasch warf Emmet auch noch einen Blick in die andere Richtung. In der Eingangshalle ging es immer noch hoch her, doch die Aufmerksamkeit der Palastwache konzentrierte sich auf den vermeintlichen Angriff von außen. Emmet nutzte die Gelegenheit und warf seine Granaten in den Gang, eine nach links, die andere nach rechts. Sie zündeten beinahe gleichzeitig und bildeten binnen weniger Sekunden einen undurchsichtigen Vorhang aus Qualm. Die perfekte Sichtschneise.
    Emmet richtete seine Waffe abwechselnd auf beide Rauchwolken aus und gab Nangala, der hinter ihm stand, ein Zeichen. Daraufhin stürzte der große Schwarze über den Flur in den gegenüberliegenden Salon und verschwand im Dunkel des Zimmers. Gleich darauf kam er zur Tür zurück und bedeutete mit erhobenen Daumen, dass alles in Ordnung sei.
    »Reyhan – jetzt Sie!«, zischte Emmet.
    Den Jungen auf dem Arm, huschte sie über den Flur. Die Sudanesen eilten ihr hinterher. Endlich hatte auch der Letzte von ihnen den Salon erreicht.
    Emmet atmete auf und wollte gerade folgen, als er im Keller Schreie hörte. Im selben Augenblick schlug eine Salve ohrenbetäubender Schüsse um ihn herum ein. Er presste sich flach auf den Boden. Am unteren Treppenrand erkannte er einen Söldnertrupp – Verfolger aus dem Labor. Wenn Emmet jetzt in den Salon rannte, würde er die Männer geradewegs zu den Flüchtlingen führen und die ganze Befreiungsaktion gefährden.
    Er traf eine Entscheidung und machte Nangala mit einer knappen Kopfbewegung klar:  Verschwindet von hier – ohne mich. Nangala nickte und schloss die Salontür. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck des Bedauerns.
    Emmet feuerte in rascher Folge ein paar Kugeln in den Keller, um sich Vorsprung zu verschaffen. Dann rannte er so schnell er konnte die Treppen hinauf in den ersten Stock.
    »Hast du noch was in petto?«, rief er ins Mikro.
    »Klar«, hörte er Lara am anderen Ende der Leitung.
    »Dann los! Die anderen sind unterwegs in den Garten.«
    »Was ist mit dir?«
    »Ich komme nach, sobald ich kann.«
    Weitere Explosionen ließen die Palastfassade erbeben. Der Boden unter Emmets Füßen zitterte, Fenster zersprangen. Unmittelbar vor ihm fiel ein Kronleuchter von der Decke.
    Hinter sich hörte Emmet erneut Schüsse. Sehr gut, dachte er, sie verfolgen mich und nicht die anderen. Zugleich wusste er, dass seine eigenen Fluchtchancen schwanden, je länger er in diesem Gebäude blieb.
    Mats Leclerc brüllte Befehle, um des Chaos Herr zu werden, doch es war vergeblich. Über sein Walkie-Talkie gingen ständig neue Schreckensmeldungen ein. Explosionen, brennende Gebäudeteile, Stromausfall, verletzte Männer. Angesichts der Lage grenzte es an ein Wunder, dass es bislang nur drei Tote gegeben hatte.
    Um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, eilte er über die Wendeltreppe in den Nordturm. Auf der Aussichtsplattform entdeckte er zwei Wachposten – der eine bewusstlos, der andere mit blutendem Bein. Daneben lagen Schutt und Trümmer, die aus dem Zwiebeldach heruntergestürzt waren. Leclerc riss dem Bewusstlosen ein Nachtsicht-Fernglas aus der Hand und suchte damit die Gegend ab.
    Seine Männer hatten sich hinter Baumstämmen und parkenden Autos verschanzt und sicherten den Platz vor dem Palast. Niemand wagte sich aus den umliegenden Häusern. Auch an den Fenstern war niemand zu sehen. Dennoch mussten die Angreifer irgendwo sein.
    Plötzlich kam Leclerc eine Idee. Sämtliche Explosionen konzentrierten sich auf die Palastfassade. Wollte der Angreifer die Aufmerksamkeit der Wachen bewusst nach vorn lenken, weil er selbst sich im Hintergrund aufhielt ... ?
    Mit dem Nachtsicht-Fernglas vor Augen suchte Leclerc jetzt den Wohnblock an der Nordflanke des Palastgeländes ab. Sein Blick streifte über Hauseingänge, Fenster und schließlich über die Dächer. Hinter einem Schornstein erkannte er eine liegende

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