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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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austrat, entfernte Doktor Goldmann mit einem sterilen Tupfer.
    Nach einer Minute fuhr der Bohrer automatisch in die Ausgangsposition zurück. In der Schädeldecke hinterließ er dabei ein kleines, kreisrundes Loch.
    »Nun folgt der eigentliche Eingriff«, dozierte Doktor Goldmann, während er ein dünnes Metallröhrchen in die Führungsöse einspannte. »Durch diese Röhre werde ich eine Kanüle ins Gehirn unseres Patienten einführen, um eine Manipulation des Hypothalamus vorzunehmen. Dieser befindet sich unterhalb des Großhirns – im Zwischenhirn, etwa in Nasenhöhe – und ist für eine ganze Reihe von Körperfunktionen verantwortlich. Für den Wach- und Schlafrhythmus beispielsweise, für den Blutdruck, den Fett- und Wasserstoffwechsel und einiges mehr. Auch für den Wärmehaushalt. Der Hypothalamus sorgt dafür, dass unsere Körpertemperatur konstant 37 Grad Celsius beträgt. Genau deshalb ist er für unsere Forschungen so überaus interessant.«
    Er schob eine etwa dreißig Zentimeter lange, hauchdünne Hohlnadel durch die Röhre, geradewegs in das zuvor gebohrte Loch in Anthony Nangalas Schädeldecke.
    »Der Computertomograph hat den Weg der Kanüle so berechnet, dass durch den Eingriff keine überlebenswichtigen Gehirnpartien geschädigt werden«, erklärte Goldmann. Zu Anthony Nangala sagte er: »Ich verspreche Ihnen, dass die Operation für Sie ab sofort angenehmer verlaufen wird. Das menschliche Gehirn ist nämlich vollkommen schmerzunempfindlich. Allerdings könnte die Kanüle Nerven beschädigen. Deshalb werde ich sie so langsam wie möglich in Ihr Hirn einführen. Bitte sagen Sie mir sofort, falls sich irgendwo in Ihrem Körper ein Taubheitsgefühl einstellt oder falls Ihr Blickfeld beeinträchtigt wird.«
    Er schaltete einen Computer ein. Auf einem Bildschirm erschien eine Seitenansicht von Anthony Nangalas Gehirn. Links oben, knapp über der harten Gehirnhaut, blinkte ein roter Punkt. »Das ist die Kanülenspitze«, erläuterte Doktor Goldmann. »Ein Minisender schickt einen Impuls aus, der vom Kronenring empfangen und an den PC weitergeleitet wird. Auf diese Weise können wir den Weg der Nadel exakt verfolgen. Ich durchstoße jetzt die harte Hirnhaut und dringe ins Großhirn vor.«
    Er drehte das obere Ende der Kanüle vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger, während er gleichzeitig mehr Druck auf die Nadel ausübte. Auf dem Monitor beobachtete Donna, wie der Blinkpunkt einer gestrichelten Linie folgte – der vorausberechneten Bahn. Immer weiter stieß die Nadelspitze in die Region hinter den Augen vor. Dort lag der mit der Hypophyse verbundene, gelb eingefärbte Hypothalamus, angeschmiegt an die Hirnunterseite.
    Ihr Blick fiel auf Anthony Nangala, der unablässig die Finger bewegte. Aus seinen Augenwinkeln liefen Tränen, aber noch immer kam kein Laut über seine Lippen.
    Die Kanüle erreichte ohne Komplikationen ihr Ziel. Als der rote Blinkpunkt auf dem Monitor exakt auf dem Hypothalamus lag, drehte Doktor Goldmann eine Spannschraube fest und fixierte damit die Nadel. Anschließend verband er ihr oberes Ende mit einem durchsichtigen, dünnen Plastikschlauch, der in eine Rollkonsole führte, die an der Wand stand.
    »Was wir jetzt erleben werden, habe ich bislang nur an Affen durchgeführt«, sagte Doktor Goldmann. »Die dauerhafte Senkung der Körpertemperatur um circa drei Grad Celsius. Bei den Affen bewirkte dies eine Verlangsamung sämtlicher biologischer Abläufe im Körper – auch des Alterungsprozesses. Bisjetzt sind mir keine negativen Nebenwirkungen bekannt, aber noch fehlt es uns an Erfahrungswerten.«
    »Und es gibt keine andere Möglichkeit, die Körpertemperatur eines Menschen zu senken?«, fragte Donna.
    »Leider nicht«, antwortete Goldmann. Er tippte auf der Computertastatur, worauf sich eine helle Flüssigkeit ihren Weg durch den Plastikschlauch bahnte. »Um den Alterungsprozess zu verlangsamen, muss der Hypothalamus von Grund auf neu justiert werden. Dies geschieht durch Erhöhung der Calcium-Ionen-Konzentration. Genau das tue ich gerade.«
    Thomas Briggs, der neben Donna stand, wirkte ein wenig enttäuscht. »Ich glaube kaum, dass Senator Bloomfield sich freiwillig einer solchen Operation unterziehen wird«, sagte er seufzend.
    »Das muss er nicht«, antwortete Goldmann. »Mit dem Hypothalamus-Experiment verhält es sich ähnlich wie mit der Suche nach den menschlichen Sterbegenen: Wir forschen, sind aber noch ganz am Anfang. Die versprochene Lebenserwartung von

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