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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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die anderen so lange nach ihm suchen, bis sie wussten, was mit ihm geschehen war. Mit anderen Worten: Früher oder später würde der Orden auf das Goldmann-Projekt stoßen.
    Es gab nur eine Lösung, um dieses Problem aus der Welt zu schaffen: Der Orden musste vernichtet werden. Also hatte Donna Assad gebeten, einen Hubschraubertrupp nach Schottland zu schicken, um Leighley Castle während des Halbjahrestreffens einzuäschern. Im Gegenzug hatte sie sich bereit erklärt, einen beträchtlichen Teil des Ordensvermögens in das Projekt zu investieren, weil Assads finanzielle Situation entgegen offiziellen Presseberichten nicht gerade die beste war. Die schwierige weltwirtschaftliche Konjunkturlage machte auch ihm seit Jahren zu schaffen. Deshalb hatte er nach weiteren Investoren gesucht.
    Der Gedanke an ihre toten Brüder und Schwestern machte Donna das Herz schwer. Zugleich aber wusste sie, dass ihr keine andere Wahl geblieben war. Der Orden hätte niemals das Vorgehen des Goldmann-Projekts gebilligt. Viel zu viele Unschuldige hatten im Namen der Wissenschaft dafür leiden und sterben müssen. Aber das Leiden und Sterben anderer war für Donna die einzige Chance auf Leben. Denn obwohl sie erst einundfünfzig Jahre alt war, spürte sie das nahende Ende. Ihre Eltern waren beide mit vierundfünfzig an Herzversagen gestorben. Kurzlebigkeit lag seit Generationen in ihrer Familie. Es lag in ihren Genen. Donna näherte sich mit großen Schritten dem Tod. Aber sie fühlte sich noch viel zu jung fürs Sterben.
    Als sie in ihr Zimmer ging und ins Bett kroch, sagte sie sich immer wieder, dass wissenschaftlicher Erfolg stets eine gewisse Rücksichtslosigkeit voraussetzte. Dass nicht nur sie, sondern viele Menschen von dem Projekt profitieren würden.
    Dennoch wurde sie die ganze Nacht von Skrupeln geplagt.
    Als sie am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie sich wie gerädert. Die Bilder von Nangalas Schädeloperation tanzten noch immer in unverminderter Deutlichkeit vor ihrem geistigen Auge. Sie hätte etwas darum gegeben, diese Erinnerung auslöschen zu können.
    Bei einem heißen Bad gelang es ihr, sich ein wenig zu entspannen. Beim Frühstück im Speisesaal gesellte sich ihr alter Freund Thomas Briggs zu ihr.
    »Du siehst nachdenklich aus«, sagte er.
    »Ich bin nur müde.«
    »Schlecht geschlafen?«
    »Ja. Ich musste ständig an gestern denken.«
    »Bereust du, dass ich dich in dieses Projekt geholt habe?«
    Sie sah Briggs an und seufzte. Im Lauf von mehr als zwanzig Jahren hatte sich ein enges Vertrauensverhältnis zwischenihnen entwickelt. Donna wusste so gut wie alles über Briggs, und umgekehrt war es genauso. Wenn sie sich trafen, sprachen sie oft über das Altern und den Tod, allein schon, weil Briggs beruflich damit zu tun hatte. Bei einem dieser Gespräche vor etwa drei Jahren hatte er sie gefragt, ob sie bereit wäre, ihre Seele zu verkaufen, um ihr Leben zu verlängern. Zunächst hatte sie angenommen, seine Ernsthaftigkeit sei nur gespielt. Doch als er andeutete, an einem geheimen Forschungsprojekt mitzuarbeiten, hatte sie begriffen, dass er sie tatsächlich vor die wohl schwierigste Wahl ihres Lebens stellte. Einen ganzen Monat lang hatte sie ihr Gewissen geprüft – und dann zugesagt. Kurz darauf war sie ins Projekt aufgenommen worden.
    »Ich bereue nichts«, sagte Donna. »Ich musste mich entscheiden, und das habe ich getan. Es ist nur – im Gegensatz zu Doktor Goldmann und dir habe ich nicht ständig mit Operationen zu tun. So etwas schlägt mir aufs Gemüt.«
    »Verständlich. Aber glaub mir, in zweihundert Jahren hast du das vergessen.«
    Um zehn Uhr trafen sich alle im angenehm kühlen Konferenzraum. Von irgendwoher war das Surren der Klimaanlage zu hören.
    Donna saß neben Thomas Briggs auf der einen Seite des Besprechungstisches, Scheich Assad, Sergej Ljuschkin und Senator Bloomfield auf der anderen. Doktor Goldmann hatte am Kopfende des Tisches Platz genommen.
    »Heute Morgen möchte ich mit Ihnen gern den Ablauf der nächsten Tage besprechen«, begann er. »Unsere gestrige Besichtigungsrunde hat damit nichts zu tun. Ich erwähnte es ja bereits: Was Sie gestern gesehen haben, könnte die Zukunft unseres Projekts sein und uns im besten Fall das ewige Leben bescheren. Nach dem derzeitigen Wissensstand sind allerdings nur achthundert Jahre reell.«
    »Das reicht mir – jedenfalls fürs Erste«, krächzte Senator Bloomfield ungeduldig. »Nun erzählen Sie schon. Wie wollen Sie meine alten Knochen wieder in

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