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Der zweite Kuss des Judas.

Der zweite Kuss des Judas.

Titel: Der zweite Kuss des Judas. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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verschwunden ist.

      Zur Untermauerung seiner Vermutung führt er an, dass Pirrello ihm die vorläufige Empfangsbestätigung mit Patòs Unterschrift nicht habe vorlegen wollen: Er nimmt daher an, dass eine solche gar nicht existiert. Doch möglicherweise wollte Pirrello sie ihm aus oben genanntem Grund nicht vorlegen.
    Der Polizeikommissar Der Maresciallo der Kgl. Carabinieri (Ernesto Bellavia) (Paolo Giummàro)

    KÖNIGLICHES POLIZEIPRÄSIDIUM MONTELUSA
    DER POLIZEIPRÄSIDENT
    An den
Commissario Vigàta
und z.Kts.
An den
    Maresciallo der Kgl. Carabinieri Vigàta Montelusa, den 11. April 1890

      Zu Ihrer gefälligen Kenntnisnahme lege ich die Abschrift eines Briefes bei, den Hauptmann Arnoldo Mangiafico, der Schwager von Antonio Patò, uns zugesandt hat. Demzufolge genügt es Ihnen wohl nicht, sich in lexikalische Studien zu vertiefen, nein, jetzt widmen Sie sich auch noch der Literatur und dem Theater. Wann folgt die brillante Promotion?
    Der Polizeipräsident von Montelusa (Liborio Bonafede)

    BRIEF IN ABSCHRIFT
    An den
    Kommandanten der Königlichen Carabinieri
Capitano Carlo Arturo Bosisio Montelusa
An den
Signor Questore
    Commendatore Liborio Bonafede Montelusa Caltanissetta, den 11. April 1890

    Signori!
      Kein Tag vergeht, ohne dass der Commissario von Vigàta und der Maresciallo der Königlichen Carabinieri erst wie Schmeißfliegen lange um das Haus meiner Schwester, Elisabetta Mangiafico verheiratete Patò, herumschwirren und dann eindringen und in der Wohnung ihr Lager aufschlagen.
      Ohne jedes Gefühl für den Zustand von Angst und Pein, in dem sich die Ärmste befindet, rauben sie ihr mit ihren Fragen die letzte Kraft, wobei sie sich mehr bei überflüssigen Bagatellen aufhalten und sich mit anderen, vielleicht eher angebrachten Fragen zurückhalten. Und das ist der Beweis dafür:

      Erst unlängst haben sie die Leidende gefragt, ob sich ihr Gemahl mit dem Lesen von Romanen vergnüge und welche Romane dies seien. Nachdem sie eine ungehaltene abschlägige Antwort erhalten haben (ich kann selbst bezeugen, dass mein Schwager, ein anständiger Mann von hohen moralischen Werten, solch unziemliche Lektüre verabscheut), insistierten die beiden weiter, ob er in den Weihnachtstagen der Aufführung des als »Hirtenspiel« bekannten populären Theaters beizuwohnen pflege.
    Als sie diesmal eine bejahende Antwort erhielten, tauschten die beiden einen Blick der Verständigung, als ob es ein schweres Vergehen wäre, dieser Aufführung beizuwohnen!
      Ich werde dieses Benehmen an die zuständige Stelle in Rom melden. Gruß.
    Hauptmann Arnoldo Mangiqfico

    An den
    Signor Maresciallo der Königlichen Carabinieri
Paolo Giummàro
Station der Kgl. Carabinieri Vigàta
Montelusa, den 12. April 1890

      Sehr verehrter Maresciallo, wenn ich den Sinn Ihres freundlichen Briefes recht verstanden habe, stellen Sie mir drei unterschiedliche Fragen, die zu beantworten ich die Ehre habe.

      Ja, ich habe der letzten Aufführung des Hirtenspiels in Vigàta beigewohnt und bin bereit, darüber zu sprechen. Und nicht nur über diese, sondern auch über die früheren Aufführungen.
      Ja, ich kann Ihnen einige der ungezählten Varianten des Textes erläutern, die der Fantasie des Volkes entsprungen sind.

      Natürlich können Sie, wie Sie mich gebeten haben, morgen Früh mit dem Commissario zu mir kommen. Verzeihen Sie die Frage: Wenn Sie im Fall des vermissten Filialdirektors Patò ermitteln, warum interessieren Sie sich dann so für das Hirtenspiel, das mit dem Passionsspiel rein gar nichts zu tun hat?
    Seien Sie ebenfalls freundlich gegrüßt.
    Prof. Consolato Federigo

    PROF. DOTT. CAV. EMERICO NOTARBARTOLO
       Spezialist für afrikanische Krankheiten Primarius des San Giuseppe-Krankenhauses
       An
    Signor Ernesto Bellavia
Commissario Vigàta
Montelusa, den 12. April 1890

      Signore, hiermit beantworte ich Ihr Schreiben. Ja, den Vortrag mit dem Titel »Unerklärliche Genesung von Trypanosomiasis gambiensis« bei der »Konferenz über afrikanische Krankheiten« habe ich verfasst. Dieser Vortrag wurde in etlichen Zeitungen erwähnt, unter anderem hat auch die »Gazzetta dell'Isola« in einem bedauerlicherweise nicht fehlerfreien kurzen Artikel darüber berichtet, und auf diesen beziehen Sie sich. Im Fall meines Patienten aus Montelusa, von dem in dem Vortrag die Rede ist, lag eine einzigartige Anomalie im Krankheitsverlauf vor: Hier waren in der Tat nicht die charakteristischen Merkmale wie eine

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