Der zweite Mord
Mörder sie nicht finden wird. Aber nun fiel sein Blick stattdessen auf Sie. Warum?«
Obwohl sie sich mehrmals räusperte, gelang es Anna-Karin nicht, ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen.
»Das … weiß ich nicht.«
»Doch. Das wissen Sie. Oder Sie ahnen es. Aber ihre Solidarität mit Linda ist verfehlt. Sie ist bereits tot. Und Sie sind als Nächste an der Reihe.«
Anna-Karin begann am ganzen Körper zu zittern und zu schluchzen.
»Das ist unmöglich … da besteht kein Zusammenhang.«
Vorsichtig mischte sich Tommy in die Unterhaltung ein und sagte leise:
»Das zu beurteilen, müssen Sie schon uns überlassen. Vielleicht handelt es sich nur um das winzige Teil eines Puzzles, aber es kann ungeheuer wichtig sein. So wichtig, dass der Mörder dafür ein weiteres Mal töten würde.«
Er verstummte und legte vorsichtig seine Hand auf die ihre.
»Sie schützen jemanden, und zwar nicht Linda. Jemanden, der noch am Leben ist. Nicht wahr? Ich ahne, wer es ist, will aber, dass sie mir den Namen sagen. Seinen Namen.«
Anna-Karin zog hastig ihre Hand an sich und starrte Tommy mit weit aufgerissenen Augen an. Er schaute sie ruhig und voller Mitgefühl an.
Um die Nase herum wurde sie bleich. Mehrmals öffnete sie den Mund, als müsse sie nach Luft schnappen. Irene fürchtete schon, sie würde ohnmächtig werden, aber das wurde sie nicht. Stattdessen schien sie vollkommen entkräftet. Tränen liefen ihr die Wangen hinunter, mit halb erstickter Stimme schluchzte sie:
»Sverker … Sverker Löwander.«
Sie bekam ein neues Taschentuch und putzte sich ein weiteres Mal die Nase. Es war, als hätte sie die Nennung des Namens ruhiger gemacht.
»Sverker und Linda … waren zusammen. Sie waren so verliebt. Linda sagte, dass sie heiraten wollten, sobald er sich von Carina hätte scheiden lassen.«
Irene hatte ihre Ahnungen gehabt, war jedoch trotzdem vollkommen fassungslos, als sie diese bestätigt sah. Sverker und Linda! Er war doch doppelt so alt wie sie! Aber dann ermahnte sie sich und dachte daran, welche Wirkung dieser Mann auf sie gehabt hatte. Er hatte das gewisse Etwas, wie man früher zu sagen pflegte. Die Zwillinge würden sicher sagen, er sei ein Supertyp. Einige hatten es, andere nicht. Und einige sind monogam, andere nicht. Sverker Löwander hatte schon früher unter Beweis gestellt, dass er es nicht war. Damals war es das Verhältnis mit Carina gewesen. Dieses Mal handelte es sich um eine Affäre mit einer noch jüngeren Frau. Warum hatte er nichts gesagt?
»Wissen Sie, seit wann Linda und Sverker Löwander ein Verhältnis miteinander hatten?«
Anna-Karin nickte und schluckte.
»Seit der Weihnachtsfeier. Seitdem waren sie zusammen.«
»Das wissen Sie sicher?«
»Ja. Linda hat mir selber erzählt, wie es dazu kam. Ich habe ihr versprochen, es niemandem zu erzählen … aber … ich weiß nicht … Wahrscheinlich ist es so, wie Sie sagen. Es muss sich um dieses Geheimnis handeln. Obwohl ich nicht verstehe, warum. Sverker liebte Linda. Er hätte nie jemandem wehgetan. Er ist so lieb.«
Sie verstummte, suchte nach einer trockenen Ecke ihres Taschentuchs und putzte sich die Nase.
»Was hat Linda Ihnen erzählt? Wie wurde aus Sverker und Linda ein Paar?«
»Es war bei der Weihnachtsfeier für das Personal. Die findet immer am Abend statt, bevor die Löwander-Klinik über Weihnachten schließt. Wir waren im Valand. Früher haben sie offenbar immer in der Klinik gefeiert. Aber das habe ich nie erlebt. Jedenfalls gab es erst ein Buffet, und dann wurde getanzt. Die älteren Schwestern gingen ziemlich früh nach Hause, aber wir jüngeren blieben noch. Sverker Löwander blieb auch. Er tanzte mit uns allen. Er ist wirklich ein guter Tänzer, er kann alle Tänze.«
Er ist alt genug, um alle Tänze kennen gelernt zu haben, als sie noch neu waren, dachte Irene.
Anna-Karin verstummte und dachte nach, ehe sie fortfuhr:
»Wir hingen alle etwas in den Seilen. Wir hatten schließlich Glögg getrunken und Bier und Schnaps. Linda erzählte mir später, dass es auf der Tanzfläche zwischen ihr und Sverker gefunkt habe. Offenbar sind sie mit dem Taxi weggefahren, ohne dass es jemand bemerkt hat.«
»Wohin?«
»Zur Löwander-Klinik. Sie konnten schließlich weder zu ihm noch zu ihr. Bei ihr war schließlich Pontus, und er hatte Carina. Sie sind also in die Bereitschaftswohnung gefahren.«
Irene wurde unbehaglich zu Mute. Die Geschichte kam ihr bekannt vor.
»Wissen Sie, ob sie sich noch öfters in der Wohnung getroffen
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