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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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um die Jahrhundertwende Selbstmord beging, ist allen vertraut, die in der Löwander-Klinik arbeiten oder in ihrer Nähe wohnen. Laut Legende soll die Schwester zurückkommen, um sich an denen zu rächen, die sie in den Tod getrieben haben. Die Zeugin, die anonym bleiben will, sah gegen Mitternacht eine altertümlich gekleidete Krankenschwester beim Krankenhaus. Die Zeugin war bis gegen drei Uhr wach und ist sich sicher, dass sonst niemand das Krankenhaus verlassen oder betreten hat.«
    Darauf folgte ein langes Referat über die Geschichte des Krankenhauses. Typisches Archivmaterial. Die anonyme Zeugin wurde in dem Artikel nicht mehr erwähnt.
    Irene war fassungslos. Wo hatte Kurt Höök die Geschichte von dem Gespenst her? Obwohl sie nicht ganz korrekt war. Schwester Tekla hatte sich in den Vierzigerjahren erhängt und nicht um die Jahrhundertwende. Also konnten seine Informationen kaum von jemandem aus der Löwander-Klinik stammen.
    Sie saß lange da und grübelte, ohne dass ihr eine mögliche Informantin eingefallen wäre. Schließlich gab sie es auf, trank den inzwischen kalten Kaffee und aß ihr Käsebrötchen.
    Sie schaute auf die Uhr. Es war Viertel nach zwölf. Ihr Entschluss war gefasst. Kurt Höök würde Besuch in der Redaktion bekommen.
     
    Der Verkehr auf der E 6 war dicht. Abgesehen von einem kleinen Stau im Tingstad-Tunnel gab es jedoch keine größeren Stockungen.
    Der große grauweiße GT-Komplex ragte neben der Autobahn auf. Eine Lichtreklame informierte die Vorbeifahrenden, dass die Außentemperatur -8° C betrug und dass es 12.38 Uhr war. Außerdem wurde dazu aufgefordert, die Göteborgs-Tidningen zu kaufen.
    Irene stellte ihren alten Volvo auf einem Besucherparkplatz ab und schloss die Fahrertür ab.
    Sie trat durch die Tür des dreieckigen Entrees aus Glas. Eine gut geschminkte und gepflegte Dame mittleren Alters betrachtete sie aufmerksam vom Empfang aus und fragte freundlich:
    »Guten Tag. Wen suchen Sie?«
    »Ich suche Kurt Höök. Ich bin Kriminalinspektorin Irene Huss.«
    Irene kramte umständlich ihren Ausweis hervor, und die Empfangsdame ließ sich reichlich Zeit damit, ihn zu betrachten. Mit der Andeutung eines Lächelns reichte sie ihn zurück und sagte:
    »Einen Augenblick, ich frage nach, ob Kurt Höök zu sprechen ist.«
    Sie begann leise mit jemandem zu telefonieren. Offenbar verlief das Gespräch zu Irenes Gunsten. Die Empfangsdame nickte und deutete auf eine Glastür.
    »Sie können hochfahren. Der Aufzug ist da drüben. Fahren Sie in den zweiten Stock. Bei der Zentralredaktion kommt Ihnen jemand entgegen und begleitet Sie zu Herrn Höök.«
    Irene schlenderte auf die Glastür und den gläsernen Aufzug gegenüber der Spitze des Dreiecks zu. Sie kam an der Skulptur eines Bootsrumpfes aus farbigem Glas vorbei, die auf einen schwarzen Granitsockel montiert war. Auch die Kunst an den Wänden ließ darauf schließen, dass mit Lokalnachrichten richtig viel Geld zu verdienen war.
    Eine gestresste Frau mit blau getöntem Haar und einer Lesebrille auf der Nasenspitze begleitete sie zu Kurt Hööks Platz. Keiner der Journalisten sah auf, als sie zwischen den Tischen entlanggingen.
    Der Stuhl war leer. Der Bildschirm des Computers war jedoch an und zeigte den Artikel, den Irene gerade gelesen hatte. Offenbar war Höök noch nicht weitergekommen. Kommissar Andersson würde um drei Uhr seine Pressekonferenz abhalten, und erst dann würde der Name des Opfers bekannt gegeben werden. Irene begann vorsichtig, sich die Zettel anzusehen, die auf dem Tisch lagen. Sie hoffte, dass diese ihr einen Anhaltspunkt dafür liefern würden, wer die geheimnisvolle Zeugin war.
    Sie hielt ein Auge auf ihre Umgebung gerichtet und sah daher, als Kurt Höök sich seinem Schreibtisch näherte. Er blieb vor ihr stehen und lächelte charmant.
    »Hallo. Jetzt erkenne ich Sie. Sie sind vor einiger Zeit von den Hell’s Angels draußen in Billdal verprügelt worden! Das war offenbar nicht das letzte Mal.«
    Das war nicht ganz die Begrüßung, die sie sich vorgestellt hatte, aber sie schluckte alle giftigen Kommentare hinunter und versuchte, freundlich zu sein. Es spannte unter den Kompressen, als sie sich anstrengte, sich nichts anmerken zu lassen.
    »Das stimmt. Kriminalinspektorin Irene Huss.«
    »Richtig. Und ich ahne schon, was mir diese Ehre verschafft. Die Antwort ist leider nein.«
    Der bedauernde Tonfall stand im Widerspruch zu dem frechen Funkeln seiner Augen.
    »Was heißt hier nein?«
    »Nein. Ich gebe nie

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