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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Kleides …?«
    Andersson seufzte.
    »Wir haben eine Zeugin. Eine ältere Nachtschwester, die aussagt, sie habe das Krankenhausgespenst zur Mordzeit gesehen. Das Gespenst ist eine Krankenschwester, die vor fünfzig Jahren Selbstmord beging. Sie soll in eine altmodische Schwesterntracht gekleidet umgehen.«
    Die Stridner holte tief Luft.
    »Unsinn! Diese Zeugin können Sie abschreiben! Ich kann sagen, dass wir es hier mit einem Mord durch Erdrosseln zu tun haben, den ein höchst lebendiger Mörder mit kräftigen Armen verübt hat!«
    Die Professorin runzelte entschieden die Stirn. Ihre Miene duldete keine Widerrede. Nicht dass der Kommissar eine abweichende Ansicht gehabt hätte. Im Gegenteil; ausnahmsweise waren sie einer Meinung.
    »Ich weiß. Aber sie ist sehr überzeugt von ihrer Sache«, sagte er resigniert.
    Die Stridner schnaubte lautstark.
    »Gespenster! Ein Gespenst haut doch wohl nicht ab und schleppt dabei sein Opfer hinter sich her, sodass die Hacken über den Fußboden schleifen? So ein Unsinn!«
    Lahm versuchte der Kommissar sich damit zu verteidigen, dass er überhaupt nicht glaube, dass es ein Gespenst sei, dass … Aber die Stridner hörte ihm gar nicht mehr zu, sondern fuhr eilig fort:
    »Ich habe in einer Stunde eine Vorlesung, und vorher muss ich noch etwas essen. Wir müssen das hier etwas beschleunigen. Marianne Svärd war weder schwanger noch hatte sie jemals ein Kind geboren. Im Magen befanden sich die Reste einer kleineren Mahlzeit, die sie ca. vier Stunden, ehe sie starb, zu sich genommen hat. Die Nahrungsmittelreste waren mit einem Schaum vermischt, den ich als Antacida deute.«
    »Was ist das?«
    »Antacida? Neutralisiert die Magensäure. Maaloxan und Ähnliches. Die Schleimhaut des Magens ist in Richtung des Pylorus kräftig gerötet, aber ich habe kein Anzeichen eines aktiven Ulkus entdeckt … also eines Magengeschwürs. Dagegen habe ich ein verheiltes am Zwölffingerdarm entdeckt. Aber das war alt. Abgesehen davon schien Marianne Svärd vollkommen gesund zu sein. Sie hatte keine äußerlichen Verletzungen außer dem Würgemal und den Kratzwunden am Hals. Auf den Unterarmen habe ich Spuren von Talkum gefunden.«
    Andersson sah das Bild vor sich. Die in eine altmodische Tracht gehüllte Schwester ging hinter der nichts ahnenden Nachtschwester her. Mit einer schnellen Bewegung zog das Gespenst der Nachtschwester die Schlinge über den Kopf und zog an. Die junge Frau griff sich panisch an den Hals und den Nacken, um ihres Mörders habhaft zu werden. Sie bekam jedoch nur dessen Ärmelstoff zu fassen … Nein, das stimmte nicht. So liefen keine Morde ab. Morde wurden von Menschen aus Fleisch und Blut begangen. Aber wenn die Person in der alten Schwesterntracht nun aus Fleisch und Blut gewesen war!
    Andersson war von seiner Erkenntnis vollkommen erfüllt. Deswegen hatte er nicht gehört, was die Stridner gesagt hatte. Sie sah ihn bekümmert an.
    »Geht es Ihnen nicht gut? Ist Ihnen schwindlig? Sie haben nicht etwa kurz mal einen epileptischen Anfall oder was Ähnliches gehabt?«
    »Nein. Aber mir ist etwas aufgegangen …«
    Die Stridner warf einen demonstrativen Blick auf ihre exklusive Armbanduhr.
    »Ihre Zeit ist um. Ich schicke den Obduktionsbericht in ein paar Tagen.«
    Sie stand auf und öffnete die Tür auf den düsteren Korridor. Dem Kommissar blieb nichts anderes übrig, als sich zu verdrücken. Er murmelte ein paar Worte zum Abschied, was unnötig war. Die Tür hinter ihm war bereits geschlossen.
     
    Irene hatte eine GT aus dem Zeitungsständer gerissen und zusammen mit ihrem Kaffee bezahlt. Sie ließ sich auf den Stuhl sinken und begann zu lesen: »Nachtschwester von Gespenst ermordet?«, lautete die Überschrift. Der Artikel war von Kurt Höök, dem Kriminalreporter der Göteborg-Tidningen.
    Über die Zeitungsseite lief ein Bild von der Fassade der Löwander-Klinik. Das ließ darauf schließen, dass sie kaum Material für einen Artikel gehabt hatten. Die Bildunterschrift lautete: »Welche Ungeheuerlichkeiten spielten sich hinter der Fassade des alten Krankenhauses in der Nacht auf Dienstag ab? Der Chef der Klinik weigert sich, die Angaben zu kommentieren.« Ein Bild des zerzausten Dr. Sverker Löwander war in die linke untere Ecke des Fotos montiert. Die Fakten in dem Artikel waren Irene jedoch vollkommen neu.
    »Eine Anwohnerin erzählt, dass sie das alte Krankenhausgespenst in der Mordnacht bei der Löwander-Klinik gesehen habe. Die alte Geschichte von der Krankenschwester, die

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