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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Quellen preis.«
    Höök sah sehr selbstzufrieden aus, versuchte es aber zu verbergen. Es war irritierend, wie gut aussehend er war. Irene hatte das Gefühl, dass die Kompressen in ihrem Gesicht die Größe von ausgebreiteten Badelaken annahmen.
    »Das verstehe ich nicht. Aber wie Sie sicher begreifen, ist eine Zeugin, die in der Mordnacht etwas bei der Löwander-Klinik beobachtet hat, sehr wichtig für uns.«
    »Natürlich. Aber die Antwort lautet immer noch nein.«
    Irene legte den Kopf zur Seite und lächelte schwach.
    »Wir könnten vielleicht zu einer Einigung kommen?«, sagte sie leise.
    Einige Sekunden lang sah Höök unsicher aus, schwieg aber weiter. Irene fuhr fort:
    »Wenn ich so viel wie möglich über ihre anonyme Zeugin erfahre, dann bekommen Sie Informationen, zu denen garantiert kein anderer Journalist Zugang hat.«
    Mit nur schlecht verborgener Erregung fragte Höök:
    »Und die betreffen die Ereignisse in der Löwander-Klinik?«
    »Ja.«
    Der Journalist kaute auf seiner Unterlippe, während er nachdachte. Schließlich sagte er:
    »Sie sind sich sicher bewusst, dass Sie gegen das Gesetz verstoßen, wenn Sie mich bitten, die Identität einer Informantin preiszugeben. Und ich weiß nicht, was Sie mir zu bieten haben.«
    Dass er sich nicht in seine Karten schauen lassen wollte, ehe er wusste, was Irene für einen Trumpf in der Hand hielt, konnte man ihm nicht zum Vorwurf machen. Deswegen versuchte sie, ihm die Sache schmackhafter zu gestalten.
    »Ich weiß, dass Sie die Identität Ihres Informanten nicht direkt preisgeben dürfen. Aber Sie könnten mir ein paar Anhaltspunkte geben. Von mir erfahren Sie Folgendes … es betrifft eine ganz andere Krankenschwester, die auch in der Löwander-Klinik arbeitet. Etwas ist ihr zugestoßen. In derselben Nacht, in der die Schwester ermordet wurde. Selbstverständlich bekommen Sie auch den Namen der ermordeten Krankenschwester.«
    Die Versuchung war zu groß und der Journalisteninstinkt gewann die Oberhand.
    »Okay. Das mit dem Gespenst ist Schnee von gestern. Die Schlagzeile war ein Knaller. Aber aus der Zeugin ist weiter nichts herauszuholen.«
    Irene sagte nichts, weil sie begriff, dass er mit sich selbst haderte. Wiederholte Male strich er sich mit den Fingern durchs Haar, bis er schließlich aussah, als hätte er sich mithilfe eines Schneebesens frisiert. Er hielt inne und schaute Irene misstrauisch an.
    »Aber diese Zeugin ist verdammt … speziell.«
    Irene hatte das Tonbandgerät bemerkt, das auf dem Tisch stand. Jetzt sah sie, dass er gerade die Hand danach ausstrecken wollte. Doch dann hielt er mitten in der Bewegung inne und sah sie an.
    »Es ist vermutlich besser, wenn ich Ihnen die Vorgeschichte erzähle, ehe Sie das Band hören. Das Ganze ist in der Tat ziemlich unbegreiflich. Kommen Sie.«
    Er stand auf und nahm das Tonbandgerät mit. Sie gingen auf eine geschlossene Tür zu. Höök öffnete sie einen Spalt und schaute in das Zimmer. Es war leer. Er bedeutete Irene einzutreten. Sorgsam schloss er die Tür hinter ihnen.
    Zögernd begann er:
    »Diese … Zeugin … ist wie gesagt speziell. Ich weiß nämlich nicht einmal ihren Namen. Ich weiß auch nicht, wo sie wohnt.«
    Er schwieg einen Augenblick, ehe er fortfuhr:
    »Es begann damit, dass ein Typ, der mich ab und zu mit Tipps versorgt, mich gestern Nachmittag auf meinem Handy anrief. Offenbar hatte er zufällig die Unterhaltung zweier Polizisten belauscht. Da ich ohnehin in der Gegend war, dachte ich, dass ich genauso gut eine Pizza essen gehen könnte. Wollen Sie einen Kaffee?«
    »Ja, danke«, sagte Irene, ohne nachzudenken.
    Anschließend hätte sie sich die Zunge abbeißen können. Was sollte sie mit einem Kaffee, gerade als Höök von der Zeugin erzählen wollte? Aber ihre langjährige Koffeinabhängigkeit hatte die Oberhand gewonnen. Der Reporter verschwand nach draußen, war aber gleich wieder mit zwei dampfenden Plastikbechern zurück. Der Kaffee war stark und gut. Irene war froh, dass sie Ja gesagt hatte.
    »Wo war ich stehen geblieben? Mein Informant hatte eben zu erzählen begonnen, als die Tür zur Straße geöffnet wurde.«
    Kurt Höök unterbrach sich, schaute in seinen Becher und nahm dann einen Schluck, ehe er fortfuhr:
    »Es war der Geruch … der Geruch veranlasste mich dazu, mich umzudrehen und sie anzuschauen. Sie bekam eine Plastiktüte mit altem Brot und setzte sich auf einen Stuhl. Wir beachteten sie nicht weiter, und mein Informant begann aufgeregt zu erzählen, dass einer

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