Der zweite Mord
Tag ergeben hatte. Das war in der Tat einiges. Sie war gerade fertig, da war es schon Zeit, sich ins Konferenzzimmer zu begeben. Sie nahm das Tonband und einen neuen Spiralblock mit. Vorne auf den Spiralblock schrieb sie mit schwarzem Filzstift »Löwander-Klinik«. Sie schlug die erste Seite auf und gab ihr die ordentliche Überschrift »Pizza«.
Alle hatten die gewünschte Pizza auf die Liste geschrieben, und der Pizzaservice war verständigt.
»Alle da? Ach so. Jonny fehlt. Er kommt sicher gleich. Wir fangen schon einmal an«, begann Andersson.
Mit dem nächsten Atemzug erzählte er von dem Telefongespräch mit den Eltern von Marianne Svärd, das er am Morgen geführt hatte. Beide waren erschüttert und schockiert. Der Kommissar war der Meinung, dass sie noch ein paar Tage warten mussten, bis sie sie vernehmen konnten. Beide hatten gesagt, dass Marianne weder bedroht noch irgendwie verfolgt worden sei. Sie habe sich in letzter Zeit auch nicht anders als sonst benommen. Sie hatten sie zuletzt am vergangenen Wochenende gesehen, also weniger als zwei Tage, bevor sie ermordet worden war.
Anschließend referierte er das Gespräch mit Yvonne Stridner von der Pathologie. Als er damit fast fertig war, tauchte Jonny Blom in der Tür auf. Neben dem einen Auge saß eine große Kompresse, die die ganze Schläfe bedeckte. Die rechte Hand war von einem leuchtend weißen Verband bedeckt.
»Hallo. Hast du Belker gefüttert?«, zwitscherte Irene mit ihrer mildesten Stimme.
»Der braucht kein Fressen! Das Biest muss eine Spritze bekommen!«
Jonnys hochrotes Gesicht hob sich effektvoll gegen die blendend weiße Kompresse ab. Er ließ sich auf einen leeren Stuhl am Konferenztisch sinken und sagte:
»Das Katzenvieh hat mich von der Hutablage aus angesprungen. Es hat mir das Gesicht zerkratzt und mir in die Hand gebissen! Ich war in Mölndal im Krankenhaus und habe mich verbinden lassen. Plus Tetanusspritze! Während ich mich noch geprügelt habe, kam so ein alter Drachen in die Wohnung. Wisst ihr, was sie gesagt hat?«
Er räusperte sich und sagte dann im Falsett:
»Belker, mein Kleiner. Waren sie nicht nett zu dir?«
Die Kollegen am Tisch lachten und sahen abwechselnd auf Irenes und Jonnys Kompressen.
»Sie hat den Tiger einfach hochgehoben, und das Biest hat sich in ihren Armen zusammengerollt und zu schnurren begonnen! Dann hat sie mich gebeten, die Futterschalen dieses Miststücks in ihre Wohnung zu tragen. Sie würde sich jetzt um die arme Mieze kümmern!«
Irene war froh, als sie das hörte. Einerseits bekamen Rut Berg und Belker dadurch beide Gesellschaft, andererseits hatte die Polizei mehr Ruhe in Mariannes Wohnung.
»Hast du noch etwas über Linda Svensson in Erfahrung gebracht?«, fragte Andersson.
»Ich war in Kungsbacka und habe mit ihren Eltern gesprochen. Sie ist Einzelkind. Sie sind vollkommen außer sich vor Unruhe. Ich habe sie gefragt, ob sie dieser Ex-Freund jemals geschlagen hätte, aber das glaubten sie nicht. Er sei nicht der gewalttätige Typ. Sonst ergab die Untersuchung ihrer Wohnung nichts Neues. Ich habe auf den umliegenden Straßen nach dem Fahrrad gesucht, aber nichts gefunden. Der Hausmeister hat mir seinen Generalschlüssel geliehen. Ich habe im Keller, in der Waschküche und im Müllraum nachgesehen. Das Haus hat zwei Treppenaufgänge mit je neun Wohnungen. Keiner der anderen Mieter hat zum Zeitpunkt von Lindas Verschwinden etwas gehört oder gesehen. Außer dem alten Klappergestell, das sich um den Menschenfresser kümmert. Sie sagt, dass sie gehört hat, wie Linda am Abend des zehnten Februar um 23.30 Uhr ihre Wohnung verlassen hat. Danach verlieren sich alle Spuren. Sowohl Linda als auch ihr Fahrrad sind fort.«
Andersson sah bekümmert aus. Er dachte lange nach. Schließlich sagte er:
»Jonny. Du setzt die Suche nach Linda fort. Fredrik soll auch daran arbeiten. Ich habe das Gefühl, dass uns die Zeit davonläuft. Birgitta, hast du ihren Ex-Freund aufgetrieben?«
»Ja. Aber nur telefonisch. Er ist auf Fortbildung in Borås und kommt erst am späten Abend wieder nach Hause. Offenbar arbeitet er bei irgendeiner Computerfirma.«
»Dann kannst du dich morgen mit diesem jungen Mann unterhalten. Nimm Jonny mit. Ihr könnt ihn etwas unter Druck setzen. Mal sehen, was er weiß.«
»Okay«, sagte Birgitta.
Irene fiel auf, dass Birgitta Jonny nicht ansah, als sie nickte. Nach außen hin legte sie keine Feindseligkeit an den Tag, sondern wirkte, als würde sie den Auftrag zum Verhör
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