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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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viel Geld kosten, sich um sie zu kümmern. So kostet es überhaupt nichts. Hervorragend in diesen Zeiten der allgemeinen Sparmaßnahmen. Man könnte so etwas auch Endlösung nennen.«
    Er machte eine kurze Pause, aber niemand sagte etwas.
    »Heute will ich mit den Kollegen in der Nordstan Kontakt aufnehmen. Vielleicht wissen die, wo wir Mama Vogel finden können. Wenn wir sie heute tagsüber nicht finden, dann müssen wir heute Nacht ihren Schuppen bewachen und hoffen, dass sie dorthin zum Schlafen kommt«, sagte er.
    »Das leuchtet ein. Tommy und Irene sollen sich um die Suche nach dieser Vogeltante kümmern«, meinte Andersson.
    Irene bemerkte, dass Hans Borg auf seinem Stuhl hin und her rutschte. Offenbar hatte er es eilig, wegzukommen, und das sah ihm gar nicht ähnlich. Der Kommissar sah ebenfalls in seine Richtung und sagte:
    »Hans soll sich intensiv um die Suche nach dem Fahrrad kümmern. Es ist vielleicht gestohlen worden und auf einem der Reviere in den Vororten wieder aufgetaucht. Wir haben schließlich die Marke und die Rahmennummer. Finden wir das Fahrrad, dann ist Linda möglicherweise auch nicht weit.«
    Irene fand, dass das unheilvoll klang, obwohl es sicher nicht so gemeint war. Sie sah, wie Hans Borg nickte und sich gleichzeitig von seinem Stuhl erhob. Er schien es eilig zu haben, aus dem Zimmer zu kommen. Irene wunderte sich, dass sich Birgitta ebenfalls erhob und vorsichtig hinter Hans auf den Korridor ging. Halb instinktiv stand Irene ebenfalls auf und folgte den beiden.
    Sie sah, wie Birgitta einige Meter vor ihr um eine Ecke bog. Lautlos folgte sie ihr. Gerade als sie um die Ecke schaute, hörte sie Birgittas wütende Stimme:
    »Lass los! Das gehört mir!«
    Irene sah, wie sie versuchte, Hans Borg einen braunen Hauspostumschlag aus der Hand zu reißen, den dieser offenbar aus dem Fach neben der Tür zu ihrem Zimmer genommen hatte. Borg antwortete nicht, aber seiner Miene nach zu urteilen, dachte er nicht daran, loszulassen. Da trat ihm Birgitta fest vors Schienbein. Er schrie auf und Birgitta riss den Umschlag an sich. Hans senkte den Kopf und gab leicht in den Knien nach. Irene wusste, was er vorhatte. Im selben Augenblick, in dem er sich auf Birgitta warf, war sie bei den beiden. Sie fing Borgs erhobene Hand mit dem Unterarm ab, drückte ihn mit dem linken Arm zur Seite und warf ihn mit einem o-soto-otoshi rückwärts zu Boden. Das war einfach, weil er nicht mehr Kraft und Schnelligkeit besaß als ein Schlafwandler. Mit Hilfe eines gnadenlosen Polizeigriffs drückte sie ihn zu Boden. Dass er jammerte, sie tue ihm weh, war ihr egal. Hätte er sich vorher überlegen müssen, eine Kollegin in Anwesenheit einer Jiu-Jitsu-Meisterin mit schwarzem Gürtel und drittem Dan-Grad anzugreifen.
    Andersson und Fredrik Stridh kamen um die Ecke des Korridors gelaufen. Irene ließ nicht locker, Hans Borg stöhnte, und Birgitta stand mit dem Hauspostumschlag an die Brust gedrückt da. Birgitta sah Andersson an und sagte mit einem leichten Zittern in der Stimme:
    »Sven. Wir beide müssen uns wohl mal mit Hans unterhalten.«
    Andersson sah auf den braunen Umschlag und wurde bleich.
    »Verdammt noch mal! Musste das wirklich sein …«
    Seine Blässe verschwand und machte einer aufgeregten Röte Platz, die am Hals begann und sich auf die Wangen ausbreitete. Seine Kollegen wussten aus Erfahrung, dass das sehr Unheil verkündend war.
    »Irene. Nimm Hans mit in mein Büro.«
    Fredrik Stridh sah aus wie ein lebendiges Fragezeichen. Da er nicht ins Büro des Kommissars mitkommen sollte, verzog er sich in sein eigenes. Auch Irene war erstaunt und hatte nicht den blassesten Schimmer, was das alles zu bedeuten hatte. Aber offenbar wussten es Birgitta und Andersson. Und Hans. Ohne seinen Arm loszulassen, half sie ihm vom Boden auf. Als er vor ihr stand, trat sie hinter ihn und flüsterte ihm ins Ohr:
    »Ich bin direkt hinter dir.«
    Er antwortete nicht.
    Andersson bedeutete Borg mit einer Handbewegung, sich ihm gegenüberzusetzen. Willenlos ließ dieser sich auf den Stuhl sinken. Andersson sah ihn grimmig an und schüttelte leicht den Kopf.
    »Warum, Hans? Warum?«
    Borg antwortete nicht.
    »Antworte. Sonst geht das direkt weiter an die interne Ermittlung! Ich habe die Bilder gesehen, und sie sind wirklich übel!«
    Irene nahm Birgitta den Umschlag aus der Hand. Sie öffnete ihn und nahm die Bilder heraus. Ein Blick genügte. Es handelte sich nicht nur um softe Pornografie.
    »Sie … sie ist hier herumgelaufen und hat

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