Der zweite Mord
betraf. Seine ganze Erscheinung wirkte wie vergoldet. Er sah Irene ruhig an und wartete ihre erste Frage ab.
»Mir fiel gestern auf, als wir uns im Östra unterhalten haben, dass Sie etwas verärgert über Marianne waren.«
Als Antwort zog er theatralisch die Brauen hoch und schaute zur Decke. Irene sagte scharf:
»Oder habe ich das falsch verstanden?«
Niklas brach die Pantomime ab und sagte kurz:
»Ja.«
»Ach so?«
»Sie haben Unrecht. Ich war nicht etwas verärgert über Marianne, ich war sehr verärgert!«
»Warum das?«
»Sie war einfach eine sehr ärgerliche Person! Sie lief Andreas und seiner Familie in Kungälv hinterher. Die kleine geduldige und verständnisvolle Marianne!«
»Was meinen Sie damit, dass sie ihnen hinterherlief?«
»Sie konnte sich nie damit abfinden, dass ihre Ehe vorbei war. Und sie benutzte ihre eigenen Eltern und die von Andreas. Die haben sich ebenfalls nie mit unserem Verhältnis abgefunden. Sie wollte ihn zurück.«
»Was wollte er selbst?«
Niklas zögerte mit seiner Antwort.
»Er wollte mit mir zusammenleben. Auch wenn ich sehr verärgert über Marianne war, wusste ich doch immer, dass das Verhältnis von Andreas und mir etwas ganz Besonderes ist«, sagte er schließlich.
Genauso hatte Andreas vor knapp einer Stunde sein Verhältnis zu Marianne beschrieben. Es war vermutlich klug, Niklas gegenüber diesen Umstand nicht zu erwähnen.
»Sie wussten nicht, dass sich Andreas und Marianne so oft sahen?«
Seine Miene verdüsterte sich.
»Nein.«
»Wie haben Sie sich verhalten, als Sie davon erfuhren?«
»Ich habe doch erst gestern davon gehört. Und jetzt spielt es eh keine Rolle mehr.«
Er lächelte ein unschönes Lächeln, das Irene eine Sekunde lang an Belker erinnerte. Wie Belker ausgesehen haben musste, als er seine Krallen freudig in ihre Haut gestoßen hatte. Das Lächeln verschwand schnell wieder. Er beugte sich über den Schreibtisch und fing ihren Blick auf.
»Ich weiß, was Sie glauben. Sie glauben, ich habe Marianne ermordet, weil ich Angst hatte, dass Andreas zu ihr zurückgeht. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich sie nicht ermordet habe. Meine Trauer hält sich allerdings in Grenzen. Aber dass sie sterben soll … Nein. Dafür gab es keinen Grund.«
»Was meinen Sie damit?«
»Andreas verlässt mich nie.«
»Wo waren Sie um Mitternacht zwischen dem zehnten und elften Januar?«
Niklas antwortete amüsiert:
»Ich habe ein Alibi. Wirklich. Ich war den ganzen Abend über mit drei Kumpels in einem Pub. Sie können ihre Namen und Adressen bekommen.«
Er zog ein ordentlich gefaltetes, kariertes Blatt Papier aus der Tasche, das er offenbar aus einem Spiralheft gerissen hatte, und legte es vor Irene hin. Sie sah es nicht an, sondern fixierte stattdessen ihn.
»Dann will ich mir Ihr Alibi mal anhören.«
Niklas lehnte sich auf dem Stuhl zurück und betrachtete sie mit halb geschlossenen Augen. Schließlich sagte er:
»Ich hoffe, dass Andreas das nicht zu erfahren braucht. Er weiß nämlich nichts davon.«
»Wovon weiß er nichts?«
»Dass ich diese Kumpels getroffen habe. Das sind meine alten Kumpane, niemand, den er kennt.«
»Um was für einen Zeitraum geht es und welcher Pub war es? Denken Sie daran, dass wir bei der Bedienung nachfragen.«
»Natürlich. Ich trainiere jeden Montag um eine bestimmte Zeit in einem Studio. Und zwar direkt nach der Arbeit. Die Adresse habe ich unten auf das Papier geschrieben, das ich Ihnen gegeben habe. Anschließend war ich in der Sauna und im Solarium. Etwa um halb acht war ich mit allem fertig. Dann bin ich auf direktem Weg nach Hause zu Johan, dessen Adresse ebenfalls auf dem Zettel steht. Da warteten die beiden anderen bereits auf mich. Wir aßen etwas Gutes zu Abend und dann gingen wir aus.«
»Wann haben Sie die Wohnung verlassen?«
»Etwa um elf. Wir wollten in den Gomorra Club, und dort waren wir den Rest des Abends.«
»Wann waren Sie zu Hause?«
»Um halb drei. Allein. Ich musste schließlich aufstehen und arbeiten. Am Morgen war es etwas mühsam, aber es ging. So etwas passiert jetzt nicht mehr so oft. Man wird schließlich älter und gesetzter.«
Er lächelte ironisch.
»Und die ganze Zeit waren Sie mit Ihren Kumpels zusammen?«
»Ja. Die ganze Zeit.«
Seine Selbstsicherheit umgab ihn wie eine Aura. Natürlich mussten sie es nachprüfen, aber Irene hatte das Gefühl, dass er die Wahrheit sagte.
»Und Sie wollen nicht, dass Andreas davon erfährt«, stellte sie sachlich fest.
»Am liebsten
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