Der zweite Mord
Kriminalfilm an. Die Kollegen im Film töteten im Verlauf einer halben Stunde sechs Menschen, ohne dass das irgendwelche Konsequenzen gehabt hätte. Diese Verherrlichung ihres Berufes und des Tötens verursachte ihr Übelkeit. Vielleicht lag es auch daran, dass sie müde war. Allmählich war es Zeit, zu Bett zu gehen.
Sie lag da und dachte eine Weile nach, bevor sie einschlief. Zu Hause funktionierte nichts mehr so gut wie früher. Als Krister nur dreißig Stunden in der Woche gearbeitete hatte, war alles viel besser gewesen. Damals war der Kühlschrank nie leer gewesen, und er hatte immer gekocht. Er hatte ebenfalls meistens eingekauft und geputzt. Jetzt hatte er wieder angefangen vierzig Stunden zu arbeiten und sogar mehr als das und hatte deswegen keine Zeit mehr, wie früher zu planen. Jenny und Katarina waren vermutlich etwas verwöhnt. Keine der beiden kaufte ein, kochte oder machte sauber. Sie hatten natürlich die Schule und ihre Hobbys.
Irene fragte sich, was eine Putzfrau in der Stunde kostete, obwohl das eigentlich verpönt war. Sie würden sich das nicht leisten können. Herrlich wäre es aber schon, in ein aufgeräumtes Haus zu kommen. Da hätte sie dann vielleicht auch noch genug Kraft zum Einkaufen, Kochen und dazu, sich ihrer Familie zu widmen. Und für den Hund, erinnerte sich Irene, als Sammie sich im Schlaf umdrehte und auf ihre Füße rollte.
Auch der Sex litt. Von wegen leiden! Zeitweilig war er einfach nicht vorhanden. Es war jetzt fast zwei Wochen her, dass sie miteinander geschlafen hatten. Krister war meist zu müde. Und um ehrlich zu sein, hatte auch sie in der Arbeit viel um die Ohren gehabt. Aber so war das schließlich immer gewesen. Ohne dass sie es wollte, tauchten ein Paar mutwillig funkelnde blaue Augen unter einer goldblonden Mähne vor ihrem inneren Auge auf. Er war wirklich unerträglich charmant, dieser Reporter. In der Tat war er Krister ziemlich ähnlich, nur zehn Jahre jünger. Mit der Energie, die Höök ausstrahlte, wäre er sicher nicht zu müde …
Als sie das letzte Mal auf den Wecker schaute, war es 23.10 Uhr. Krister war noch immer nicht nach Hause gekommen.
KAPITEL 10
Das Schnarchen hallte zwischen den Wänden des Schlafzimmers wider. Auf dem Wecker war es 6.34 Uhr, und Irene wurde sich bewusst, dass sie nicht mehr würde einschlafen können. Krister lag auf dem Rücken, den rechten Arm über dem Kopf. Sammie hatte sich, alle Viere von sich gestreckt, am Fußende des Bettes zusammengerollt und schnarchte ebenfalls, aber bedeutend diskreter als sein Herrchen. Als Irene aufstand und ihren Jogginganzug überzog, aalte er sich in die warme Kuhle, die sie zurückgelassen hatte. Sie würde es doch nicht übers Herz bringen, schlafende Hunde zu wecken? Aber dann sah sie, wie seine Augen unter halb geschlossenen Lidern auf ihr ruhten.
Draußen regnete es noch immer, obwohl es nicht mehr ganz so schüttete wie am Vortag. Sie zog einen dünnen Regenanzug aus Nylon über ihre Joggingkleider. Joggen war bei diesem Wetter vielleicht nicht der ideale Sport, aber direkt am Morgen ging es am schnellsten und einfachsten. An einem regnerischen Samstag vor sieben in der Früh war sie auf dem Fahrradweg zur Fiskebäck Marina auch garantiert allein.
Anfangs störte sie noch ihre alte Knieverletzung am rechten Bein, aber während sie lief, wurden die Muskeln warm, und der Schmerz verlor sich. Sie war hellwach, jede Müdigkeit war verschwunden. Ihre Muskeln arbeiteten mit voller Kraft, und ihr Herz pumpte rhythmisch das sauerstoffreiche Blut in ihre Glieder. Unten am Meer machte sie kehrt und lief die schmalen Straßen zwischen den Sommerhäusern entlang. Anschließend setzte sie ihren Weg zwischen den eleganten Einfamilienhäusern fort und kam auf den Stora Fiskebäcksvägen. Sie lief an Vierteln mit Reihenhäusern vorbei, in denen die meisten noch schliefen. Hinter der einen oder anderen Wohnzimmergardine flimmerte ein Fernsehapparat. Davor saßen die kleinen Kinder und schauten sich Videos an, damit ihre Eltern ausschlafen konnten. Nachdem sie Björnekulla passiert hatte, joggte sie nach Berga weiter, machte dort aber kehrt. Eine Morgenrunde von zehn Kilometern musste reichen.
Sie zwang den widerstrebenden Sammie zum Pinkeln auf eine kurze Runde ins Freie, ehe sie sich unter die Dusche stellte. Die warmen Wasserstrahlen waren die Belohnung für die morgendliche Anstrengung draußen im Regen. Ein Handtuch um den Kopf gewickelt ging sie nackt und warm ins Schlafzimmer. Krister
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