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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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würde.
     
    Es ging auf acht zu, als Birgitta Moberg ihren Kopf durch die Tür von Irenes Büro steckte.
    »Hallo! Was machst du hier?«
    Irene erklärte das Durcheinander mit der Bereitschaftsliste. Als der Name von Hans Borg fiel, verfinsterte sich Birgittas Miene.
    »Andersson will ihn davonkommen lassen! Er rief mich gestern an und sagte, er hätte sich mit Bergström darauf geeinigt, dass Hannu Rauhala und Borg den Dienst tauschen sollten. Auf dem Papier bleibt alles beim Alten, Hans Borg hier bei uns und Rauhala beim Dezernat für Allgemeine Fahndung. Aber im Prinzip ist der Tausch schon beschlossene Sache.«
    »Dann gibt es keine interne Ermittlung?«
    »Nein. Die Chefs sagen, dass dann nur wieder jede Menge in den Zeitungen geschrieben wird. Das wäre nach dieser Geschichte mit der Hundeführerin in Stockholm nicht gut.«
    »Aber wir wissen doch beide, dass es schon ähnliche Fälle gegeben hat, ohne dass die Presse Wind davon bekommen hätte.«
    »Genau das habe ich Andersson auch gesagt. Ich fürchte, dass ich mich wahnsinnig aufgeregt habe. Ich habe wohl das eine oder andere gesagt, was nicht sonderlich durchdacht war. Aber ich war so wütend und enttäuscht. Darauf hat er gemeint, dass ich aufpassen solle. Würde es Ärger geben, dann würde man mich möglicherweise ebenfalls versetzen.«
    Irene sah ihre Kollegin nachdenklich an, ehe sie fragte:
    »Du willst dich also an Hans Borg rächen?«
    »Ja. Er hat mir mehrere Jahre lang mein Leben verpestet!«
    »Willst du dich in ein anderes Dezernat versetzen lassen?«
    Birgitta erstarrte.
    »Nein.«
    »Hör genau zu. Schlag dir das mit der Rache aus dem Kopf. Was Borg getan ist, ist abscheulich. Aber wenn Chefs sich in die Ecke gedrängt fühlen, dann lassen sie das an dir aus. Wenn du auf einer Verfolgung dieser Angelegenheit bestehst, dann versetzen sie dich. Mangelnde Teamfähigkeit steht dann in deinen Papieren. Sie lassen dich auf irgendeinem bedeutungslosen Posten im Ermittlungsapparat versauern, und du hast keine Chance mehr, Karriere zu machen oder jemals wieder hierher zurückzukehren.«
     
    Birgitta antwortete nicht.
    Ruhig fuhr Irene fort:
    »Du hast dir die ganze Zeit nichts anmerken lassen. Warte ab. Zeig ihnen nicht, wie gekränkt du bist.«
    »Sonst machen sie mich endgültig fertig! Meinst du das?«
    »Etwas in dieser Richtung.«
    Die Stimmung war gespannt. Schließlich brach Birgitta das Schweigen.
    »Du kannst mir berichten, was in Guldheden los war, dann übernehme ich«, sagte sie tonlos.
    »Ich habe das Verhör mit der Nachbarin Johanna Storm ins Reine geschrieben. Hier ist auch mein Bericht vom Tatort.«
    Irene nahm die Diskette aus ihrem Computer und gab sie Birgitta. Die nahm sie, wich aber Irenes Blick aus.
    »Danke«, sagte sie nur kurz und verschwand auf dem Korridor.
     
    Das Haus war leer und still. Krister war mit Sammie draußen. Wie graue Schleier hing der Regen zwischen den Bäumen. Um zehn Uhr morgens noch einmal unter die Decke zu kriechen, kam ihr da ganz natürlich vor. Ehe sie einschlief, stellte Irene den Wecker auf zwei Stunden später.
     
    Als Irene aufwachte, hatte Krister sich bereits ins Glady’s aufgemacht. Sammie lag, die Pfoten in die Luft gestreckt, neben ihr und war nach dem nassen Spaziergang jetzt fast trocken. Dafür musste sie Kristers Laken jetzt aufhängen, damit es bis zum Abend überhaupt noch trocken wurde. Irene fühlte sich irgendwie verkatert. So war das immer, wenn sie tagsüber schlief. Sie duschte lange abwechselnd warm und kalt und fühlte sich anschließend etwas wacher. Da das Mittagessen bei ihrer Mutter immer sehr reichhaltig auszufallen pflegte, begnügte sie sich mit einer Tasse Tee und einem Knäckebrot, ehe sie zum Training mit der Frauengruppe ging. Sammie kam mit und wartete in der Zwischenzeit im Auto. Er war überglücklich, mitfahren zu dürfen, und hatte kaum Zeit, gegen die Büsche vor der Garage zu pinkeln. Das Auto gehörte nämlich ihm. Herrchen und Frauchen durften es nur fahren. In diesem Glauben lebte er froh und glücklich, seit er ein Welpe gewesen war, und nichts hatte diesen Glauben erschüttern können.
     
    Irenes Mutter wohnte immer noch in der Wohnung, die sich ihre Eltern gekauft hatten, als Irene zur Welt gekommen war. Zwischen den dreistöckigen Ziegelhäusern, die die stark abschüssige Doktor Bex Gata säumten, hatte Irene ihre Kindheit verbracht. Damals waren Freunde und Verwandte der Ansicht gewesen, die kleine Familie sei in die Vororte gezogen. Inzwischen

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