Der zweite Mord
der Haupthalsregion. Hinterkopf eingeschlagen. Möglicherweise gegen die Waschbeckenkante. Das Opfer stinkt nach Alkohol. Das tut der Täter im Übrigen auch.«
»Wo sind die Burschen aus dem Streifenwagen?«
»Sie wurden zu einem Einsatz gerufen. Ich habe gesagt, dass sie gehen können. Die Dame und ich mussten in der Zwischenzeit allein miteinander zurechtkommen.«
Er hatte das vielleicht scherzhaft gemeint, aber Irene lief es kalt den Rücken herunter. Wo hatte Svante Malm nur diese Kreatur aufgetrieben? In irgendeiner Krypta, hatte es den Anschein.
Die Männer vom Bestattungsdienst trafen ein. Sie packten die Leiche ein und fuhren sie in die Pathologie.
Irene ließ den Mann von der Spurensicherung in der Wohnung zurück. Als sie durch die Wohnungstür trat, steckte eine rothaarige Frau den Kopf aus der Tür der Nachbarwohnung. Ohne auch nur zu versuchen, ihre Neugierde zu kaschieren, sagte sie:
»Hat er sie dieses Mal totgeschlagen?«
Sie trug eine Trainingshose und einen ausgeleierten Baumwollpullover, obwohl es fast halb fünf Uhr morgens war. Ihr Haar war fettig, und sie hatte es zu einem dünnen Pferdeschwanz zusammengebunden. Obwohl sie nicht ganz so groß war wie Irene, machte sie einen riesigen Eindruck. Sie wog sicher um die hundert Kilo. Irene war eine erfahrene Ermittlerin und wusste, wann sie eine Zeugin vor sich hatte, die sich ihr um jeden Preis anvertrauen wollte. Irene zog ihren Ausweis aus der Tasche und wedelte damit in bester Hollywoodmanier.
»Guten Morgen. Ich bin Kriminalinspektorin Irene Huss. Darf ich einen Augenblick reinkommen und mich mit Ihnen unterhalten? Sie sind ohnehin schon wach.«
»Natürlich!«
Die Frau konnte ihr Entzücken nicht verbergen und trat bereitwillig einen Schritt zurück, um Irene in die Wohnung zu lassen. Automatisch sah sich Irene überall um.
Eines war klar, offensichtlich brauchte hier noch jemand eine Putzhilfe. Die Garderobe in der Diele quoll über, und darunter stapelten sich die Schuhe. Als sie durch die Diele schritt, knirschten Schmutz und Sand unter ihren Sohlen. Geradeaus vor ihr lag eine winzige Küche. Das dreckige Geschirr stapelte sich in der Spüle. Darauf war vermutlich auch der seltsame Geruch in der Wohnung zurückzuführen. Als Irene ins Wohnzimmer kam, stieß sie dort jedoch auf die Erklärung. Hier war sicher seit gut einem Jahr nicht mehr sauber gemacht worden, und überall im Raum räkelten sich Katzen. Irene zählte neun Stück. Unbewusst griff sie sich an das Pflaster unter ihrem Kinn.
»Bitte, setzen sie sich doch«, sagte die Frau und deutete auf einen durchgesessenen Sessel in einem unbestimmbaren Grauton.
Irene sah, dass das Sitzpolster vollkommen verfleckt war, und warf der Katzengang einen misstrauischen Blick zu.
»Nein, danke. Ich bleibe nicht lange. Entschuldigen Sie, aber ich habe Ihren Namen nicht richtig verstanden?«
»Den habe ich vermutlich nicht gesagt. Johanna Storm.«
»Wie alt sind Sie?«
»Fünfundzwanzig.«
»Beruf?«
»Ich studiere Psychologie. Mir fehlt noch ein Jahr bis zum Examen.«
Pro forma schrieb Irene die Angaben auf ihren Block.
»Was meinten Sie, als Sie gefragt haben, ob er sie dieses Mal totgeschlagen hat?«
»Was ich gesagt habe.«
»Er hat sie also geschlagen?«
»Ja.«
»Wie oft?«
»Seit Weihnachten so gut wie jedes Wochenende. Maria … also sie … kommt aus Polen und kann kein Schwedisch.«
»Wie ist sie nach Schweden gekommen?«
Johanna Storm antwortete, ohne zu zögern.
»Weiß nicht. Ich hatte das Gefühl, dass die direkt aus Polen kam. Letzten Sommer ist sie mit Schölenhielm zusammengezogen, obwohl sie kaum halb so alt war wie er. Er ist ein richtiger Schmierlapp!«
»Haben Sie die Polizei gerufen?«
»Ja. Ich hörte, dass es schlimmer ist als sonst. Die Polizei ist bereits früher einige Male hier gewesen. Vermutlich fünf- oder sechsmal. Sie stieß einen schrecklichen … lang gezogenen … Schrei aus, und dann war alles still. Meine Katzen wurden fürchterlich unruhig, und da verstand ich, dass etwas Schreckliches passiert war.«
»Und da war es kurz vor zwei?«
»Ja.«
Johanna Storm wusste von dem Paar in der Nachbarwohnung sonst nur, dass Maria tagsüber zu Hause war und dass Schölenhielm mit Gebrauchtwagen handelte.
»Wollen Sie eine Tasse Tee?«, wollte Johanna Storm wissen.
Irene lehnte höflich ab. Obwohl sie gerade erst gegen Wundstarrkrampf geimpft worden war, zweifelte sie daran, ob sie mit Tee aus einer von Johanna Storms Tassen fertig werden
Weitere Kostenlose Bücher