Der zweite Mord
Brennbares gestellt, beispielsweise Papier. Er hat damit gerechnet, dass die Kleider schon von sich aus Feuer fangen würden.«
»Keine Spuren von Benzin?«
»Nein. Zuunterst lag ein alter Schlafsack. Darüber haben wir eine Schicht gefunden, bei der es sich offenbar um die Reste einer Baumwolldecke handeln muss. Zuoberst lag eine stark verkohlte Schicht aus dünner Wolle. Und das hier.«
Aus der Tasche seines Jacketts zog er eine dicke Plastiktüte. Darin befand sich etwas, was aus Entfernung einer schwarzen Blume mit vier angedeuteten Blütenblättern glich. Er drehte die Tüte um. Auf der anderen Seite war der Ruß entfernt. Das Silber hob sich deutlich gegen den Ruß ab.
»Das ist eine Schwesternbrosche.«
Andersson holte hörbar Luft. Beunruhigend schnell wurde er hochrot. Ohne es zu bemerken, fuhr Malm fort:
»Ich habe bei der Schwesternschule nachgefragt. Das ist eine Brosche vom Sophiahemmet in Stockholm.«
Malms stolzes Lächeln verschwand von seinen Lippen, als er den seltsamen Gesichtsausdruck der anderen bemerkte. Andersson wirkte, als habe ihn der Schlag getroffen. Er holte ein paar Mal tief Luft, der vergebliche Versuch, Puls und Blutdruck zu senken. Malm saß schweigend da und wartete darauf, dass sein seltsamer Anfall vorübergehen würde. Andersson starrte auf die Schreibtischplatte und sagte mit beherrschter Stimme:
»Entschuldige, Svante. Diese verdammte Krankenschwester spukt hier schon die ganze Zeit herum.«
Malm war schon zu lange im Geschäft, um irgendwelche Fragen zu stellen. Er nickte nur und fuhr fort:
»Dieser Wollstoff, der zuoberst auf dem Kleiderstapel lag, ist interessant. Ich habe ihm gestern den gesamten Nachmittag gewidmet. Die Fasern auf Marianne Svärds Kittelbluse sowie die Fäden, die du, Tommy, an einem Ast gefunden hast, scheinen mit größter Wahrscheinlichkeit von demselben Wollstoff zu stammen. Wahrscheinlich hat es sich um ein Kleid gehandelt. Wir haben auch Knöpfe und etwas, was mutmaßlich ein Gürtel aus demselben Stoff war, gefunden.«
Falls Malm sich eingebildet hatte, dass seine Entdeckung die Polizisten erleichtern würde, hatte er sich getäuscht. Diejenigen, die um den Tisch herum saßen, legten unterschiedliche Grade der Resignation an den Tag. Irene sah den Mann von der Spurensicherung eine Weile lang an.
»Das ist merkwürdig. Plötzlich sind wir wieder da, wo wir angefangen haben. Bei der Löwander-Klinik und bei dieser Schwester Tekla, die spukt.«
»Als Verantwortlicher für die Spurensicherung will ich nur darauf hinweisen, dass meine Ergebnisse auf einen höchst lebendigen Mörder hindeuten. Das Talkumpuder an den Unterarmen des Opfers deutet daraufhin, dass der Mörder Gummihandschuhe benutzt hat. Fäden und Stoffreste beweisen das Vorhandensein eines höchst wirklichen Wollkleides, das der Mörder getragen hat. Die Brosche ist ebenfalls wirklich. Ganz zu schweigen vom Mord an Marianne«, sagte Malm.
»Danke für diese Worte«, sagte der Kommissar scharf.
Er warf Irene einen viel sagenden Blick zu. Das Gerede von Gespenstern hatte hiermit ein Ende zu haben. Irene hatte allerdings nie gemeint, dass es sich wirklich um ein Gespenst handeln könnte, ließ aber die Sache auf sich beruhen. Stattdessen sagte sie:
»Ich habe das Gefühl, dass es bei der ganzen Angelegenheit irgendwie um die Löwander-Klinik geht. Der Mord an Marianne. Gunnela Häggs und Linda Svenssons Verschwinden. Der Brand … alles hat, glaube ich, irgendwie mit diesem Krankenhaus zu tun.«
»Dann finde ich, dass du heute zur Löwander-Klinik fahren und dich dort umsehen solltest. Tommy kann weiter nach dieser Vogelfrau suchen. Der Himmel weiß, ob sie wirklich so wichtig ist«, sagte der Kommissar säuerlich.
Irene glaubte, dass Gunnela Hägg sehr wichtig war, ohne richtig erklären zu können, warum.
Irene saß eine Weile am Schreibtisch und starrte dumpf auf den Bildschirm ihres Computers. Geistesabwesend trank sie in keinen Schlucken den vierten Becher Kaffee des Morgens. Das Koffein hatte den gewünschten Effekt. Ihre Gedanken klärten sich allmählich, und plötzlich erkannte sie, welches offene Ende sie noch nicht entwirrt hatten. Nicht nur Marianne Svärd war vor knapp einer Woche gestorben, sondern auch Nils Peterzén. Dieser war sehr wohlhabend gewesen. Es bestand die Möglichkeit, dass der alte Bankier das vorgesehene Opfer gewesen war. Marianne Svärd war dem Mörder nur in die Quere geraten.
Irene ließ sich diese Idee durch den Kopf gehen. Sie
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