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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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geschickt, um nachzusehen!«
    Geduldig sagte Irene:
    »Was nachzusehen?«
    »Die Leine! Die Flaggenleine!«, explodierte Bengtsson.
    »Was ist mit der Flaggenleine?«
    »Jemand hat ein ordentliches Stück von der Leine abgeschnitten! Ich wollte deswegen auf den Speicher und nachsehen. Die Bu… Polizisten wollten mich aber … nicht zu ihr lassen. Ich habe gesagt, dass ich da rein muss. Aber sie ließen mich nicht.«
    »Aber wieso wollten Sie Linda sehen?«
    »Nicht Linda! Die Leine! Die Leine, an der sie hängt! Ich glaube, dass sie an einem Stück von dieser hier hängt.«
    Er hielt Irene die Rolle hin und diese nahm sie erstaunt entgegen. Die Leine war stabil, aber gleichzeitig weich und elastisch. Perfekt, um jemanden zu erdrosseln.
    »Sie könnten Recht haben. Wir gehen hoch und kontrollieren das«, sagte sie.
    »Ich kann nach oben gehen und die Leine überprüfen, dann könnt ihr euch unterhalten«, sagte Tommy.
    Er nahm die Rolle und verschwand durch die Tür.
    Bengtsson trocknete sich mit einem gebrauchten Taschentuch die Stirn, das er aus einer der unzähligen Taschen seines Blaumanns fischte. Er nutzte die Gelegenheit, sich die Nase zu putzen, wo er es jetzt schon einmal hervorgezogen hatte, und lächelte Irene dann an.
    »Tasse Kaffee?«
    »Danke, gerne.«
    Gott segne diesen Mann! Es war wirklich höchste Zeit für einen Kaffee.
    »Setzen Sie sich.«
    Er deutete auf den wackligen Küchenstuhl und verschwand, um Wasser in die Kaffeekanne zu füllen.
    Während das Wasser langsam durch den Filter lief und sich ein wunderbarer Kaffeeduft in dem Kellerraum verbreitete, suchte Bengtsson Becher und Kekse hervor. Er strahlte eine Rastlosigkeit aus, die sie bisher noch nicht an ihm bemerkt hatte. Irene sah, dass er seinen weißen Becher mit der Aufschrift »I’m the boss« auf den Tisch gestellt hatte. Schließlich ließ er sich erneut auf den Schreibtischstuhl sinken, zog das Taschentuch hervor und trocknete sich wieder einmal die Stirn.
    »Sie müssen verstehen … heute Morgen kam ein Polizist mit dem Seitenschneider, den sie im Bach gefunden hatten. Neben der toten … Mama Vogel. Wer, zum Teufel, kann nur auf die Idee kommen, die Ärmste umzubringen?«
    Er trocknete sich mit dem Taschentuch die Stirn.
    »Der Seitenschneider gehört der Klinik. Ich bin mir ganz sicher. Und ich habe noch hier unten nach einer Zange gesucht, die der Mörder benutzt haben könnte, um das Notstromaggregat lahm zu legen. Aber da konnte ich den Seitenschneider nicht finden. Er fehlte im Werkzeugkasten.«
    Entrüstet deutete Bengtsson auf den Werkzeugkasten, der in einem Regal stand.
    »Der war also seit dem Mord an Marianne verschwunden«, stellte Irene fest.
    »Ja.«
    Bengtsson stand auf, um den Kaffee einzugießen.
    »Heute Nacht konnte ich nicht schlafen. Es ging mir so viel durch den Kopf. Wissen Sie, erst der Mord an Marianne, dann der an dieser armen Vogelfrau. Ich fand es gemein, dass der Mörder hier in mein Zimmer gekommen ist, um sich seine Mordwaffe zu holen.«
    Er unterbrach sich, als vor der Tür Schritte zu hören waren. Tommy kam zurück.
    »Sie hatten Recht. Es ist dieselbe Leine«, sagte er ernst.
    Bengtsson nickte schwer, als hätte er das die ganze Zeit gewusst. Er goss Tommy ebenfalls Kaffee in einen Becher und setzte seinen Bericht fort.
    »Heute Morgen hatte ich ausnahmsweise verschlafen. Als ich ins Haus kam, sprang mich als Erstes ein großer Schäferhund im Korridor an! Er war zwar angeleint, aber trotzdem! Ich habe gefragt, was los ist, und da sagte der Polizist mit dem Köter, dass sie nach Linda suchen würden. Ich habe wohl einen Schock bekommen. Dass sie hier im Haus sein sollte … Ich bin nach unten gegangen und … habe wohl nichts Vernünftiges getan. Nach einer Weile ging ich hoch und habe gehört, dass im OP-Trakt irgendwas los ist. Da hatten Sie sie gefunden … Linda.«
    »Haben Sie Linda gut gekannt?«
    »Ich kenne alle hier. Wir haben ab und zu ein paar Worte gewechselt. Sie war immer so munter und gut gelaunt. Ich verstehe nicht, wie ihr jemand so etwas antun kann … oder den beiden anderen. Unfassbar!«
    Er schüttelte den Kopf und sah traurig aus.
    »Wieso haben Sie an die Flaggenleine gedacht?«
    »Als ich oben im OP-Trakt war, hörte ich, dass sie … dort in dem Speicherraum hängt. Eine der OP-Schwestern erzählte es. Da fiel mir etwas ein.«
    Er verstummte und sagte dann jedes Wort betonend:
    »Ich dachte, wenn dieses Schwein schon mal seine Mordwaffe hier aus meinem Zimmer gestohlen

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