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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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wahrscheinlich.«
    Sie ließen den unordentlichen Schreibtisch hinter sich und traten aus der Wohnung. In der Tür drehte sich Irene noch einmal um und sagte leise:
    »Glaubst du, dass Löwander überhaupt noch zu Hause schläft?«
    »Sieht nicht danach aus. Wir treffen ihn hier schließlich meist schlafend an.«
     
    »Wir sollten Andersson suchen und fragen, ob die anderen auf was gestoßen sind«, sagte Tommy.
    Sie standen vor der Tür des kleinen Personalaufzugs, der gerade auf dem Weg nach oben war. Plötzlich wurde die Tür zum OP-Trakt aufgerissen, und die junge Schwester, der sie bereits begegnet waren, trat auf sie zu.
    »Der mit dem Hund will, dass Sie kommen«, sagte sie.
    Sie folgten der Schwester durch den OP-Trakt. Jetzt eilten mehrere Schwestern zwischen den Betten im Korridor hin und her. Schuldbewusst fiel Irene ein, dass weder sie noch Tommy daran gedacht hatten, einen Plastikschutz über die Schuhe zu ziehen. Die Schwestern sahen sie missbilligend an. Irene beschleunigte ihre Schritte.
    Vor der Tür am anderen Ende des Korridors stand der Hundeführer mit seinem Schäferhund. Der Hund schaute nicht zur Seite, als Irene und Tommy ins Treppenhaus traten. Er hielt den Blick fest auf eine unscheinbare Tür direkt neben dem Aufzug gerichtet. Ein Knurren war tief aus seiner Kehle zu vernehmen.
    Irene wandte sich an die Schwester.
    »Wohin führt diese Tür?«
    »Sie führt auf einen alten Speicher«, antwortete die Schwester mit unsicherer Stimme.
    Sie schluckte, ehe sie weitersprach:
    »Er dient als Abstellraum. Sachen, von denen man nicht so recht weiß, was man mit ihnen machen soll. Christbaumschmuck und so.«
    Sie sah vom Hund auf die Tür.
    »Herrgott! So was … das ist Schwester Teklas Speicher. Ich meine … der Speicher, auf dem sie sich das Leben genommen hat.«
     
    Es hatte den Anschein, als würde sie knien. Ihre Leiche hing etwas vornübergebeugt in der Schlinge, ihre Knie und Schienbeine schleiften auf dem Fußboden.
    Unter dem Fenster stand ein Küchenstuhl, der umgestoßen war, und daneben lag die rote Daunenjacke. Das Licht der nackten Glühlampe unter den Dachbalken wurde von ihrem langen Haar reflektiert, das ins Gesicht gefallen war und dieses fast ganz verdeckte.
     
    Starke Scheinwerfer beleuchteten die Leiche von Linda Svensson. Sie hing immer noch am Dachbalken. Der deutliche Leichengeruch auf dem Speicher legte nahe, dass es mit dem Herunterschneiden keine Eile hatte. Die Männer von der Spurensicherung fotografierten die Tote von allen Seiten.
    Polizisten standen vor dem Speicher und betrachteten das Bild durch die offene Tür. Die Stimmung war gedrückt, und niemand sagte ein Wort.
    Der Bettenaufzug surrte. Er blieb stehen, und die Türen wurden mit Schwung geöffnet.
    »Bald kann ich hier in der Löwander-Klinik eine Filiale der Gerichtsmedizin eröffnen!«, verkündete Yvonne Stridner.
    Es war möglich, dass sie tatsächlich zu scherzen versuchte, aber keiner der Polizisten fand es witzig. Ungerührt trat sie in den Speicherraum und betrachtete eingehend die hängende Leiche. Sie stand nachdenklich da und sah den Männern von der Spurensicherung zu, die gerade ihre Arbeit beendeten. Dann ging sie zu der Gruppe der Polizisten zurück. Ihre Miene war sehr ernst.
    »Unser starker Mörder hat wieder zugeschlagen. Es ist schwer, eine Leiche hochzuziehen, auch wenn die Tote in diesem Fall nicht ganz ausgestreckt hängt. Was mich erschreckt, wenn ich an diese drei Opfer denke, ist die ungewöhnliche Kälte, die diese Morde prägt. Roh und ohne zu zögern hat der Mörder seine Taten verübt.«
    »Meinen Sie auch den Mord an der Stadtstreicherin?«, wollte Andersson erstaunt wissen.
    »Ja. Schon der erste Schlag war perfekt. Er tötete augenblicklich. Das Opfer konnte keinen Laut mehr von sich geben. Anschließend wurde die Leiche in den Durchlass unter der Brücke geschleift und dort versteckt. Das nenne ich kaltblütig! Stellen Sie sich vor, es wäre jemand gekommen!«
    »Und der Mord an Marianne?«
    »Dasselbe. Kräftig erdrosselt mit schneller Todesfolge. Die Leiche wird an einer Stelle versteckt, die der Mörder ohnehin aufsuchen wollte, um den Strom lahm zu legen. Eiskalt!«
    Ausnahmsweise schien der Kommissar mit der Stridner einer Meinung zu sein. Er nickte düster in Richtung des hängenden Leichnams. »Wie lange ist sie schon tot?«
    »Der Dachboden ist nicht geheizt, aber die Temperatur hier war sicher nicht unter null. Ich schätze etwa eine Woche.«
    »Sie starb also

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