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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Hause ans Telefon ging.
    »Guten Morgen. Hier ist Irene Huss von der Kripo. Ich frage mich, ob sie heute kurz Zeit für mich hätten?«
    »Ja, das geht«, entgegnete Carina rasch.
    »Könnten wir jetzt sofort kommen?«
    »Natürlich.«
    Sie klang munter und ausgeruht. Wahrscheinlich hatte sie schon das erste Training des Tages und ihr Frühstück bestehend aus biodynamischer Weizenkleie und sonnengereifter Grapefruit hinter sich. Danach hatte sie vermutlich eiskalt geduscht, ein unauffälliges Make-up aufgelegt und eine Armani-Jacke oder ein anderes bezauberndes Markenkleidungsstück übergezogen.
    Irene fand diese Überlegungen selber überflüssig. Sie war ganz einfach eifersüchtig auf Carina Löwander. Hübsch, fit und ein BMW. Und außerdem war sie mit Sverker verheiratet.
     
    Irene parkte den Dienstwagen, einen fast neuen Ford Fiesta, im Hellblau der schwedischen Flagge, auf der asphaltierten Auffahrt vor dem Garagentor. Das große Haus in den klaren Linien der Dreißigerjahre war in einem warmen Apricot verputzt. Fensterrahmen und Türen waren passend in einem rotbraunen Ziegelton gestrichen.
    Carina Löwander öffnete die Haustür fast im selben Augenblick, in dem die beiden Polizisten klingelten. Sie sah genauso unverschämt fit aus, wie Irene es sich vorgestellt hatte.
    »Hallo. Kommen Sie doch rein. Ich habe Kaffee aufgesetzt. Nehmen Sie eine Tasse?«
    »Ja, danke«, erwiderten sie wie aus einem Mund.
    Carina ging durch die Diele voran und deutete ins Wohnzimmer, das Irene sofort ›Weißes Meer‹ taufte.
    Das Zimmer war groß und luftig. Das Licht fiel durch zwei riesige Kippfenster herein, die von dünnen weißen Seidengardinen umrahmt wurden. Die Wände waren blendend weiß, ebenso die Sitzgruppe aus Leder und die weißen Felder des abstrakt gemusterten schwarzweißen Wollteppichs. Dieser Teppich ist sicher gut zehn Quadratmeter groß, dachte Irene. Zu schwer, um sich noch zum Klopfen nach draußen tragen zu lassen. Es sollte doch eine elfjährige Tochter im Haus geben? Irene erinnerte sich, wie es bei ihnen ausgesehen hatte, als die Zwillinge in diesem Alter gewesen waren, Krümel von Butterbroten und Chips überall auf den Teppichen. Aber diesen Teppich musste man vielleicht gar nicht ausklopfen, da sich nirgends erkennen ließ, dass sich jemals Erwachsene oder Kinder in diesem Zimmer aufhielten. Alles war klinisch weiß und rein. Kalt und perfekt.
    An den Wänden hingen drei riesige Gemälde. Alle drei hatten eine unterschiedliche Farbgebung, jedoch dasselbe Motiv – große Wellen auf dem Meer. Auf einem der Gemälde brach sich das Sonnenlicht tief in einer Woge, in einem glühend-türkisgrünen Schimmer.
    Carina tauchte mit einer Kaffeekanne in der einen Hand und drei weißen Steingutbechern in der anderen in der Türöffnung auf. Die Becher hielt sie alle drei in einem festen Griff um die Henkel.
    »Milch und Zucker?«
    Sowohl Irene als auch Tommy lehnte ab. Nachdem sie den Kaffee in die Becher gefüllt hatte, ließ sich Carina in einen der Sessel sinken. Sie trug schwarze Stretchhosen, ein schwarzes Seidentop und eine leuchtend blaue Jacke aus Wildleder in der Farbe ihrer Augen. Die Haut war sonnengebräunt und makellos. Ihr Gesicht hätte das eines Fotomodells sein können. Aus der Nähe sah man, dass sie an die Dreißig war, aber niemand wäre auf die Idee gekommen, dass sie bereits ihren sechsunddreißigsten Geburtstag hinter sich hatte. Irene fiel es zwar schwer, aber sie musste zugeben, dass Carina Löwander eine sehr schöne Frau war.
    »Sie hatten Glück, dass Sie an einem Donnerstag angerufen haben. Mittwoch und Donnerstag fange ich erst um zwölf an. Aber dafür arbeite ich dann bis zehn Uhr abends. Am schlimmsten ist es dienstags: Da bin ich den ganzen Tag bei den Betriebsärzten und am Abend im Fitnessstudio«, sagte Carina.
    »Klingt anstrengend. Wir haben einige Angaben, die wir überprüfen müssen. Reine Routine. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen?«, sagte Tommy.
    »Natürlich nicht. Kein Problem.«
    »Können Sie uns etwas genauer erzählen, was für einer Arbeit Sie nachgehen?«
    »Ich habe zwei. Zum einen bin ich verantwortlich für eine Reha-Gruppe bei den Betriebsärzten. Die restliche Zeit kümmere ich mich um das Training und das Aerobicprogramm in einem Fitnessstudio. Das macht mir am meisten Spaß. Aber bei den Betriebsärzten kann ich meine Ausbildung besser einbringen.«
    »Ich habe gehört, dass Sie Krankengymnastin sind.«
    »Ja. Aber nach einigen Jahren hatte ich

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