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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Ägypter hatten Petersson schon 1989 ein Grabungsverbot erteilt, nachdem man einen französischen Mitarbeiter aus einem seiner Grabungsteams an der jordanischen Grenze mit dem Kopffragment einer Königsstatue aus herrlichem Rosengranit im Kofferraum erwischt hatte. Im Jahr 1992 erteilte Ägypten Petersson dann ein generelles Einreiseverbot.
    »Das muss man bezweifeln«, bemerkte Sofi. »In seiner Küche hängt ein Foto von ihm, das ihn vor dem Ägyptischen Museum in Kairo zeigt. Dieses Bild kann erst Ende der neunziger Jahre nach dem Anschlag entstanden sein.«
    Barbro nickte. »Das behaupten die von der Säpo auch. Es ist nicht bekannt, ob er sich durch Bestechung den Weg ins Land zurückgekauft hat, oder ob es andere Abmachungen gibt.«
    Kjell entschied, dass sie sich an den Amtsnachfolger von Petersson in Uppsala wenden sollten, um herauszufinden, was vor zwölf Jahren zu Peterssons Rücktritt geführt hatte. Sofi wollte das übernehmen.
    »Der Tatort selbst gibt uns eine Reihe von Rätseln auf«, meinte Kjell. »Da wird dieser Mann nach all seinen Abenteuern in fernen Ländern zu Hause an seinem Schreibtisch in seinem Morgenmantel ermordet.«
    »Wie war denn der Rest der Wohnung?«, wollte Barbro wissen.
    »Der Flur ist ein langer Schlauch, die Zimmer sind wie an einer Kette daran aufgesäumt.« Kjell skizzierte den Grundriss auf einem Blatt Papier. »Eigentlich recht schön. Der Eingang liegt in der Mitte, nach links am einen Ende des Flurs kommt man zum Arbeitszimmer, in der anderen Richtung ist das Wohnzimmer, dazwischen Küche und Schlafzimmer. Das ist im Vergleich zu den anderen Zimmern klein. Man kann das Bett auf vernünftige Weise nur vom Fußende aus betreten, muss also hineinhechten oder draufkrabbeln. Sonst sah es so aus wie bei mir, wenn man Linda und ihre Bilder einmal wegrechnet. Eine geschmackvolle Mischung aus Büchern und ein paar Möbeln.«
    Sofi und Barbro grinsten sich an.
    »Glaubst du, er hat allein dort gewohnt?«, fragte Sofi und wischte sich mit dem Finger über die Nasenspitze, um die Grimasse aus ihrem Gesicht zu verscheuchen.
    »Warum sollte er nicht?«
    »Die Wohnung war so sauber. Bis auf die Küche war alles frisch geputzt. Ist dir das nicht aufgefallen?«
    »Doch, nirgendwo Staub.«
    »Kjell hat ja auch eine Putzfrau«, lachte Barbro. »Oder sogar zwei, wenn man Linda dazurechnet.«
     
    Sie saßen noch eine halbe Stunde zusammen. Das Gespräch wendete sich dem sonderbaren Passwort und dem Computer zu. Der Zettel mit dem Passwort war ein langer Papierstreifen und hatte das Format eines Kassenbelegs, wie man ihn am Ende eines Weihnachtseinkaufs im Supermarkt in die Hand gedrückt bekommt. Darauf standen fünfzig Zeilen mit je fünf Hieroglyphen, ein ordentliches 50×5-Gitter mit Trennlinien, die mit dem Lineal gezogen waren. Offenbar hatte Carl Petersson die Zeichen mit der Hand geschrieben, denn einige wiederholten sich zwar, sahen aber nie ganz identisch aus. Der Vergleich mit anderen Notizen legte nahe, dass die Hieroglyphen aus seiner Hand stammten, aber man konnte sich dabei nicht so sicher sein wie bei einer normalen Handschrift.
    Dieses Rätsel würde zu Sofis Aufgaben gehören, denn es kam nicht nur ihrer Neigung für Ägypten entgegen, vor allem brachte sie alle Fähigkeiten in Mathematik und EDV mit. Sofi war keine angelernte Computerspezialistin wie die meisten IT-Spezialisten. Sie hatte sich das Programmieren und Zusammenschrauben von Computern seit ihrem zwölften Lebensjahr in ihrem Zimmer auf dem värmländischen Bauernhof von der Pike auf selbst beigebracht. Bei ihrem Anblick ahnte man davon nichts. Heute sah sie zum Beispiel in ihrem schlichten schwarzen Rock und dem Pulli in der gleichen Farbe aus, wie Amerikaner sich eine französische Galeristin vorstellten. Obwohl er sie kaum ein halbes Jahr kannte, glaubte er sagen zu können, dass ihr seit ihrem Umzug nach Stockholm vor drei Jahren andere Dinge wichtiger geworden waren als der ganze Jungskram. Bei der Polizei hatte man von Sofis Talent erst diesen Sommer erfahren. Sie hatte nämlich noch ein weiteres Talent, das Herumpfuschen an selbst begangenen Fehlern und das daran anschließende Heraufbeschwören von Katastrophen. Nur ihre drei Kollegen kannten Ausschnitte aus Sofis virtuoser Vergangenheit an der Computertastatur. In der Praxis wurde von ihrem Können selten Gebrauch gemacht. Es machte sich vor allem in unscheinbaren Details bemerkbar. Zum Beispiel liefen außer den Taschenlampen so gut wie alle

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