Der zweite Tod
stromverbrauchenden Geräte bei der Gruppe und in Sofis Haushalt mit Linux. Den Unterschied zwischen ihm und ihr hatte Kjell inzwischen begriffen. Wenn er eine Glühbirne wechselte, die dann nicht brennen wollte, zweifelte er an seinen Fähigkeiten. Passierte das Sofi – was noch nie vorgekommen war dann würde sie zuerst an den Fähigkeiten der Glühbirne zweifeln.
Nach der Besprechung rief Sofi am Lehrstuhl für Orientalistik in Uppsala an. Es gelang ihr noch, ihren Namen und ihr Anliegen vorzutragen, bevor die Sekretärin Margareta Widell die Führung übernahm, was sich auch gleichzeitig als Verabschiedung herausstellen sollte. »Der Herr Professor hält am Vormittag seine Vorlesung«, begann sie. »Dann wird er eine Weile außer Haus sein. Im Anschluss nimmt er an der Dekanatssitzung teil, und am Nachmittag hält er sein Seminar ab. Ihr könnt es um kurz vor drei probieren, vielleicht hat er vor dem Seminar ein paar Minuten Zeit, aber ich kann es euch nicht versprechen.«
Sofi erwähnte noch einmal, dass sie von der Reichsmordkommission sei, aber für Margareta Widell unterstand die Welt einer anderen Hierarchie. Sofi beendete das Gespräch und beratschlagte sich mit Barbro.
»Du darfst dich nicht immer so überrumpeln lassen«, fand Barbro. Dann rief sie bei der Polizei in Uppsala an und bestellte Widell und Professor Tivéus noch für diesen Tag zum Verhör nach Stockholm.
Sofi nahm sich vor, bei der Vernehmung richtig hartnäckig zu sein.
Nach dem Telefonat zogen Kjell und Sofi durch den weitläufigen Gebäudekomplex zum Büro von Sten Haglund, dem Chef der Reichskriminalpolizei.
»Ich möchte, dass du dich ganz auf diese Computergeschichte und das Passwort konzentrierst«, sagte er auf dem Weg dorthin. Sofi nickte. »Henning soll sich die Wohnung vornehmen und die schriftlichen Unterlagen. Barbro sucht nach Personen, die Petersson gekannt haben.«
Auch Agneta Norrbeck war bei der Besprechung anwesend. Sie war die Chefin der Polizei von Stockholm und seit Jahr und Tag mit Kjell befreundet. Zu Kjells Erstaunen war auch Nils Kullgren, der Chef der Säpo, an Petersson interessiert.
»Schön, dass ihr alle Zeit habt«, sagte er zur Begrüßung. »Wo ich doch nur eine kleine Raute in eurem Organigramm bin.«
Sofi war wie immer aufgeregt, wenn sie mit der versammelten Chefetage in einem Raum saß. Bis zum Februar hatte sie als Schutzpolizistin im Revier in Norrmalm gearbeitet und diese Leute hier nur von Fotos aus Svens kpolis gekannt. Sie betrachtete den Saum ihres Rockes. Fang jetzt nicht an, daran herumzuspielen, dachte Kjell. Ihr Kleiderschrank barg eine übersichtliche Sammlung kleiner Kostbarkeiten, dunkle Röcke und schlichte Blusen, nur im Frühling wagte sie auch mal etwas Hellblaues. Ihre Mitmenschen hatten oft Gelegenheit mitanzusehen, wie sehr sie jedes einzelne Stück davon liebte. Ihr Anblick konnte einem die Gedanken entwirren und ordnen helfen, andererseits aber auch neue Verwirrung stiften.
Kjell erzählte nun bereits zum zweiten Mal, was sie in der Västmannagatan vorgefunden hatten, diesmal jedoch so langsam und ausführlich, dass Sten nicht in Versuchung geriet, alles noch einmal zu wiederholen. Einen wie Sten, der erst 1994 die Lederkrawatte aufgegeben hatte, durfte man keinesfalls mit zu vielen Neuigkeiten auf einmal überfahren.
»Wir hatten Petersson bis vor zwei Jahren im Visier«, gab Kullgren preis.
»Ja«, sagte Sten, ganz Fels in der Brandung. »Das ist auch der Grund, weshalb die RKP den Fall an sich gezogen hat. Wir haben nichts wirklich Fassbares über diesen Mann, aber seine Kontakte in den Nahen Osten sind so mannigfaltig und obskur, dass sein Tod von höchstem Interesse für die RKP ist.«
Damit wollte er vor allem ausdrücken, dass die Säpo ihre Chance gehabt hatte.
Die Besprechung dauerte nur kurz. Der wichtigste Punkt war, dass es über Peterssons Tod vorerst keine Pressemitteilung geben würde. Kjell bat darum, dass Viktorias Team weiterhin die Befragung der Nachbarschaft und die Auswertung übernehmen durfte.
5
Der Professor und seine Sekretärin trafen kurz vor Mittag aus Uppsala ein. Margareta Widell sah man diese Lektion fürs Leben deutlich an, aber vielleicht blickte sie auch immer so leidend. Der Professor hingegen wirkte wider alle Erwartung freundlich und nicht im Geringsten erbost. Er ließ sich entspannt auf dem Besucherstuhl nieder und schlug voller Erwartung die Beine übereinander. Seine Haare waren so schlecht geschnitten, dass sich an
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