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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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verraten, wie die Polizei die Wohnung vorgefunden hatte. Sie hatten nur ihrer Version zugehört.
    »Es ist ganz einfach«, sagte Barbro. »Jemand war nach ihr da.«
    Kjell rieb sich die Augen.
    »Die Wohnung gegenüber«, fuhr Barbro fort. »Jetzt haben wir den Beweis, dass jemand Peterssons Arbeitszimmer von dort aus beobachtet hat.«
    »Beweis kann man das nicht gerade nennen«, fand Henning.
    »Es deckt sich mit dem pathologischen Befund. Sie könnte ihm den Öffner ins Rückenmark gerammt haben. Auch ihre Behauptung, dass sie die Klinge herausziehen wollte, entspricht den Verletzungen an der Wirbelsäule. Ihre Aussage passt durchaus in die Spurenlage.«
    »Aber die Aussage hat in der Spurenlage viel zu viel Platz. Es ist mehr passiert, als sie getan haben kann.« Kjell stand mit einem Ruck auf. »Ich blase die Aktion in Kairo ab. Der Säpo-Mann tappt in eine Falle.«

36
    Der Taxifahrer war ein ungewöhnlich stiller Mann und roch wie sein Taxi nach dem Duftbäumchen, das am Spiegel baumelte. Sofi überlegte, wie seine Frau das wohl fand, wenn er abends wie ein kanadischer Holzfäller von künstlichem Fichtennadelgeruch durchtränkt neben oder auf ihr lag. In verhaltenem Tempo fuhren sie auf der Straße am Nil entlang. Die Kontaktadresse lag im Stadtteil Maadi, einem Villenviertel ganz im Süden. Dort wohnte jeder, der es sich leisten konnte. Sofi betrachtete den Fahrer in regelmäßigen Abständen und sah dann wieder aus dem Fenster, wo das Nilufer mit den Bergen aus Plastikmüll vorbeizog. Die U-Bahn, die hier draußen schon überirdisch fuhr, überholte sie, fiel zurück und überholte sie erneut. Der Fahrer und seine Fahrweise beruhigten Sofi. Er trug sein Haar drei, vier Zentimeter lang, während alle anderen Männer hier nur Stoppeln auf dem Kopf hatten. Er wirkte weich und ein bisschen indisch. Nirgendwo in der Kabine konnte Sofi Schmutz oder Staub entdecken, als wäre der Wagen erst kurz vor der Fahrt gebaut worden. Ab und zu stieß man in Ägypten auf solche Leute, auch Nuras Seele war ja dünn wie ein Seidentuch. In der Ablage lag ein Lappen bereit, mit dem er nach jedem Kunden die Schwelle polierte.
    Sofi empfand keine Aufregung, nur eine Schwere, die sich kurz nach dem Aufstehen über ihren Körper gelegt hatte. Mit William sprach sie nur das Nötigste. Irgendwie bestand keine Verbindung zwischen ihnen. Sie hatte den Eindruck, als hielte ihn dieser Auftrag von etwas anderem in seinem Leben ab, als wäre er ihm lästig.
    Sofi mochte auch nicht sprechen. Am Abend waren Verwandte und Freunde zu Nura gekommen. Sie hatte mit Nura auf dem Sofa gesessen und den anderen zugesehen. Linda hatte wild getanzt. Sofi hatte nicht gewusst, dass Linda so tanzen konnte. Das Mädchen konnte sich wirklich gehen lassen.
    Die vorbeiziehenden Häuser wurden immer vornehmer, immer europäischer. Zweimal musste der Fahrer am Straßenrand anhalten und sich bei spielenden Kindern nach der Straße erkundigen. Spielende Kinder gehörten in Kairo eigentlich in die Taxifahrergewerkschaft, fand Sofi, falls es so etwas gab. In den Stadtplan hatte sie noch keinen Fahrer einen Blick werfen sehen. Richtige Pläne gab es gar nicht. Niemand war verrückt genug, so etwas zeichnen zu wollen. Immer wurden Kinder gefragt. Oft bekamen sie Geld für ihre Auskünfte, von Ausländern wollten sie hingegen lieber Stifte und Kugelschreiber.
    Das Taxi hielt in der Nähe des Blocks, in dem sich das Haus befinden musste. Der Fahrer hatte während der ganzen Fahrt kein Wort gesprochen und so getan, als säße er allein im Auto. Jetzt blickte er wie ausgeschaltet durch die Windschutzscheibe, ohne sich zu regen. Sofi reichte ihm zweihundert Pfund nach vorn und mietete ihn für den Rest des Tages. Der Fahrer nickte stumm. Andere Fahrer stiegen bei so einem Geschäft kurz aus, um auf der Straße zu tanzen.
    Sie sah William an, der schräg nach hinten in die Richtung blickte, wo das Haus liegen musste. Er machte ihr einen nervösen Eindruck, jedenfalls rührte er sich nicht vom Fleck. Es war drei Minuten über der angegebenen Zeit, aber Minuten hatten in Ägypten keine Bedeutung.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Sofi.
    William ließ die Hände auf die Schenkel sinken. Er trug eine ausgewaschene Jeans und ein T-Shirt mit kurzen Ärmeln. Das war in jedem Fall eine dumme Fahrlässigkeit und ein Zeichen, dass er die Menschen hier trotz seines Arabistikstudiums nicht verstand. So war man hier immer Außenseiter. Sie selbst trug einen langen dunkelbraunen Rock und

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