Der Zweite Tod
kommt. Er ist aufjeden Fall zum Nachteil des Täters. Deshalb frage ich mich, warum er ihn selbst gemacht haben soll.«
Sofi kniff verärgert die Augen zusammen. Alle blickten zu ihr. »Ihr seid zu schnell. Der Mörder hat die Wohnung nach dem Mord verlassen. Und das ist auch sonderbar. Er hat die Tür nicht ins Schloss gezogen.«
Henning strich sich übers Kinn. »Das kann natürlich passieren. Auf der Flucht beseitigt man erst penibel alle Spuren an der Tür, vergisst dann aber, sie zu schließen.«
»In der ganzen Wohnung gibt es keinen einzigen Schlüssel«, sagte Sofi. »Ich musste das Schloss austauschen.«
Henning verzog sein Gesicht. »Das ist in der Tat unheimlich.«
Kjell setzte die Spitze der Kreide an die Tafel. »Welche theoretischen Möglichkeiten gibt es denn, was dort in der Wohnung geschehen sein kann?«
»Es kann ein ganz gewöhnfither Raubmord gewesen sein«, schlug Barbro vor.
Kjell schrieb diese Möglichkeit an die Tafel. Darunter schrieb er als weitere Möglichkeit den Namen Maria. »Henning, kannst du diese Maria finden?«
Hen ning nickte.
»Ich helfe ihm dabei«, verkündete Sofi. »Ich schreibe gleich ein Filter programm, mit dem wir die Personendatenbank abfragen können. Wer von den männl ichen Männern über dreißig im letzten halben Jahr an Krebs gestorben ist und eine Tochter namens Maria hat. Dann muss Henning das nicht mit der Hand ma chen.«
Henning legte das Gesicht in seine Handflächen und nickte. Er ließ all die Stunden in den letzten fünfundzwanzig Jahren vor sei nem in neren Auge vor bei zie hen, die er für sol che Recherchen aufwenden musste, nur weil es keine Computer und keine Sofis gegeben hatte.
»Schließlich haben wir noch Sahlin«, sagte Kjell.
»Ich wollte gleich ins Söderkrankenhaus fahren, wo er wegen seiner Krankheit behandelt wird. Viell eicht wissen die etwas über ihn.«
Sofi hatte ihr Suchprogramm auf den Namen »Akazienmädchen« getauft. Sie wählte immer blumige Namen für ihre Programme aus. Sie hatte schon so viele programmiert, dass der Vorrat an Blumennamen langsam zur Neige ging.
A kazienmäd chen
hatte zwei Marias gefunden. Barbro war gerade auf dem Weg zur ersten. Sofi saß an ihrem Schreibtisch und durchsuchte den In halt von Peters sons Computer, den sie auf ei nes ih rer Notebooks kopiert hatte. Sie zog die Augenbrauen hoch und seufzte. »Es gibt eine Reihe von wissenschaftlichen Programmen und Datenbanken, aber nichts davon wird uns weiterbringen.«
»Gibt es denn keine persönlichen Dateien?«, fragte Kjell.
»Es könnte der Computer jedes belie bigen Alter tumswissenschaftters sein. Er enthält viele alte Texte, Latein, Griechisch, orientalische Sprachen. Die Datenbanken enthalten antike Kunstobjekte mit Bildern davon sowie Angaben über Maße und Stand ort. Das haben andere Leute die ses Berufs sicher auch.« Sie reichte ihm ein Blatt Papier. Es war der Ausdruck einer Datei. »Das ist die neueste.«
Kjell überflog den Text. Es war eine kunsthistorische Beschreibung eines ägyptischen Sarges. Das passte zwar zum Antass, machte Kjell aber nicht schlauer. »Schreib einen Ber icht darüber, und mach dich an die Arbeit mit dem Passwort.«
Sofi stützte den linken Eltenbogen auf die Tischplatte und legte ihr Kinn in die Hand.
»Hast du Bedenken?«, fragte er.
»Es wird nicht so einfach«, nuschelte sie durch die Hand.
»Aber das hast du doch schon als Teenager gemacht.«
»Das ist etwas ganz anderes. Da benutzt man Tricks, und die sind viel banaler, als du dir vorstellen kannst. Aber hier geht es ums Dechiffrieren. Ich bin ja keine Kryptographin.«
Das war eine erstaunliche Bemerkung, fand Kjell. Für jemanden, der sein ganzes Leben kryptographiert hat.
9
In der Pathologie in Solna arbeitete der Chefob du zent Hans Ekeblad auf Hochtouren. Es gab eine Reihe von anderen Todesfällen in Stockholm, die Kjell für dringender hielt. In Alby hatte jemand zwei Afrikaner auf offener Straße erstochen und ihnen Hakenkreuze in die Stirn geritzt. In Nacka hatte ein Betrunke ner ein drei zehnjäh riges Mäd chen angefah ren, das an ei ner Haltestelle nach dem Eistanztraining auf den Bus gewartet hatte, und es zwanzig Meter durch die Luft gewirbelt. Also trat die Gruppe von ihrem Privileg zurück, keine Wartezeiten hinnehmen zu müssen. Kjell machte sich darauf gefasst, dass es mehrere Tage dauern konnte.
Bar bro und Hen ning wa ren noch dabei, die richtige Ma ria aufzuspüren. Viktoria und ihre Kollegen zogen mit dem Phantombild
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