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Der Zweite Tod

Titel: Der Zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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in der Liebe, zwei Dinge, die nur Väter in einem Satz abhandeln konnten.
    Natür lich gab es keine Neuigkeiten.

7
    Ihre Stirn klebte an der eisigen Fensterscheibe. Draußen zogen die nachtschwarzen Felder Frankreichs vorbei. Im Glas spiegelten sich die gelbe Deckenleuchte und fünf leere Sitze. Der Fahrtwind drang durch die alte Fensterdichtung und ließ Wange und Schulter steif werden. Durch das abgewetzte Messing git ter am Boden quoll heiße Luft hinauf. Es roch nach Öl.
    Immer wieder bestürmten sie die Bilder der letzten Nacht. Sie versuchte, ihr Gedächtnis und ihre Gründe zurückzuholen. Doch was vorher da gewesen war, hatte die Nacht ausgelöscht.
    Er fehlte ihr so. An den Morgen, als sie zum ersten Mal neben ihm erwacht war, erinnerte sie sich am liebsten. Oder an ihre gemeinsa men Mit tags pausen in der Bib liothek.
    Wie schnell Wut und Verzweiflung verrauschen können. Er tat ihr jetzt so leid.

8: Mittwoch, 28. November
    Die Ermittlungsgruppe traf sich um sieben Uhr in ihrem Besprechungsraum. Henning brauchte wie jeden Morgen eine ganze Tasse Kaffee lang, um aus seinem Anorak zu kommen. Es war einer von den beigegrauen Blousonjacken, wie sie geschiede nen Männern jenseits der Vier zig an schei nend vom Arzt verschrieben wurden. Barbro hatte es wie jeden Morgen eil ig gehabt. Sie frühstückte und schminkte sich grundsätzlich in der U-Bahn. Man sah ihr morgens also an, ob sie einen Sitzplatz bekommen hatte. Es lag nicht nur an der kleinen Emelie, dass ihr Morgen immer so durchorganisiert war. Sie gehörte auch zu den Menschen, bei de nen zwi schen dem Einstei gen ins Auto und dem Los fah ren nicht mehr als zwei Sekunden verstrichen. Sie hatten am Abend vergessen, die Heizung im Besprechungsraum abzudrehen, und nun war die Luft trocken und stickig. Die Äpfel in der Schale auf dem Tisch rochen reif und süßlich. Barbro kochte eine Kanne grünen Tee, um die zehn Jahre zurückzugewinnen, derer sie sich zwischen ihrem zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr selbst beraubt hatte. Erst ihre Schwangerschaft hatte ih rem ver zwei felt aus schwei fenden Leben ein Ende set zen können. Für die anderen gab es Kaffee. Die Besprechung begann mit Barbros Bericht über Peterssons Bankkonto. Jemand hatte in der Mordnacht zwischen drei und fünf Uhr bei mehreren Bankautomaten eine Summe von insge samt ein hundert tausend Kronen abgeho ben und dazu Peters sons Kredit karte benutzt. Die Aufzeichnungen der Überwachungskameras hatte Barbro bereits angefordert. Petersson konnte das Geld nicht mehr selbst abgehoben haben. Er war zwischen halb eins und halb zwei gestorben. Während Barbro noch berichtete, stand Kjell auf und zeichnete einen Zeitstrahl an die Kreidetafel, die eine ganze Wand des Besprechungsraums einnahm. Es war eine seiner Angewohn hei ten, alle Fak ten in Dia gram men dar zustel len und sich die Zu sam men hänge vi su ell zu er arbeiten.
    Petersson war also vor 1 Uhr 30 gestorben. Der Anruf kam um 1 Uhr 32. Weil die Schutzpotizei wegen des einsetzenden Schneefalls überlastet war, sandte die Einsatzzentrale ausnahmsweise gleich Viktoria und ihre Kollegen zu Petersson. Die Kripo kam um 1 Uhr 58 dort an und betrat die Wohnung unverzüglich. Kjell und Sofi trafen erst gegen drei Uhr in der Västmannagatan ein.
    Sie gingen Vikt orias Eindruck von der Wohnung gemeinsam durch: Jemand hatte Petersson von hinten erstochen, den Brieföffner in die Spülmaschine gelegt und die Maschine eingeschaltet.
    Henning schüttelte den Kopf. »Ich verstehe den Sinn nicht. Es war eine sinntose Handtung, den Öffner in die Spülmaschine zu le gen, denn die Fin gerabdrü cke wurden vor her oh nehin vom Griff abgewischt.«
    »Es gibt auch dumme Menschen«, fand Barbro. »Oder Menschen in Panik.«
    »Die Aktion erscheint überstürzt und nicht durchdacht«, stimmte Kjell zu. »Aber ich möchte bet onen, dass es so erscheint.«
    Barbro hob die linke Augenbraue. »Glaubst du an eine Inszenierung?«
    »Vielleicht. Zumindest zum Teil. Wenn es eine ist, dann müssen wir uns auch fragen, ob der Täter die Inszenierung bereits vor dem Mord so geplant hat oder ob er erst danach darauf gekommen ist, alles so zu arrangieren. Wir müssen auch klären, wel che Spu ren echt und wel che vor ge täuscht sind.«
    »Der Anruf aus Sahlins Wohnung.« Barbro verstummte für eine Sekunde und studierte ihre Notizen. »Wenn Sahlin wirklich in Israel ist, wer hat dann angerufen?«
    Henning nickte. »Der Anruf ist eigenartig, wenn er nicht von Sahlin

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