Der Zweite Tod
Kopf und betrachtete sein Bild. »Du kennst dich aus mit Kunst.«
»Nein. Aber meine Tochter. Sie malt.«
»Wie oft?«, fragte er, zunächst ohne Interesse.
Die Frage erstaunte Kjell. Hätte er nicht lieber fragen müssen, wie gut sie malte? »Tag und Nacht.«
Osbornes Interesse wuchs. »Seit wann malt sie?«
»Seit elf Jahren. Sie war ganz aufgeregt, als ich deinen Namen erwähnte. Ida war es, die sie entdeckt hat.«
Auf Osbornes Gesicht machte sich ein abschätzendes Lächeln breit. »Schick sie vorbei«, sagte er. »Sie kann sich die Bilder ansehen.«
Barbro fluchte. Der Morgenbegann ernüchternd. Der DNAVergleich hatte ergeben, dass die beiden Marias die Wohnung von Petersson nie betreten hatten. Zum Glück hatte Barbro keine Zeit da mit verschwendet, die Frauen ausgie big zu befra gen. Sie rief die beiden an, teilte ihnen mit, dass man sich geirrt habe, und entschuldigte sich für die Störung. Danach wies sie das Labor an, die Proben zu vernichten.
Nun musste sie über legen, wa rum die Su che er gebnislos gewesen war. Sie schlug in der Datenbank nach, wie viele Marias es in Stockholm überhaupt gab. Doch so weit kam sie gar nicht, denn Akazienmädchen antwortete mit einer Rückfrage: Sie sollte die Schreibung des Namens präzisieren. Es gab diesen Vornamen in neun verschiedenen Schreibungen und Variationen. Barbro rief Sofi an und erklärte ihr, welchen Fehler sie began gen hat ten.
»Ich habe nicht aufgepasst«, entschuldigte sich Sofi. »Mein Kopf war so voll. Das Programm findest du auf meinem Rechner. Im Namensfeld gibst du
M-Sternchen-R-Sternchen
ein und führst die Suche noch einmal durch.«
Die neue Suche ergab neben zahlreichem Ausschuss wie Marta, Martin, Maren und Margareta zwei weitere Treffer, eine Mari Svahn und eine Marija Spinoza. Barbro ermittelte die Adressen und brach sofort auf. Die Italienerin war ihre erste Station.
Ihre Wohnung lag im erst en Stock über einem Feinkostgeschäft in Huddinge. Weil das Geschäft ebenfalls Spinoza hieß, ging sie hinein und fragte nach Marija.
Sie war jung und rund und braun wie die Rumkugeln in der Auslage. Barbro fragte, weshalb Marija sich mit einem Jot schreibe, und Marija antwortete in akzentfreiem Schwedisch, dass ihre Mutter Kroatin sei. Der Vater war Italiener und vor zwei Monaten an Prostatakrebs gestorben. Barbro erklärte, dass sie eine Speichelprobe nehmen wolle, da die Polizei in einer Rasterfahndung alle Marias überprüfen müsse, deren Väter vor kurzem an ei ner Krank heit verstorben waren.
Das Probl em war, dass die Maria auf dem Phantombild im Vergleich zu Marija Spinoza dünn wie ein Minzblättchen aussah und ihre Haare um einen knappen Meter kürzer trug. Deshalb beeilte sich Barbro, nach Nacka zu Mari Svahn zu kommen. Sie wohnte in einem freistehenden Haus. Niemand öffnete. Barbro ging um das Gebäude herum und spähte durch die Fenster. Das Haus hatte eine riesige Grundfläche. Das erinnerte sie an Carl Peterssons Wohnung. Auch hier waren die Zimmer aneinandergereiht wie an einer Kette. Der zweite Stock war kleiner, einen Teil der Fläche bildete eine geräumige Terrasse.
Intuitiv wusste sie, dass sie hier richtig war. Die Schreibung des Namens und die Tatsache, dass sie hier niemanden vorfand, fügten sich gut, auch wenn Kjell gerne betonte, dass sich nichts so gut füge wie das Irrsal. Am Haus waren die Rolladen heruntergelassen, und der Briefkasten quoll über. Barbros Intuition wuchs und wuchs.
Sie klingelte beim Nachbarhaus. Eine Frau öffnete und bat Barbro nach wenigen Worten herein. Sie reichte Barbro nicht einmal bis zur Brust.
»Ich kenne Marichen schon seit acht Jahren«, erzählte Frau Vennergren. »Ihre Mutt er ist vor fünf Jahren gestorben und vor kurzem auch der Vater.« Frau Vennergren beschrieb ihn als net ten und zu rück haltenden Mann. Er er krankte schon kurz nach dem Tod seiner Frau an Lymphdrüsenkrebs, der sich über Jahre hin gezogen hatte. Gustav Svahn war Betriebs wirt bei Electrolux gewesen, bevor er vor drei Jahren krankgeschrieben wor den war.
Barbro zeigte Frau Vennergren das Phantombild.
»Das ist sie.«
»Wann hast du sie zum letzten Mal gesehen?«
»Auf der Beerdigung. Vor sieben Wochen. Sie war wohl auch ein wenig froh. Das kann man ja verstehen. Im Grunde hat sie ihr halbes Leben mit einem todkranken Elternteil verbracht. Die finanzielle Belastung das kannst du dir gar nicht vorstellen! Sie haben das Haus, das ist noch lange nicht abbezahlt. Es ist auch viel zu groß für die
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