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Der Zweite Tod

Titel: Der Zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schöpfergott verschwunden. Was blieb, war nass und kalt.
    Jetzt war sie nur noch Mari.
    Viel war das nicht. Sie wusste jetzt, wie wenig das war. Er hatte nicht viel übrig gelassen. Nur seine Überraschung, die hatte ihr gehört. Ihr ganz allein. Nachtschwarz zog der Himmel am Fenster vorbei.

12: Donnerstag, 29. November
    Früh am Morgen brach Sofi nach Uppsala auf. Es hatte wieder angefangen zu schneien. Sie summte im Takt der Scheibenwischer, um später redseliger und offener zu sein. Hinter Knävsta sang sie dann laut. Es war ein värmländisches Lied. Das kannte sie von Bengt, dem Knecht, vom Hof ihrer Pflegeeltern. Sie hatte Jahre gebraucht, um da hinter zu kom men, dass sein värmländisches Liedgut aus lauter sponta nen Eigen kompo sitionen bestand. Davor hatte sie gestaunt, dass er zum Namen jeder aktuellen Liebschaft ein Lied, das genau diesen Namen im Refrain enthielt, auf der Pfanne hatte, wie er es nannte.
    Sie versuchte sich vorzustellen, was der Tag bringen würde. Sie wollte zuerst noch einmal mit Tiveus sprechen und sich in den Archiven des Instituts umsehen. Für den Mittag war ein Ge spräch mit ei nem Ägypto lo gen verabredet, dessen Spezi a lität rätselhafte Inschriften waren. Von diesem Tag erhoffte sie sich Hinweise, die ihr die Entzifferung des Passworts erleichtern könnten.
    Das Gespräch mit Tiveus war kurz und beschränkte sich auf Auskünfte, wo Sofi ihren Mantel ablegen konnte und wo etwas in dem Institut zu finden war. Der Professor stellte ihr eine Studentin zur Seite, eine von der Sorte, wie es sie an jedem Institut und in jeder Schulklasse als Klassensprecherin gibt. In Firmen verwalteten diese Leute immer die Kaffeekasse. Sie half Sofi, Bücher im Zettelkatalog und in den Regalen zu finden. Sofi suchte neben Veröffentlichungen von Petersson gezielt nach Personen, die eng mit ihm zusammengearbeitet hatten. Doch das zu rekonstruieren, erwies sich als mühsam und schwer. Von den jetzigen Angehörigen des Ins tituts hatte kei ner Petersson mehr erlebt.
    Bei ihrer Ausstell ung hatte Linda mitt en im Satz aufgehört, von John Osbornes Porträts zu schwärmen, den Satz jedoch an dieser Stelle wieder aufgenommen, als Kjell ihr am Frühstückstisch erzählte, dass er den Maler später besuchen wollte.
    »Du darfst aber nichts von meiner Auss tell ung verr at en«, flehte sie.
    Er versprach es.
    John Osborne öffnete die Tür und musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. Kjell stellte sich mit Namen und Dienstgrad vor. Osborne sprach leidl ich Schwedisch und wollte wissen, was der Unterschied zwi schen Kri minal und Reichskri minalpoli zei sei.
    »Derselbe wie zwischen County oder State Pol ice und dem FBI«, erklärte Kjell. »Wenn die Reichsmordkommission kommt, ist es im mer be sonders ernst.«
    Osborne nickte.
    Die Atmosphäre in dem Dachatelier glich der in Lindas Zimmer. So fühlte er sich nicht fremd. Osborne war für einen berühmt en Mal er erstaunl ich zut raul ich, ließ ihn ohne weit ere Erklärungen ein und bot ihm einen Platz am Küchentisch an. Außer dem Atelier gab es nur die Küche und zwei weitere Zimmer. Durch die offene Tür sah man in einem der Zimmer ein ungemachtes Bett mit hellblauem Laken.
    Die lange Wand des Atel iers war über eine Höhe von zwei Metern auf ganzer Länge verglast. Die Fensterfront maß mindestens sieben Meter in der Breite und war wie die Dächer all der ande ren Häu ser in diesem architek tonisch so monotonen Stadt teil leicht ge neigt.
    »Schlechtes Licht.« Osborne deutete zur Fensterfront und verfolgte Kjells Blick. Er erzählte, dass hier jemand einige Jahre zuvor die Dachschrä ge durch eine Fenster front ersetzt habe, um eine Kombination aus Wintergarten und Gewächshaus zu schaffen.
    Die Fassade des Hauses blickte nach Südwesten, also schien die Abendsonne ins Atelier. An der Decke verliefen mehrere Rei hen mit Ne on röh ren. Die ses gna den lose Licht fand man auch auf Osbornes Bildern. Kjell bedauerte nun ein wenig, dass Linda immer über ihre Mal erei schwieg, es lag nicht in ihrer Natur, anderen damit in den Ohren zu liegen. In Osbornes Bildern entdeckte er eine gewisse Ähnlichkeit zu ihren Bildern, die er nicht in Worte fassen konnte. Dazu kannte er sich zu wenig aus. Die Gemeinsamkeit lag vor allem darin, dass es konkrete Bilder waren, meist Porträts. Kjell wusste so viel, dass der Unterschied zwischen konkret und abstrakt viel komplexer war, als er sich das als Mal erinnenvater so vorstellte. Osborne und Linda

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