Der Zweite Tod
Anfängern.«
Sofi dachte über Kajsa Björklund nach. Bei der Entzifferung des Passwortes konnte sie ihr wohl nicht helfen, denn Kajsas Artikel beschäftigten sich mit Mesopotamien. Soweit Soft das beurteilen konnte, hatte sich Kajsa nie mit ägyptischen Hieroglyphen beschäftigt. Aber kaum ein anderer Mensch dürfte über Peterssons Denkweise so gut Bescheid wissen wie sie. Sie war seine letzte Assistentin gewesen, und zwar zu der Zeit, als er zurücktrat. Sie musste alles mitbekommen haben.
Sofi suchte im Personenregister nach Kajsas aktueller Adresse. Ihre Befürchtung, dass Kajsa in zwischen ge storben sein konnte, bewahrheitete sich zum Glück nicht. Sie wohnte nun an der Küste in der Nähe von Norrtälje. Tiveus hatte Recht. Kajsa hatte geheiratet und zwei Kinder zur Welt gebracht, die jetzt vier und acht Jahre alt waren.
Kurzerhand setzte sich Sofi ins Auto und fuhr die achtzig Kilometer zur Küste. Hinter Norrtälje wurde die Fahrt beschwerlich. Für die fünfzehn Kilometer ins winzige Södersvik brauchte sie eine halbe Stunde. Die Verbindungsstraße führte am Ufer entlang. Der Meereswind trieb Schneewehen über die vereiste Fahrbahn. Einmal musste sie anhalten und aussteigen, weil sie durch die Scheibe den Rand der Straße nicht mehr erkennen konnte.
Sofi hatte ihren Besuch telefonisch angekündigt. Kajsa war zu Hause und erklärte sich einverstanden, mit Sofi zu sprechen, aber ihre Stimme klang reserviert.
Dann saß Sofi mit feuchten Haarspitzen auf einer schokoladenbraunen Eckcouch. Die Sitzfläche war so riesig, dass schon der Anblick müde machte. Wenn sie sich anl ehnte, pendelten ihre Füße in der Luft. Sofi hatte ihre gesamte Säuglingszeit Anfang der Achzigerjahre auf ebenso einer Couch - wie man Sofas damals nannte - verbracht. Sie konnte auch nicht ausschließen, dass es sich um genau diese handelte. Die beiden Seiten der Couch waren je drei Meter lang. Übers Eck saßen Kajsa und ihr Mann Lasse. Er war Lehrer und hatte heute seinen freien Nachmitt ag. Kajsa war jetzt siebenunddreißig und trug ihr dickes dunkelblondes Haar zu einem Zopf zusammengebunden. Sofi fand sie sinnlich. Ihr Mann war ein vom Küstenwind gegerbtes Muttersöhn c hen. Sein struppiger M e hrtagebart erinnerte Sofi an die Schale ei ner Kokos nuss. Im Super markt streichelte sie manchmal die Kokosnüsse und die Kiwis. Diesen Eindruck riefen aber vielleicht auch die Kokosmakronen hervor, die es zum Pfefferminztee Sie sprachen über Kajsas Jahre als Wissenschaftlerin, die sie nun nicht mehr war. Sofi bekam dabei den Eindruck, dass Kajsa ihrem Mann eine bestimmte Version dieser Jahre serviert hatte. Kennengelernt hatte sie Lasse bereits in dem Jahr, bevor sie die Universität verließ. Wie alle, die akademisch mit Petersson zu tun gehabt hatten, reagierte Kajsa reserviert auf die Nachricht seines Todes. Sofi gab vor, besonders an der wissenschaftlichen Arbeit interessiert zu sein, aber der Name Carl Petersson beraubte Kajsas Ges ten ih rer Neut ra lität, und das sogar recht auffällig. Das persönliche Verhältnis dieser beiden Menschen musste noch viel interessanter sein als ihre wissenschaftliche Zu sam menarbeit.
Nach zwei Tassen Pfefferminztee wandte sich Sofi daher an Lasse: »Ich benötige Kajsas wissenschaftliches Urteil zu einem Do ku ment, das der höchsten Geheim haltungs stufe der Reichskri mi nalpoli zei unterliegt. Ich muss dich also bit ten, uns unter vier Augen miteinander sprechen zu lassen. Sie darf dir auch da nach nichts über dieses Gespräch be richten.«
Lasses Gesichtsausdruck verriet, wie stolz er auf seine Frau war. Kajsa wirkte deutlich erleichtert, nachdem er das Zimmer ver las sen hatte.
»Wir haben ein ganz spezielles Problem bei unserer Ermittlung«, begann Sofi. »Wir müssen entscheiden, ob wir das Motiv für seine Ermordung im persönlichen oder im wissenschaftlichen Bereich suchen müssen. Ich brauche von dir nur eine Hilfestel lung, da mit wir uns Petersson besser vor stel len kön nen. Du musst nicht befürchten, dass etwas davon anderen zu Ohren kom men wird.«
Damit meinte sie die beiden Ohren von Lasse, und Kajsa verstand das auch auf Anhieb. Sie nickte.
Aus Verlegenheit schnappte sich Sofi noch ein Plätzchen vom Teller. »Wie war euer persönliches Verhältnis?«, fragte sie und steckte sich das Plätzchen schnell in den Mund.
Kajsa beugte sich vor zu Sofi. »Wenn du schon so fragst. Wir waren zu sammen.«
»Bis zum Schluss?«, fragte Sofi kauend.
»Carl und Lasse
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