Der Zweite Tod
mehrere Male, bis sie vor ihm saß. Sie schwenkte den Block und hielt ihm die Zeichnung entgegen. O ja, dachte er.
»Mach weiter.«
Sie stand auf und sah sich um. Ohne um Erlaubnis zu bitten, suchte sie sich jetzt ihre Ausrüstung selbst aus. Den Kugelschreiber war sie leid. Das war auch gemein von ihm gewesen. Sie entschied sich für grobes Aquarellpapier, das auf einem Beitisch am Fenster lag. Dazu wählte sie die Pastellstifte.
Sie hockte sich wieder an dieselbe Stelle dicht vor ihm. Er streckte die Beine aus, und sie stellte ihr rechtes bald darüber. Mit dem rechten Fuß stieß sie gegen die Stehlampe, bis sie mit dem Lichteinfall zufrieden war. Den Block bal ancierte sie auf ihrem Schoß, als sie die rechte Hand nach ihm ausstreckte und die Knöpfe seines Hemdes öffnete.
Sie deutete sein Grinsen als Er munte rung und er widerte es. Sie schlug sein Hemd auf und drapierte sich interessante Falten. Er war froh, dass ihr die Falt en in seinem Gesicht nicht genüg ten.
Sie arbeitete in hohem Tempo. Sie hatte eine schwierige Perspek tive gewählt mit al ler lei optischen Ver kürzun gen. Auch das Licht erschien ihm anspruchsvoll. Natür lich wollte sie zeigen, was sie konnte. Nachdem sie die Kontur beendet hatte, begann sie, immer wieder die Farbe zu wechseln. Dabei lehnte sie den Block gegen ihre Brust, hob ihren Hintern und drehte sich mit dem Oberkörper zur Seite, um an die Schachtel mit den Stiften zu gelangen. Sie achtete darauf, sein Bein bei je dem Fa rb wech sel un ab sicht lich mit dem Fuß zu berühren.
Nach zwanzig Minuten schien sie bald fertig zu sein. Mittlerweile stand ihr rechtes Bein aufrecht. Es lag auf seinen Knien und schmiegte sich nachdrücklich an ihn. Sie war kurz davor, mit ihren Zehen gegen seine aufgestützte Hand zu stoßen.
Zug um Zug entdeckte sie ihre Reize und spielte sie sofort aus. Als entdeckte man in der Tasche einer ausrangierten Hose einen Hunderter und verspürte sogleich den Drang, ihn auszugeben.
Sie sah sich um und entdeckte einen Pinsel. Offenbar wollte sie das Bild zum Schluss lavieren und suchte nach etwas Flüssigem, aber sein Weinglas war leer. Sie erinnerte sich an die Teetasse und drehte sich erneut mit dem Oberkörper weg. Diesmal musste sie sich weiter drehen und strecken. Sie merkte, dass sie die Tasse so nicht erreichen konnte. Sie hob ihren Hintern und wollte von ihm wegkrabbeln. John fand, dass es für sie an der Zeit war, etwas über das Leben zu begreifen. Er streckte beide Hände aus und packte sie am Bund ihrer Hose, die weit war und locker auf ihren Hüften saß. Linda erstarrte in ihrer Bewegung. Er zog sie mit beiden Händen zurück. Sie rutschte auf den Knien, mit den Händen musste sie hastig nachgreifen, um nicht mit der Nase voran auf dem Boden zu landen. Dabei gab sie Laute des Erstaunens von sich.
Mit beiden Händen griff er in ihren Hosenbund, zerrte an der Hose und zog sie ihr herunter. Sie war immer noch wie gelähmt. Er zerrte weiter, holte sie dabei näher zu sich heran. Sie geriet aus dem Gleichgewicht, er wirbelte sie wie einen Ringer herum. Sie landete auf dem Hintern und starrte ihn mit aufgerissenen Au gen an.
Sofi spürte, dass es bald offen vor ihr liegen würde. Die Lösung. Sie zog im Gang ihren Sportanzug an, weil sie nicht sicher war, ob hier jemand durchs Fenster hereinblicken konnte. Dann rollte sie ihren Schlafsack auf Carl Peterssons Parkettboden aus und schlüpfte hinein. Sie musste jetzt dranbleiben. Für solche Augenblicke war sie zur Polizei gegangen. Sie konnte sich nichts Aufregenderes vorstellen.
20: Samstag, 1. Dezember
Ida beugte sich über sein Gesicht und küsste ihn auf den Mund. Er schlug die Augen auf und sah, dass sie angezogen war.
»Ich muss zur Arbeit«, flüsterte sie. »Jetzt ist es acht.«
Er schlief wieder ein, bis ihn um elf Uhr sein schlechtes Gewissen weckte. Er hatte Linda nicht mehr angerufen. Er goss sich eine Tasse Kaffee auf und setzte sich an Idas Küchentisch, der so lang war, dass daran auch zwölf Jünger frühstücken könnten. Sie hatte ihm darauf eine kleine Halbarena zwischen den Büchern freigeräumt, in der er seine Tasse abstellen konnte.
Nichts war schöner, als allein in der Wohnung einer Frau zu sitzen. Jeder Mann wusste das. Anders als Frauen litten Männer nicht an dem Zwang, in fremden Woh nun gen eine Komplett inventur al ler Räume durch zufüh ren, und konnten die enge Vertrautheit genießen, die sie mit der Liebsten verbindet, obwohl sie gar nicht anwesend ist.
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