Der Zweite Tod
Geld gegeben.«
Sie nickte. Sie schämte sich jetzt schon für das, was sie erst noch sagen musste.
»Wie viel war das?«
»Ich weiß es nicht. Sehr viel. Aber das war später, da war alles anders.«
»Welche Gegenleistung hast du dafür erbracht?« »Gegen leistung?«, antwor tete sie atem los. »Zu nei gung zum Beispiel.« Sie sah ihn erstaunt an.
»Es muss dir nicht peinlich sein, Mari. Ich kann das alles gut nachvollziehen, auch wenn ich nicht glaube, dass mir jemand für meine Zuneigung Geld bieten würde, oder, Barbro?«
»Si cher nicht.«
Mari musste grinsen und ächzte dabei auf. »Es war nicht so, wie du denkst. Es war kein Geschäft.« Mari hechelte von Satz zu Satz. »Er hat mir offen gestanden, dass er eine Nacht mit mir verbringen wolle. Er war charmant und sah auch gut aus. Das hat er ja nur gesagt, weil wir uns so gut verstanden haben. Er wollte mir helfen.«
Kjell beklagte innerlich, dass sein Beruf so eintönig war. Zum ersten Mal kamen ihm Zweifel an seinem Plan, Ida das Antiquariat zu schenken. »Wie war die finanzielle Situation damals?«
»Nicht so schlimm. Aber später hat er mir viel Geld gegeben. Sonst hätten wir das Haus längst verkauft.«
»Ja, warum habt ihr das nicht getan?«
»Papa hat das Haus so geliebt. Ich fürchtete, dass er aufgibt, wenn es verkauft wird. Im Krankenhaus war sein einziges Ziel, noch einmal nach Hause zu können.«
»Gut. Fang vorne an. Du musst uns keine Details verraten, aber ich möchte gerne wissen, wie es für dich war, als Carl dir dieses Angebot gemacht hat.«
»Es ist viel schlimmer, immer diese Sorgen zu haben. Es war sogar sehr romantisch. Carl hat mich nie spüren lassen, dass … Ich war dann sehr oft bei ihm. Das war eine gute Zeit. Papa ging es besser. Ich habe schließlich das Studium beendet.«
»Würdest du sagen, dass ihr eine richtige Beziehung hattet und Carl für dich gesorgt hat?«
Sie nickte.
»Hat Carl deine Abschlussarbeit denn gut gekannt?« »Er hat mir ja gezeigt, wie man eine wissenschaftliche Arbeit schreibt. Fußnoten und so.« »Lass uns kurz unter brechen.«
Kjell zog sich mit Barbro, Henning und Ruth ins Besprechungszimmer zurück und beobachtete, wie Henning unauffällig seine Hose zurechtrückte. Kjell hätte nicht gedacht, dass ihn das so aufwühlte. Alle setzten sich, nur Kjell lief dozierend auf und ab. Irgendwo hatte er sein Jackett hingehängt, aber er wusste nicht mehr, wo.
»Ich möchte euch nur auf etwas aufmerksam machen im Hinblick auf das, was sie noch sagen wird. Ich glaube, dass sie Petersson umgebracht hat. Ihr habt ja gehört, wie sie die Sache bewertet. Ich weiß noch nicht, ob sie sich selbst glaubt, aber genau dieses Verhalten untersucht sie in ihrer Arbeit. Sie weist dort nach, dass all ihre intel lek tuel len und emotiona len Er wägungen triebhaft sind.«
»Ich verstehe nicht.« Ausgerechnet Bar bro verstand nicht.
»Pe ters son hat mit ihr ex peri mentiert. Mari unter sucht Paarungs- und Sozialverhalten. Laienhaft ausgedrückt ist das Paarungs ver halten bei der Frau eher passiv, das So zialver halten hingegen aktiv, da die Frau ja das Kind aufziehen muss und so weiter. Beim Mann verhält es sich umgekehrt. Sie hat zum Bei spiel Be richte von ver gewaltig ten Frauen untersucht und geprüft, wie sich das Verhalten einer Frau in so einer Situation in ihre Theorie einfügt. Der Witz ihrer Arbeit ist der, dass sie jede Ver haltensweise auf ei nen einzigen Trieb zu rück füh ren kann. Und ich glaube, dass Petersson ihre Theorie an ihr ausprobiert hat.«
Henning verstand und grinste. »Er wollte wohl weniger die Theorie testen, sondern herausfinden, wie sich bei Mari der Trieb zum Intel lekt ver hält.«
»Wir müssen zuerst prülen, ob ihr das überhaupt bewusst ist.«
»Es kann ihr auch nur für einen Augenblick klargeworden sein«, glaubte Henning.
»Und da hat sie zugestochen?« Barbro folgte nur schwerfällig. Für sie waren das nur theoretische Überlegungen. Kein Mann hatte je gewagt, mit ihr zu spielen. Jedenfalls tat sie so.
Kjell erhöhte jetzt das Tempo beim Hinundherlaufen. »Petersson hat nicht geahnt, dass auch der Mord von diesem Trieb ausgelöst würde. Das hat bei ihr einen Schalter umgelegt. Darauf wird die Sache hinausl aufen.« Er sah Henning an, dessen Gesichtsmuskeln erstarrt waren. Jungfrauen in Not brachten ihn auch nach fünfundzwanzig Jahren noch ins Schwanken. »Fünfhundert?«
Henning nahm die Wette nickend an. »Ich bekomme aber noch die dreihundert vom
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