Der Zweite Tod
setzte sich wieder an ihren Schreibtisch, plünderte den Rucksack und riss die Tüten auf. Sie zählte ein Bündel durch und multiplizierte das Ergebnis mit der Anzahl der Bündel. Es wa ren zwei Mil lionen Euro, zusammen wa ren es vier oder ein bisschen mehr. Sie rief Kjell an.
»Ich bin jetzt in der Botschaft. William ist noch nicht da. Wir haben uns zur Sicherheit aufgeteilt. Im Rucksack waren acht Millionen. William hat die Hälfte davon bei sich.« Sie schilderte Kjell alles ganz genau.
»Die Aktion in Madrid ist bereits gel aufen«, sagte er dann. »Die Säpo-Leute waren zusammen mit zwei spanischen Ermittlern dort. Es war auch eine Privatadresse.«
Sofi lachte. »Und?«
»Nichts. Ein Mann hat geöffnet und war sehr verwundert. Anschei nend ist uns je mand zuvor gekom men. Er glaubte, die Tasche dem Falschen übergeben zu haben, und geriet in Panik. Sie verhören ihn gerade. Der Mann, der jetzt die Tasche hat, war vermutlich Schwede. Jedenfalls behaupten das die spanischen Ermittler. Die Säpo-Leute dürfen nicht beim Verhör dabei sein.«
Nach dem Telefonat konnte Sofi nichts anderes tun als zu warten. Sie lieh sich bei der Sekretärin ein Headset, das sie an ihr No te book an schloss. Dann be gann sie, die Se ri en num mern des ersten und letzten Geldscheins jedes Bündels in das Mikrophon zu diktieren. Die Scheine waren neu, aber die Nummern in den Bündeln nicht aufsteigend. Als sie damit durch war, nahm sie noch von anderen Bündeln Stichproben. Um vier Uhr hatte Sofi viele Nummern diktiert, aber Will iam war noch nicht eingetroffen. Sie rief Nura an, um anzukündigen, dass es spät werde. Dann ließ sie die Sprachdateien durch ein Spracherkennungs programm laufen und mailte die Liste nach Stockholm.
Anschließend diktierte sie weiter, denn es gab vorerst keine Möglichkeit, das Geld außer Landes zu schaffen. Das musste die Botschaft erledigen.
Nach zwei Stunden rief Kjell erneut an. Sofi hatte am Fenster gesessen und auf den Nil geblickt.
»Er ist immer noch nicht da.« Sie lallte schon vom stundenlangen Diktieren. Wenn sie die Augen schloss, sah sie lilafarbene Zah len vor bei schwe ben.
»Die Säpo meint, du sollst dir keine Sorgen machen. Er kommt wahrscheinlich erst morgen. Wir haben deine Mail erhalten. Die Serien num mern sagen uns et was.«
Sofi saß mit einem Mal aufrecht. »Was denn?«
»Es ist schwedisches Staatsvermögen. Die Reichsbank hat dieses Geld von der Europäischen Zentralbank gekauft.«
»Bar geld?«
»Wir haben den Sinn noch nicht begriffen, glauben aber, dass das Geld dem Au ßen handelsmi nis te rium gehört. Aber erzähl William nichts davon. Übrigens gehört das Geld, das bei Mari be schlag nahmt wurde, auch zu die sem Kontin gent.«
»Hör mal!« Sofi schluckte. »Ich habe so ein Gefühl, dass wir William und das Geld nicht mehr wiedersehen werden.«
»Was willst du damit sagen? Dass er damit eine Cocktailbar in Phuket eröffnet?«
»Er hat genau von dem Moment an von Verfolgung gesprochen, als er das Geld gesehen hat.«
37
»Warum bist du nach Spanien gereist?«
Mari sah Kjell verwundert an. »Das habe ich doch schon gesagt.«
»Wir glauben dir nicht mehr. Genau genommen glauben wir dir überhaupt nichts mehr.« Dieser Satz funktionierte immer. Er hatte ihn oft genug an Linda erprobt.
Mari schrak zurück und prallte mit dem Rücken gegen die Lehne. Sie schielte zu ihrer Anwältin, aber die konnte ihr nicht hel fen.
»Von dem Geld, das du mit dir geführt hast, hast du knapp hundert tau send Kronen von Pe ters sons Konto abgeho ben, ja?« Mari nickte. »Und der Rest des Geldes, die Euroscheine?«
»Lag in dem Aktenschrank.«
»Und wofür war das Geld?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wie viel war es genau?«
»Etwa fünfzigtausend Euro.«
»Also genau so viel, wie wir bei dir gefunden haben?«
»Ja. Warum denn? Glaubt ihr, ich habe etwas versteckt?«
»Das können wir dir sogar beweisen. Dieses Geld stammt aus dem Bar geld fundus des Au ßen mi niste riums und sollte nach Madrid. Ist es nicht ein ganz schöner Zufall, dass du genau dorthin geflohen bist? Nun glaube ich dir ohne weiteres, dass du auch die einzigartige andalusische Landschaft genießen wolltest, aber der eigentl iche Grund deiner Reise war, vier Millionen Euro mit dem Zug nach Madrid zu bringen.«
Das war ein Versuch ins Blaue.
Mari standen Augen und Mund weit offen.
»Im Übrigen glauben wir dir auch den Mord nicht, denn nichts ist so passiert, wie du es uns geschildert hast. Er
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