Der zweite Weltkrieg
Schienennetzes sowie der Tatsache, dass nur ein Fünftel des deutschen Feldheers für blitzartige raumgreifende Operationen geeignet erschien, meinte die militärische Führung, in einem kurzen Waffengang siegen zu können. Sie sah sogar davon ab, Personal und Produktionskapazitäten für die Ersatzausrüstung der Truppe bereitzuhalten. Zudem mussten eine Munitionsausstattung für zwölf sowie eine Gerätebevorratung für drei Monate ausreichen. Ansonsten gab es beim Aufstellen des Ostheers zahlreiche personelle und materielle Notbehelfe. Ganz zu schweigen von den in vielen Bereichen ungenügenden Vorräten. Der zur Schau getragene Optimismus wirkte angesichts der Fakten zwanghaft.
Bei solchen Voraussetzungen durfte es weder zu unvorhergesehen schweren Verlusten noch zur Verlängerung des Kriegs bis zum Wintereinbruch kommen. Das heißt, die Generalität nahm unprofessionell an, dass die Truppe den Sieg im ersten Anlauf erringen würde – sonst drohte ein Desaster.
Gemäß der Planung sollte im Spätherbst 1941 die Masse der Roten Armee westlich von Dvina sowie Dnepr vernichtet sein und Stalin seine kriegswichtigen Ressourcen und Fertigungsstätten verloren haben. Die Angreifer hatten somit bis zum Winterbeginn 1941 das in der Weisung Nr. 21 genannte „Endziel der Operation“ zu erreichen: Eine Linie, die – 1500 bis 2000 km östlich der am 22. Juni eingenommenen Angriffspositionen – von Astrachan am Kaspischen Meer entlang der Volga und weiter bis Archangel’sk am Weißen Meer verlief. Das galt als machbar, obwohl die eigenen Offensivkräfte jenseits der Linie Dvina-Dnepr wegen der knappen Transportmittel und miserablen Verkehrswege zum einen nicht mehr hinreichend versorgt werden und zum anderen nur noch schwerpunktmäßig operieren konnten.
Der Deckname „Fall Barbarossa“ stand aber nicht bloß für einen als Blitzkrieg entworfenen Eroberungsfeldzug, sondern auch für Hitlers Vernichtungskrieg gegen Juden, Bolschewisten und Slawen, der eine völkerrechtlich eingehegte Kriegführung verneinte. Das Töten so genannter Rassenfeinde bildete hierbei eine quasioperative Zielsetzung für vier – von der Wehrmacht durch rücksichtslose Kampfführung zu unterstützende – Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD. Willige militärische sowie juristische Helfer setzten Hitlers Absichten noch vor Beginn des Feldzugs in Befehle um, die Kriegsverbrechen staatlich legitimierten. Das geschah etwa mit dem „Erlaß über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet, Barbarossa’ und über besondere Maßnahmen der Truppe“, der den gerichtlichen Verfolgungszwang bei Verbrechen aufhob, die Soldaten gegenüber der Zivilbevölkerung verübt hatten. Ebenfalls völkerrechtswidrig waren die „Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare“, die das Erschießen einer bestimmten Gruppe von kriegsgefangenen Offizieren vorsahen. Auf einen solchen Krieg schwor Hitler die Offiziere ein, und diese verpflichteten die Truppe. Beispielsweise zitierte ein Befehl, den Generaloberst Erich Hoepner, Befehlshaber der Panzergruppe 4, Anfang Mai 1941 aus eigenem Antrieb an seine nachgeordneten Einheiten geben ließ, zunächst den „Kampf der Germanen gegen das Slawentum“ und die „Abwehr des jüdischen Bolschewismus“. Sodann hieß es: „Jede Kampfhandlung muß in Anlage und Durchführung von dem eisernen Willen zur erbarmungslosen, völligen Vernichtung des Feindes geleitet sein. Insbesondere gibt es keine Schonung für die Träger des heutigen russisch-bolschewistischen Systems.“
Die Wehrmacht nahm bei „Barbarossa“ ferner das Verhungern von bis zu 30 Millionen Landesangehörigen billigend in Kauf. Dies primär deshalb, weil sich das Ostheer aus den besetzten Gebieten ernähren würde. Effektiv starben mehrere Millionen Sowjetbürger den Hungertod, darunter besonders viele Juden und Kriegsgefangene. Ein Massensterben, das sowohl eine situationsbedingte logistische als auch eine – und das vor allem – ideologische Wurzel besaß.
Das Drama der Ostfront, in dem alle Schrecken des Kriegs Hauptrollen besetzten, nahm seinen Anfang am 22. Juni 1941, als die Deutschen vertragsbrüchig und ohne Kriegserklärung frühmorgens die Sowjetunion überfielen.
Gut 2000 Maschinen der Luftwaffe, die im Osten über etwa 3900 eigene und 1000 verbündete Flugzeuge verfügte, griffen Flugplätze der sowjetischen Luftstreitkräfte an und vernichteten zwischen 1200 und 2000 Maschinen (meist am Boden).
Im Ostheer
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