Der zweite Weltkrieg
einkalkulierten, und dafür dürfte die Unterschätzung der operativen Fähigkeiten des Gegners ausschlaggebend gewesen sein. Hinzu traten von Washington zu verantwortende Informationsdefizite bei den Befehlshabern auf Hawaii, Unzulänglichkeiten in der Zusammenarbeit zwischen Heer und Marine, menschliches Versagen sowie eine erstaunliche militärische Sorglosigkeit auf der Insel.
Doch was vordergründig betrachtet wie ein Sieg aussehen mochte, bedeutete für Japan in Wahrheit ein Desaster. Scheiterte doch das Kalkül seiner Strategen, die nach der Eroberung von Faustpfändern Kompromissbereitschaft des Gegners und die Anerkennung der „Neuen Ordnung“ erwarteten, schon am ersten Kriegstag. Die amerikanische Nation stand nach dem – wie Roosevelt ihn publikumswirksam nannte – „Tag der Infamie“ zusammen wie ein Mann. Pearl Harbor entwickelte sich für Tokyo zum Garanten der Niederlage.
Als die Vereinigten Staaten Nippon den Krieg erklärten (8.12.), mündete der europäisch-afrikanische Konflikt in den zweiten „Großen Krieg“. Ende 1941 herrschte zwischen 38, zum Teil durch Exilregierungen vertretenen Staaten Kriegszustand.
Hitler, der vom Überfall auf den Inselstützpunkt aus dem „Feindrundfunk“ erfuhr, zeigte sich sofort bereit, Roosevelt und seinem Land den Krieg zu erklären. Das geschah, gemeinsam mit Italien, am 11. Dezember. Kurz vorher unterzeichneten die drei Achsenmächte ein Abkommen, mit dem sie sich verpflichteten, bis zum Sieg gegen die Westmächte zukämpfen und keinen einseitigen Waffenstillstand oder Frieden zu schließen.
Aus deutscher Sicht konnte Japans Kriegseintritt Washington daran hindern, sich wie im Ersten Weltkrieg, als amerikanische Truppen die Entscheidung herbeiführten, auf dem europäischen Kriegsschauplatz einzumischen. Der „Führer“ meinte, durch den japanischen Schritt wenigstens eine Atempause gewonnen zu haben, die für den zweiten Feldzug gegen die Sowjetunion genutzt werden sollte. Nach der Eintragung in Goebbels’ Tagebuch am 12. Dezember sah er die Lage im „Osten“ nun nicht mehr als „allzu dramatisch“ an. Effektiv aber hieß es für den Vabanquespieler Hitler bereits: rien ne va plus. Dass die Wehrmacht 1942 im Süden der Ostfront wieder operative Erfolge errang, änderte daran nichts. Die
Grand Alliance
, nicht Berlin entwarf die Zukunft der Welt. Als der britische Außenminister Anthony Eden im Dezember 1941 in Moskau weilte, deutete Stalin, der sein Land nach der souverän gemeisterten militärischen Krise als selbstbewusste Großmacht präsentierte, erstmals Kriegsziele an – Anerkennung der sowjetischen Westgrenze gemäß ihrem Verlauf am 21. Juni 1941 mitsamt den dahinter geschaffenen Verhältnissen, Einverleibung von Petsamo, Stützpunkte in Westrumänien, Teilung Deutschlands in Kleinstaaten und Gebietsabtretungen an Moskau sowie Warschau.
Wenig später, am 1. Januar 1942, unterschrieben 26 Staaten, auch die Sowjetunion, in Washington den Pakt der „Vereinten Nationen“, der die demokratischen Prinzipien der Atlantik-Charta bestätigte. Zudem verpflichteten sich die Signatarmächte, keinen Separatfrieden mit Japan oder dem Deutschen Reich abzuschließen. Am 6. Januar erklärte Roosevelt die „Zerschmetterung des deutschen Militarismus“ zum Kriegsziel; und am 14. Januar endete die erste Washingtoner Konferenz, Deckname „Arcadia“, auf der Briten und Amerikaner strategische Fragen erörterten. In Ostasien wollten sie die für den Schutz ihrer Interessen zentralen Positionen halten und Japan den Zugriff auf kriegswichtige Rohstoffe verwehren. Es blieb ferner beim „Germany first“ und der Absicht, baldmöglichstauf den europäischen Kontinent zurückzukehren. Dazu sollte der Ring um das Reich geschlossen und stetig enger gezogen werden: durch Seeblockade, die nach Wegfall der sowjetischen Lieferungen an Bedeutung gewann, und Bombenkrieg, Subversion, massive materielle Unterstützung Stalins sowie Inbesitznahme der nordafrikanischen Küste.
Zu letzterer schickten sich die Briten seit einiger Zeit an. Sie hatten, an Panzern und Flugzeugen deutlich überlegen, am 18. November 1941 an der Sollumfront die Operation „Crusader“ begonnen. Nach für beide Seiten extrem verlustreichen Kämpfen mussten sich die deutsch-italienischen Truppen ab dem 8. Dezember aus der Cyrenaica zurückziehen. Anfang 1942 kam die Front im Raum El Agheila-Marsa el Bregha zum Stehen.
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