Der zweite Weltkrieg
Sieg
Großbritannien, die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten schickten sich im ersten Halbjahr 1943 an, die Angreifer an allen Fronten in die Knie zu zwingen. Und je näher das Ende der Kampfhandlungen rückte, desto drängender stellte sich unter regionalen wie globalen Gesichtspunkten die Frage nach den militärischen, wirtschaftlichen, rechtlichen, macht- sowie gesellschaftspolitischen Kriegszielen. Die Tabula-rasa-Politik von Casablanca formulierte ein Prinzip, nämlich die Nichtbeteiligung der drei Aggressoren am Gestalten der Nachkriegsordnung. Wobei die Sieger letztere erst noch vereinbaren mussten. Befriedung und Bestrafung standen in Rede. Hierzu gehörten die Teilung Deutschlands, die Reduzierung Japansauf seinen gebietlichen Besitzstand von vor 1914, die Demilitarisierung, die Reparationsleistungen und das Wiederherstellen der territorialen Integrität aller vom Dritten Reich und seinen Verbündeten besetzten beziehungsweise annektierten europäischen Länder sowie Landesteile gemäß dem Status quo im Jahr 1937. Der
Grand Alliance
erwuchsen in solchem Kontext aus dem sowjetisch-polnischen Interessengegensatz ernstliche Schwierigkeiten.
Es ging zugleich um Vorherrschaft, Koexistenz und Zugang zu den Weltmärkten. Leicht nachvollziehbar, dass Amerikaner, Briten sowie Sowjets nicht an einem Strang zogen. Würde es trotzdem gelingen, das situationsbedingte angloamerikanisch-sowjetische Kriegsbündnis in einer zukunftweisenden Friedensallianz aufgehen zu lassen, die nach den Vorstellungen von Präsident Roosevelt China einbezog? Eingedenk kollidierender Interessen schien das eher unwahrscheinlich zu sein.
1. Die „zweite Front“ in Italien
Um die Koalition mit Stalin nicht zu gefährden, bevorzugten der Präsident und der Premierminister bis Anfang 1945 ein dilatorisches Vorgehen. Zwar referierte Churchill auf der Washingtoner Konferenz im Mai 1943, Deckname „Trident“, über die „Struktur der Nachkriegswelt“ und präsentierte einen eigenen „Europaplan“, aber im Ganzen gesehen beherrschte die Militärstrategie das Treffen, welches zwei im Allgemeinen wenig beachtete historische Ereignisse begleiteten: Stalin löste am 15. Mai aus innen- und außenpolitischen Gründen die Kommunistische Internationale (Komintern) auf; wenig später endete der Aufstand im Warschauer Ghetto. Die Deutschen hatten schon 300.000 Bewohner ins Vernichtungslager Treblinka transportiert, als es am 19. April zum vier Wochen dauernden Kampf der 58.000 im Ghetto verbliebenen Juden mit Einheiten der SS sowie der Wehrmacht kam. Himmlers Schergen erschossen mindestens 7000 jüdische Gefangene an Ort und Stelle, über 22.000 verschleppten sie in Todes- und 13.000 in Arbeitslager.
Die an „Trident“ teilnehmenden Politiker und Militärs befassten sich mit anderem. Sie bestätigten die Absicht, 1944 in Nordfrankreich zu landen, planten, die Flugplätze auf den Azoren zu nutzen, beharrten auf Italiens bedingungsloser Kapitulation, die Eisenhower (Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte im Mittelmeerraum) lieber vermieden hätte, und beschlossen die Invasion in Sizilien (Unternehmen „Husky“).
In der Nacht vom 9. auf den 10. Juli lief die bis dahin größte triphibische Operation der Weltgeschichte an. Truppen der britischen 8. und amerikanischen 7. Armee landeten im Süden und Südosten der Insel. Die Invasionsstreitmacht zählte 181.000 Mann, 3680 Flugzeuge, 280 Kriegs- und 320 Transportschiffe sowie 2125 Landungsfahrzeuge. Maximal 325.000 Verteidiger, davon 68.400 (zum Teil später eintreffende) Deutsche, verteilten sich auf vier Infanterie- und fünf Küstenschutzdivisionen der italienischen 6. Armee, die Panzerdivision „Hermann Göring“, die 15. und 29. Panzergrenadier- sowie die 1. Fallschirmjägerdivision. Luftunterstützung flogen die Luftflotte 2 und die königliche Luftwaffe, die am 10. Juli in Italien 507 respektive 449 einsatzbereite Kampfflugzeuge besaßen. Die Seestreitkräfte der beiden Achsenmächte spielten bei der Abwehr der Landung nur eine Nebenrolle.
Am 19. Juli, die Ewige Stadt erlebte ihren ersten Luftangriff, erörterten die beiden Diktatoren in Feltre (Venetien) die Lage. Mussolini wollte Hitler dabei eröffnen, dass er aus dem Krieg ausscheiden müsse. Dazu fehlte ihm am Ende der Mut, und das zeitigte Folgen: Am 25. Juli stürzte der Faschistische Großrat den „Duce“. Der König ernannte Marschall Pietro Badoglio zum Regierungschef, der umgehend erklärte, dass er den
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