Der zweite Weltkrieg
Noch am selben Tag gab er die Weisung Nr. 45 für die Fortsetzung der Operation „Braunschweig“ heraus. Anders als bislang geplant wurde nun statt des Nacheinanders der Operationen eine zeitgleiche doppelte Offensive befohlen. Während die Heeresgruppe A die Ostküste des Schwarzen Meeres, die Ölfelder von Majkop, Groznyj und Baku (1200 km südöstlich von Rostov) besetzen sollte, oblag es der Heeresgruppe B, die Verteidigung am Don aufzubauen, Stalingrad einzunehmen und entlang der Volga bis Astrachan am Kaspischen Meer vorzustoßen.
Das Aufsplittern der Kräfte verursachte bald Versorgungsengpässe, besonders bei Treibstoff und Munition. Ungeachtet solcher Schwierigkeiten besetzte die Heeresgruppe A am 9. August Majkop und am 1. September überschritt sie den Terek im Kaukasus, wo der Vormarsch vor Ordzonikidze stecken blieb. Es kam daraufhin in der deutschen Führung zu einer schweren Krise. Hitler erwog, Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel (Chef des Oberkommandos der Wehrmacht) und seinen engsten militärischen Berater, General der Artillerie Alfred Jodl (Chef des Wehrmachtführungsstabs) zu entlassen. Doch dann musste Generalfeldmarschall List den Sündenbock abgeben. Hitler enthob ihn seines Kommandos und führte die Heeresgruppe A vom 9. September bis zum 22. November 1942, an dem er Generaloberst Ewald v. Kleist zum Oberbefehlshaber ernannte, persönlich.
Am Ende scheiterte die Kaukasusoperation „Braunschweig“. Weder die Inbesitznahme der Schwarzmeerküste südöstlich von Novorossijsk noch das Herankämpfen ans Kaspische Meer glückte. Die Deutschen konnten bestenfalls versuchen, erreichte Positionen zu halten. Fürs Erste entließ der „Führer“am 24. September 1942 Generaloberst Halder, zum Generalstabschef des Heeres machte er den General der Infanterie Kurt Zeitzler.
Bereits am 19. August 1942 befahl General Friedrich Paulus der 6. Armee den Angriff auf Stalingrad. Gegen harten Widerstand der Verteidiger eroberten seine Truppen und ihre Verbündeten bis Ende Oktober etwa 90 % der Stadt. Aber als die Rote Armee am 19. November zur Gegenoffensive antrat, schlossen drei Heeresgruppen binnen vier Tagen etwa 250.000 Mann der 6. Armee mit einer perfekten Umfassungsoperation zwischen Don und Volga im Raum Stalingrad ein. Hitler untersagte den von General Paulus am 23. November erbetenen Ausbruchsversuch der Armee, und so begann ein wochenlanges, elendigliches Sterben, verursacht durch Hunger, Kälte, Krankheit sowie „Feindeinwirkung“. Die am 21. November aus dem Armeeoberkommando 11 gebildete und von Generalfeldmarschall Erich v. Manstein geführte Heeresgruppe Don (Armeegruppe Hoth mit der 4. Panzerarmee und der rumänischen 4. Armee, Angriffsgruppe Hollidt [XVII. Armeekorps], 6. Armee und rumänische 3. Armee), welche die Lage vor dem 19. November wiederherstellen sollte, wurde zwischen den Heeresgruppen A und B eingeschoben, vermochte das Blatt aber nicht mehr zu wenden.
Am 31. Januar beziehungsweise 2. Februar 1943 streckten die im Kessel befindlichen Truppen ohne förmliche Kapitulation die Waffen. Von etwa 195.000 Wehrmachtangehörigen hatte die Luftwaffe bis dahin 25.000 ausgeflogen, 60.000 waren gestorben und 110.000 marschierten in eine Kriegsgefangenschaft, aus der anscheinend kaum mehr als 5000 heimkehrten.
Von Stalins Standpunkt aus betrachtet leitete der innen- und außenpolitisch wichtige Sieg an der Volga die Kriegsentscheidung im Osten ein. Die sowjetischen Streitkräfte warfen die Aggressoren vom Dezember 1942 bis zum April 1943 an der Südfront zuerst über den Don nach Norden und sodann über den Donec nach Westen auf eine Verteidigungslinie zurück, die nördlich von Belgorod – im Bereich des bis zu 190 kmbreiten Kursker Frontbogens – 140 km westlich der Ausgangsstellung für die Operation „Blau“ verlief. Zudem zwang der Kräftemangel die Heeresgruppen Mitte und Nord zu Frontbegradigungen. Sie räumten daher die nach Osten gerichteten Frontvorsprünge bei Vjaz’ma und Rzev (150 km tief und 200 km breit) sowie bei Demjansk (100 km tief und 40 km breit). Ferner gelang es der Roten Armee, im Januar 1943 eine Landverbindung zum schwer geprüften Leningrad herzustellen. Ein Jahr später befreiten die Sowjets die Stadt.
Dass die Linienführung der Südfront von Belgorod bis Taganrog im April 1943 ungefähr derjenigen Ende Juni 1942 entsprach, verdankte das NS-Regime Stalins Führungsfehlern und Generalfeldmarschall v. Manstein,
Weitere Kostenlose Bücher