Der Zweite Weltkrieg
tote und 2000 verwundete Zivilisten. Zwar wurde Hitlers Befehl zur Beschießung von Paris durch Fernwaffen nicht mehr ausgeführt, doch kostete ein Bombenangriff der Luftflotte 3 (Deßloch) am 26./27.8. noch einmal 213 Einwohner der Stadt das Leben, 914 wurden verletzt.
Über vier Jahre lang hatten hier Wehrmachtfahrzeuge dominiert. Am 25.8.1944 zogen alliierte Kolonnen über den Prachtboulevard der Champs Élysées in Paris ein. De Gaulle war der Held des Tages, auch wenn er die Heimkehr Amerikanern und Briten verdankte
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Zum Terrorinstrument verkommen
Die deutsche Militärgerichtsbarkeit
Schon im ersten Jahr seiner Herrschaft war an scheinbar kleinen Maßnahmen abzulesen, dass Hitlers Politik auf Krieg zielte. So wurde bereits am 4.11.1933 durch Militärstrafgerichtsordnung eine eigene Einrichtung zur Aburteilung von Angehörigen der Wehrmacht und anderen Militärpersonen geschaffen. Die seit Kriegsbeginn zuständigen Feld(kriegs)gerichte der Militärgerichtsbarkeit bestanden aus einem Kriegsrichter, der auch die Anklage führte, und zwei militärischen Beisitzern; eine eigene Anklagebehörde gab es nur beim Reichskriegsgericht, Rechtsmittel wurden durch Nachprüfverfahren beim militärischen Befehlshaber ersetzt. Insgesamt fällten die Organe der Militärgerichtsbarkeit bis Kriegsende 40 000 Todesurteile, von denen 70 Prozent vollstreckt wurden (im 1. Weltkrieg 32 Hinrichtungen bei 148 Todesurteilen).
Kriegssonderstrafrecht
Nicht nur die Wirtschaft, auch die Justiz musste seit 1939 auf Krieg umgestellt werden: Durch Verschärfung von Strafandrohungen, zahllose Erlasse und neue Gesetze wurde ein Kriegssonderstrafrecht geschaffen, das für eine nie da gewesene Zahl von Delikten die Todesstrafe vorsah. Das sollte Straftäter von der Ausnutzung der Notlage im Krieg abschrecken und die „Erledigung“ politischer Gegner erleichtern. So wurde 1938/39 der Straftatbestand der Wehrkraftzersetzung eingeführt, den das OKW nach eigenem Gutdünken ändern und ergänzen durfte, das Abhören ausländischer Sender wurde am 1.9.1939 unter Strafe gestellt, vier Tage später erging eine Verordnung gegen sogenannte Volksschädlinge, am 25.11.1939 folgte ein Erlass über Sabotage und Wehrmittelbeschädigung, am 5.12.1939 wurde „Gewaltverbrechern“ bei Straftaten mit einer Waffe die Todesstrafe angedroht. Die Flut der Bestimmungen setzte sich auch in den folgenden Jahren fort und gipfelte am 5.5.1944 in einer allgemeinen Empfehlung der Todesstrafe für alle Fälle, in denen der „regelmäßige Strafrahmen nach gesundem Volksempfinden“ nicht mehr ausreichte
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Das Gros entfiel auf im Kriegssonderstrafrecht (siehe Kasten) definierte Delikte, die in westlichen Armeen gar nicht oder doch nie mit der Höchststrafe geahndet wurden (insgesamt 300 Exekutionen meist wegen Mordes). Selbst Zeitstrafen bedeuteten in der Konsequenz für den Verurteilten nicht selten den Tod, da sie in Konzentrationslager eingeliefert oder in Bewährungseinheiten gesteckt wurden. Über 1000 Gerichte bei den Divisionen, den Feldkommandanturen, auf Kriegsschiffen mit etwa 3000 Juristen übten die Militärgerichtsbarkeit in der Wehrmacht aus. Hinter ihrer drakonischen Härte (Hitler: „An der Front kann man sterben, als Deserteur muss man sterben“) steckte das Vorurteil, im vergangenen Krieg sei die juristische „Milde“ mitverantwortlich für den Zusammenbruch gewesen. Hinzu kam ein fataler Wettbewerb der Richter, sich der nationalsozialistischen Führung durch Unnachsichtigkeit zu empfehlen.
Mobile Standgerichte
Vollends zum Terrorinstrument verkam die Militärgerichtsbarkeit im letzten Kriegsjahr nach dem gescheiterten Attentat des 20. Juli 1944 und bei sich rapide verschlechternder Krieglage. Mobile („fliegende“) Standgerichte wurden zur „Sicherung der Disziplin“ eingerichtet; sie bedrohten sogar Angehörige von „Feiglingen“ (etwa unverwundet in Gefangenschaft geratene Soldaten) und nahmen sie in sogenannte Sippenhaftung. Nach dem Krieg wurde kein Angehöriger der Militärgerichtsbarkeit wegen der in ihrem Namen begangenen Gräuel zur Rechenschaft gezogen, Entschädigung für die Angehörigen der Opfer dieser Unrechtsjustiz blieben die Ausnahme.
Die auf „Führerbefehl“ eingesetzten mobilen Feldgerichte machten im wahrsten Sinne des Wortes kurzen Prozess mit den „Angeklagten“ und hatten mit Rechtsprechung nichts mehr gemein. Soldaten während der „Verhandlung“ eines Feldgerichts, im Hintergrund
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