Der Zweite Weltkrieg
einige dadurch in Konflikte mit ihrem Eid auf den „Führer“, doch siegte bei einer großen Zahl die Vernunft. Als Soldaten sahen sie keinen Sinn mehr in weiteren Opfern und Zerstörungen, die den gegnerischen Vormarsch nicht einmal hätten verlangsamen können, schon gar nicht den der mit rollenden Pipelines und Gerät in Hülle und Fülle angreifenden West- Alliierten. Dennoch mussten sie vorsichtig bleiben bei ihren Maßnahmen, da die einfachen Soldaten, die kein realistisches Bild der Lage hatten, vielfach immer noch auf das „Genie des Führers“ setzten. Außerdem trieben fanatisierte SS-Leute gerade jetzt ihr mörderisches Unwesen und schlugen zu, wo immer sie „Verrat“ oder „Feigheit“ auch nur witterten.
Sonderkommando Elbe
Verzweifelte Lagen bringen irrsinnige Ideen hervor: Die deutsche Luftwaffe stellte in letzter Minute im Raum Magdeburg einen Verband von sogenannten Rammjägern auf unter der Codebezeichnung „Sonderkommando Elbe“. Die Piloten sollten alliierte Bomber nach dem Vorbild der japanischen Kamikaze-Flieger notfalls durch Selbstaufopferung bekämpfen. Obwohl von vielen Kommandeuren scharf abgelehnt, kam es am 7.4.1945 zum ersten „Elbe-Einsatz“: Unter dem Begleitschutz von Düsenjägern des Jagdgeschwaders 7 stiegen 183 Maschinen des Sonderkommandos gegen einfliegende Bomber der 8. US-Luftflotte auf und vernichteten über dem Steinhuder Meer bei 133 eigenen Totalverlusten und 77 gefallenen Piloten 23 Viermotorige; die Düsenjäger meldeten 28 weitere Abschüsse. Nur 50 Rammjäger kehrten zurück. So schwer die Verluste der Amerikaner waren, so deutlich wurde auch, dass selbst mit einem Mehrfachen solcher Todesflieger keine Wende im Luftkrieg herbeizuführen war
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Wenn Hitler zu so etwas wie Freundschaft fähig war, dann konnte Albert Speer als einer seiner wenigen Freunde gelten. Umgekehrt stand der junge Minister eher in des „Führers“ Bann, der sich erst löste, als er auch für den Gebannten sichtlich in Wahn umschlug
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(c) dpa/picture alliance
Vorgefertigte Todesurteile
Hinrichtung von Widerstandskämpfern in Flossenbürg (9.4.1945)
Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 hatte Hitlers Justiz blutige Rache genommen, einige Widerstandskämpfer aber zunächst übersehen, weil bereits inhaftiert und wohl nicht unmittelbar in die Umsturzpläne verwickelt. Bei den Durchsuchungen von überführten Mittätern aber fand sich immer weiteres Material, das auch in Gefängnissen und KZ einsitzende Oppositionelle betraf, für eine Aburteilung zunächst aber als nicht ausreichend angesehen wurde. Erst Anfang April 1945 legte das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) Hitler eine Liste der Gefangenen vor und erbat Entscheidung, wie mit den Männern weiter zu verfahren war. In diesen Wochen kannte der Diktator nur noch ein Mittel: Vernichten, was und wen er noch vernichten konnte. RSHA-Chef Kaltenbrunner wurde mit der „Ausschaltung“ der „Verräter“ beauftragt.
Rechtsförmiges Unrecht
Wie im Reich Hitler so oft kleidete man auch dieses Unrecht in Rechtsform. Es wurde ein Standgericht ins Leben gerufen, bestehend aus dem Gestapo-Mann und Mitglied der „Sonderkommission 20. Juli“ SS-Standartenführer Walter Huppenkothen als „Ankläger“ und dem jungen Juristen und SS-Offizier Otto Thorbeck als „Richter“, Verteidiger waren in dieser Farce nicht vorgesehen. Das Gericht trat zunächst im KZ Sachsenhausen auf, wo es den schwer kranken ehemaligen Abwehrmann Hans von Dohnányi zum Tod verurteilte. Dann reisten die Schnellrichter weiter ins KZ Flossenbürg bei Regensburg und führten unter Beihilfe des Lagerkommandanten Max Koegel am 8.4.1945 ebenfalls das von Anfang an feststehende Todesurteil herbei gegen sieben Gegner des NS-Regimes, darunter Dietrich Bonhoeffer, Theologe der Bekennenden Kirche und Schwager Dohnányis, Admiral Wilhelm Canaris, bis 1943 Chef der Abwehr und Vorgesetzter Dohnányis, sowie Generalmajor Hans Oster, der unter den Widerständlern in der Abwehr die treibende Kraft gewesen war. Am frühen Morgen des 9.4.1945 traten im Gefängnishof des Lagers die Verurteilten an, Thorbeck verlas die Urteile mit den stereotypen Begründungen „Landes- und Hochverrat“. Anschließend mussten sich die Todeskandidaten in einem Duschraum entkleiden; Bonhoeffer bekam noch Gelegenheit zu einem kurzen Gebet, dann bestieg er nackt das Blutgerüst und wurde erhängt. Ob alle so ruhig wie Bonhoeffer in den Tod gegangen sind so kurz vor der Befreiung des Lagers durch die
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