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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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nachdenklich hinter dem Jungen her. Floriana war also schwanger. Das war eine Überraschung. Von allen Geheimnissen, die er in vielen Jahren Arbeit hier gehört hatte, dürfte es das bei Weitem schockierendste sein. Aber er war ein Mann, der auf seine Diskretion hielt. Er bildete sich einiges darauf ein, Geheimnisse bewahren zu können. Er fing sie hinter dem Beichtstuhl ein, angelte kleine Informationsbrocken aus den Ritzen zwischen Mauern und Türen und probierte, wie tief er sie verstecken konnte. Bisher war ihm noch kein Fisch durch die Finger geflutscht. Dieser allerdings war der größte und glitschigste, den er jemals gefangen hatte.

27
    Floriana klopfte an Signora Brunos Tür. Der Geruch von gebratenen Zwiebeln drang durch die Tür, und prompt wurde ihr wieder übel. Sie fragte sich, wie lange das noch so gehen würde. Eine Hand auf ihrem Bauch, sagte sie ihrem Kind im Stillen, dass sie alles aushalten würde, was die Natur ihr zumutete, wenn es nur gesund und stark geboren würde.
    Die Tür ging auf, und Signora Bruno blickte neugierig hinaus. »Ah, Floriana. Gibt es Neuigkeiten?«, fragte sie und zog das Mädchen an seinem Rock nach drinnen. »Hast du mit Pater Ascanio geredet? Was hat er gesagt?«
    »Ich habe mit ihm gesprochen«, log sie. Indirekt hatte sie es ja.
    »Und?«
    »Ich gehe in ein Kloster.«
    »Das ist das Beste für dich. Gott sei Dank.«
    »Es heißt Santa Maria degli Angeli. Padre Ascanio regelt alles für mich.«
    »Ich habe dir ja gleich gesagt, dass er weiß, was zu tun ist.«
    »Ich bin glücklich. Ich werde Gott jeden Tag danken, dass er mir mein Kind geschenkt hat.«
    Signora Bruno musste sich zusammenreißen, nicht energisch zu widersprechen. »Wann gehst du?«
    »Sobald er alles mit dem Kloster abgesprochen hat.«
    »Wer bringt dich hin?«
    »Dante.«
    »Dante weiß Bescheid?«
    »Ja sicher. Es ist doch auch sein Kind. Wenn das Baby geboren ist, kauft er uns eine Wohnung, und eines Tages, wenn er nicht mehr von seinem Vater abhängig ist, heiraten wir. Gott wird uns vergeben, dass wir ein uneheliches Kind haben – und sowieso ist es ja Sein Geschenk, also kann Er gar nicht böse sein.« Sie lächelte aufgeregt. »Ich bin so froh, Signora Bruno.«
    Die alte Frau runzelte die Stirn. Wie konnte sie in ihrer Situation froh sein? Wo ihre Zukunft so ungewiss war? Nie im Leben würde Dante das Mädchen heiraten. Solche Märchen widerfuhren Mädchen wie Floriana nicht. Signora Bruno kaute nachdenklich auf ihrer Innenwange. »Tja, auf mehr kann man wohl nicht hoffen.«
    »Ich werde Mutter sein.« Floriana seufzte verträumt und sank auf einen Sessel. »Es ist ein Junge, das weiß ich genau. Ein wunderschöner kleiner Junge. Ich rede die ganze Zeit mit ihm.«
    »Ich glaube nicht, dass er schon Ohren hat.«
    »Er hört mich mit seiner Seele.« Florianas Lächeln wirkte zufrieden, als fehlte es ihr an nichts. So sehr Signora Bruno ihre Zuversicht bewunderte, fürchtete sie sich vor dem Moment, in dem das Leben Floriana erneut enttäuschte und sie ihr auf immer raubte.
    »Hast du Hunger?«
    »Nein. Ich lebe von Luft und Liebe.«
    »Du siehst abgemagert aus.«
    »Mein Magen mag sich krank fühlen, aber mein Herz ist völlig gesund.«
    »Es schadet dem Baby, wenn du nichts isst. Komm mit, ich habe Suppe gekocht.«
    Widerwillig folgte Floriana ihr in die Küche. Bei dem starken Zwiebelgeruch wurde ihr mulmig. »Ich glaube nicht, dass ich etwas essen kann. Vielleicht einen Cräcker. Haben Sie Cräcker?«
    »Und Käse.«
    »Nur einen Cräcker, bitte.«
    »Ich mache dir Butter drauf.«
    Floriana grinste. »Sie sind wie eine Mutter zu mir.«
    Signora Bruno verbarg ihre Gefühle hinter einem Stirnrunzeln. »Du brauchst auch eine.«
    »Dann habe ich Glück, dass ich Sie habe.«
    »Ich nehme an, du willst Elio nichts sagen?«
    »Nein, selbstverständlich nicht. Eines Tages wird er aufwachen, und ich bin nicht mehr da.«
    »Hast du wirklich keine Gefühle für ihn?«
    »Gar keine.« Floriana drehte sich weg und begann, mit einem Stück Zwiebelschale zu spielen. »Für mich ist er kein Vater.«
    »Vielleicht kommt er wieder auf die Füße, wenn er Großvater wird.«
    »Nein, wird er nicht. Nichts hilft mehr bei ihm. Er ist endgültig hinüber. Kein Wunder, dass meine Mutter ihn verlassen hat. Manchmal denke ich, sie muss mich sehr gehasst haben, dass sie mich ihm ausgeliefert hat.«
    Signora Bruno war entsetzt. »Das glaubst du doch nicht im Ernst?«
    Floriana zuckte mit den Schultern. »Ist egal. Jetzt

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