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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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stellte die Schachtel zurück. Dann ging sie zu Mr Potter nach draußen.
    »Tja, jetzt hat sie ihren Künstler«, sagte Bertha, die mit Heather am Küchentisch saß. Das Mittagessen war vorbei, die wenigen Gästen waren gegangen, und die drei Köche hatten ihre Schürzen abgenommen und sich für den Nachmittag zurückgezogen.
    »Er ist wunderbar«, seufzte Heather, deren breiter Devon-Akzent sich um die Worte schlängelte wie der Dampf von ihrer heißen Schokolade.
    »Glaubst du, was sie über Ausländer sagen?«
    »Was sagen sie?«
    »Dass sie tolle Liebhaber sind.«
    Heather kicherte. »Wie soll ich das wissen?«
    »Warum sollen die besser sein? Was machen die, was Engländer nicht machen?«
    »Länger durchhalten?«
    Bertha grunzte. »Das ist ja wohl nix Gutes.«
    Heather umfasste ihren Kakaobecher mit beiden Händen. »Denkst du, sie wird jetzt ruhiger, wo sie ihren Künstler hat?«
    »Hoffentlich. Sie ist schrecklich gereizt. Ich glaube, sie ist in der Midlife-Krise.«
    »Meinst du?«
    »Ja, und ob. Sie ist über fünfzig und hat keine Kinder. Das tut weh.«
    »Die Arme. Jede Frau verdient, Kinder zu kriegen.«
    »Das kann einen irre machen, sag ich dir, keine Kinder zu kriegen. Hat was mit dem Schoß zu tun, der vertrocknet.«
    »Ehrlich?«
    »Ja, wenn ich’s dir sage. Da unten vertrocknet alles, und das macht was mit dem Gehirn.«
    »Und was?«
    »Weiß nicht.« Bertha schüttelte den Kopf und blickte finster. »Vielleicht muntert ihr Künstler sie auf.« Ihr voller Busen wippte, als sie lachte. »Mich muntert der garantiert auf!«
    Clementine bestand darauf, die Hälfte der Rechnung zu übernehmen. Es war nicht sehr viel, und Joe wollte sie unbedingt einladen, aber sie legte zwölf Pfund auf die Untertasse und weigerte sich, sie zurückzunehmen. »Du hast mir schon Rosen geschenkt. Ich erlaube nicht, dass du auch noch mein Mittagessen bezahlst.«
    »Freut mich, dass du sie hübsch findest.«
    »Finde ich. Sie sind ein Lichtblick im grauen Büro.«
    »Du bist ein Lichtblick in meinem Tag.«
    »Schön.« Sie hörte, wie angespannt sie klang, und rang sich ein Lächeln ab.
    »Gestern Abend war es fantastisch.«
    »Prima. Schön.« Wo blieb der Kellner?
    »Du klingst nicht so begeistert. Fandest du es nicht nett?«
    Sie blickte zu den kleinen Fischerbooten, die auf dem Wasser tanzten, und wünschte, sie könnte einfach mit einem von ihnen davonsegeln. »Ich erinnere mich nicht mehr an viel«, murmelte sie. »Ich hatte zu viel Wodka getrunken. Mir ging es elend heute Morgen. Also, nein, es war nicht so super für mich.«
    Joe zog zerknirscht die Schultern ein. »Tut mir leid.«
    »Mir auch.«
    »Ich hätte dich nicht so viel trinken lassen dürfen.«
    »Ich bin nicht daran gewöhnt«, log sie.
    »Aber du warst witzig.«
    »Ja, bestimmt.« Sie sah ihn an. »Normalerweise schlafe ich nicht beim ersten Date mit jemandem.«
    Joe guckte sie verdutzt an. »Denkst du, dass du mit mir geschlafen hast?«
    »Hab ich nicht?« Nun war sie es, die beschämt den Kopf einzog.
    »Für wen hältst du mich? Denkst du, ich fülle dich ab und schlepp dich in die Kiste?«
    »Hast du nicht?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Dann haben wir nur ein bisschen rumgeknutscht?«
    »So würde ich es nicht nennen. Du warst ziemlich wild. Und du hast gemaunzt vor Vergnügen.«
    »Erspare mir Einzelheiten.«
    Er grinste. »Geht es dir jetzt besser?«
    »Viel besser, danke. Als ich wach wurde, habe ich mich furchtbar geschämt. Ich bin nicht so eine.«
    »Das weiß ich. Deshalb mag ich dich ja.«
    Es würde nicht leicht, sich zurückzuziehen, wenn sie ihm dankbar sein sollte. »Danke.«
    »Du bist anders, das mag ich.«
    »Bin ich?«
    »Ich mag deinen Überbiss. Der ist sexy.«
    »Mein Überbiss?«
    »Ja, wie deine oberen Zähne …«
    »Bei dir höre ich mich an wie Goofy!«
    »Wann sehe ich dich wieder? Heute Abend?«
    »Nein, heute Abend nicht, Joe.«
    »Dann morgen?«
    »Mal sehen.«
    Er grinste. »Ich mag Frauen, die schwer zu kriegen sind.«
    Clementine kehrte frustriert ins Büro zurück. Dass sie doch nichts angestellt hatte, war ein kleiner Trost. Sie hatte vorgehabt, die Sache mit Joe zu beenden; stattdessen schien die Geschichte eine unheimliche Eigendynamik zu entwickeln, ohne Rücksicht auf Clementine.

5
    Grey verankerte sein Fischerboot in der Captain’s Cove und warf die Angel aus. Unter ihm hob und senkte sich das Meer sanft. Möwen stürzten aus dem Himmel und schwammen um sein Boot herum, gierig nach den Brotkrumen, die

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