Der Zypressengarten
mag!« Dante lachte.
»Du bist ein ganz besonderer Vogel, was, Michelangelo?«, flüsterte Floriana. »Ich glaube, ihm gefällt sein neuer Name.«
»Er ist sehr würdevoll.«
»Besser als Pfau. Wie würdest du es finden, wenn du Mann genannt wirst.«
»Nicht sehr gut.«
»Er mag Michelangelo.« Sie kniete sich ins Gras und legte eine Hand auf den Rücken des Pfaus. Der Vogel genoss ihr Streicheln für eine kurze Weile, ehe er wegging. »Es ist genug für ihn«, sagte sie. »Wie verträgt er sich mit dem Kater?«
»Geht so«, antwortete Dante. »Aber er mag den Kater nicht halb so gerne wie dich.«
Sie schlenderten durch den Obstgarten, wobei Michelangelo ihnen in einigem Abstand folgte. Er war ebenso neugierig auf Floriana wie Dante.
»Meine Schwester kommt für eine Woche mit ein paar Freundinnen her. Besucht uns und schwimmt mit im Pool«, schlug Dante vor.
»Oh nein, ich glaube nicht, dass wir das sollten«, sagte Costanza rasch.
»Wieso nicht?«, fragte Floriana. »Ich möchte deine Schwester kennenlernen. Wie alt ist sie?«
»Sechzehn. Ich habe noch eine, die ist dreizehn, Giovanna. Sie ist mit meinen Eltern in Mexiko.«
»Dann ist sie nur wenig älter als wir«, sagte Floriana zu Costanza.
»Ich finde, wir dürfen uns nicht aufdrängen. Vor allem nicht, wenn Giovanna nicht hier ist.«
»Damiana freut sich sicher, euch hier zu haben. Sie mag es, jüngere Kinder herumzukommandieren.«
»Ich weiß nicht …«, murmelte Costanza unsicher.
»Ihr könnt wohl schlecht die ganze Zeit auf der Mauer sitzen und spionieren.« Dante zwinkerte Floriana zu. »Was hältst du davon, wenn ich deine Mutter anrufe und dich offiziell einlade?«
Costanza war so erleichtert, dass ihre Schultern einsackten, und sie lächelte. »Oh ja, bitte.«
»Und du, Piccolina, wen soll ich bei dir anrufen?«
»Keinen«, antwortete sie leichthin.
»Keinen?«
»Nein.« Sie zuckte mit den Schultern. »Es kümmmert keinen.« Dante blickte in ihr keckes kleines Gesicht, das ihn trotzig ansah, und stellte fest, dass es ihn auf eine brüderliche Weise durchaus kümmerte.
Dante hielt Wort und rief am Abend Costanzas Mutter an. Sie war entzückt, dass ihre Tochter nach La Magdalena eingeladen wurde, um mit seiner Schwester Damiana im Swimmingpool zu baden, und Dante schlug vor, dass sie ihre Freundin Floriana als Gesellschaft mitbrachte.
»Sie ist die Tochter von Carlos Chauffeur«, erklärte die Contessa überheblich, als wollte sie sich für die unangemessene Herkunft des Kindes entschuldigen. »Sie ist ein niedliches Ding, und Costanza hat sie gerne um sich. Ich dulde sie um meiner Tochter willen, obwohl ich es vorziehen würde, wenn sie sich jemanden von ihrem Stand suchte.«
»Sie ist herzlich eingeladen«, sagte Dante, den die Arroganz der Frau zum Schmunzeln brachte.
»Ich schicke unser Mädchen mit ihnen.«
»Selbstverständlich.«
»Und danke bitte Damiana für die Einladung.«
»Das werde ich.«
»Hoffentlich machen sie keine Umstände.«
»Natürlich nicht. Es wird uns ein Vergnügen sein, sie hier zu haben. Ich hoffe, dass sie so oft kommen, wie sie mögen.«
»Wie überaus freundlich. Es ist eine Wohltat, dass Costanza mit den richtigen Leuten Umgang pflegt. Richte deinen Eltern meine besten Grüße aus. Es ist lange her, seit wir sie zuletzt gesehen haben. Kommen Sie über den Sommer her?«
»Das bezweifle ich. Sie machen eine Rundreise durch Südamerika mit Giovanna.«
»Was für ein Jammer, dass sie den Sommer verpassen.«
»Mutter hasst die Sonne. Sie lässt ihre Haut altern.«
»Stimmt, sie ist sehr hellhäutig.«
»Dann erwarten wir die Mädchen morgen.«
»Danke. Ich weiß, dass Costanza sich sehr darauf freut.«
Am nächsten Morgen trafen die Mädchen in Begleitung von Graziella, der Magd, vor dem großen Tor ein. Graziella war eine dunkle kleine Frau, rund wie eine Teekanne und in eleganter blassrosa Uniform mit sauberen weißen Schuhen. Einer der Gärtner öffnete ihnen und begleitete sie die Zypressenallee hinauf zum Haus. Floriana hüpfte fröhlich über die Schatten, in Gedanken ganz bei Dante und dem Tag mit ihm, der so aufregend zu werden versprach.
Costanza hingegen war nervös, weil sie Fremde kennenlernen sollte, die noch dazu so viel älter als sie waren, und sie einen Badeanzug tragen müsste. Könnte sie doch nur so furchtlos wie ihre Freundin sein! Doch ihre Sorge war unbegründet. Sie wurden direkt nach unten zum Swimmingpool gebracht, der am Ende eines langen Weges in den Felsen
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