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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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Tochter im Black Bean Coffee Shop.«
    »Das hast du uns überhaupt nicht erzählt«, sagte Grey.
    »Ich wusste ja nicht, wer er war, Dad«, erklärte Clementine, die aus lauter Scham defensiv reagierte. Dabei wollte sie nicht so unfreundlich klingen. Sie wollte lächeln, nur leider kam sie sich schrecklich linkisch vor. Wieso hatte sie denn nicht genauer nach dem Künstler gefragt, der über den Sommer kam? Warum hatte sie sich demonstrativ desinteressiert gegeben? Jetzt stand sie einfach nur blöd da.
    »Du hast mich verleitet, einen Brownie zu kaufen«, sagte er. »Einen unanständigen Brownie.«
    »Klingt lecker«, bemerkte Jake.
    »Er war gut.«
    »Komm und setz dich zu uns«, forderte Marina sie auf, während der Kellner schon einen weiteren Stuhl brachte. Clementine wollte die Szene zurückspulen und noch mal von vorne anfangen, doch ihr blieb nichts anderes übrig, als sich hinzusetzen und so weiterzumachen, wie sie angefangen hatte, peinlich und unsicher. Sie verschränkte ihre Arme und betete, dass die vier sich bitte unterhielten.
    »Ich fasse nicht, dass ihr euch schon kennt«, sagte Marina.
    »Kennen ist wohl zu viel gesagt«, erwiderte Clementine. »Ich habe ihm gesagt, dass er einen Brownie kaufen sollte, mehr nicht.« Sie zuckte lässig mit den Schultern, obwohl sie nicht vergessen hatte, wie sie hinterher ins Büro stürmte und Sylvia erzählte, dass sie verliebt war und sicher, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Tja, hier saß er, und sie konnte ihn nur mürrisch anstieren.
    Marina war perplex, dass ihre Stieftochter den wohl attraktivsten Mann, der sich jemals in diesen Winkel von Devon verirrt hatte, so erbost ansah. Sie versuchte, Clementine aus der Reserve zu locken.
    »Clemmi reist gerne, stimmt’s, Clemmie? Sie war schon durch ganz Indien. Deshalb ist sie jetzt hier unten, um sich das Geld für die nächste Reise dorthin zu verdienen.«
    »Ich finde, dass nichts so bildet, wie die Welt zu bereisen«, sagte Rafa. »Allerdings muss ich gestehen, dass ich noch nie in Indien war.«
    Das hätte Clementines Stichwort sein müssen, ins Gespräch einzusteigen, doch sie lehnte sich zurück und überließ es ihrer Stiefmutter, die Stille zu füllen.
    »Ich auch nicht, aber die Art, wie Clementine davon erzählt, wenn sie erzählt, reizt mich, einmal hinzufahren.« Sie lächelte Clementine zu, aber das Mädchen brachte nur ein halbherziges Murmeln zustande.
    Sie beobachtete ihre plaudernde Stiefmutter und seufzte. Noch ein Mann, der in ihrem Spinnennetz gefangen war.
    »Ich bewundere Leute, die Fremdsprachen sprechen«, sagte Grey. »Ich habe versucht, Jake und Clementine zum Französischlernen zu ermuntern, aber keiner von beiden hat das Gehör dafür.«
    »Weil Französisch eine sinnlose Sprache ist«, mischte Jake sich ein. »Die wird bloß in Frankreich und auf einigen wenigen kleinen Inseln weit weg gesprochen.«
    »Ich wette, Sie sprechen Französisch«, sagte Marina zu Rafa.
    »Kann man eine romanische Sprache, fallen einem die anderen sehr leicht. Ich wuchs mit Italienisch zu Hause und Spanisch bei meinen Freunden auf, und in der Schule haben wir Englisch gelernt. Irgendwann habe ich auch ein bisschen Französisch aufgeschnappt, aber das ist nicht sehr gut. Ich kann jedoch exzellent bluffen.«
    »Sind Ihre Eltern Italiener?«, fragte Marina.
    »Ja. Viele Argentinier sind italienischstämmig. Mein Vater wanderte nach dem Kriege nach Argentinien aus. Die Familie meiner Mutter, auch italienisch, lebte schon seit Generationen dort.«
    »Man sagt, es ist ein wahrer Schmelztiegel der Kulturen«, sagte Grey.
    »Ist es«, stimmte Rafa ihm zu. »Doch wir haben nicht die Kultur, die Sie in Europa haben. Es ist faszinierend, durch die Straßen von London zu wandern und sich vorzustellen, wie sie zu Zeiten der berüchtigten Tudors gewesen sein mögen. Ich gestehe, dass ich beim Tower war, einfach dastand und alles in mich aufsog, diese so weit zurückreichende Geschichte. Fast einen ganzen Vormittag verbrachte ich dort, und die Zeit war gut investiert.«
    Sie redeten weiter. Clementine steuerte hie und da etwas bei, wurde langsam wärmer, weil Rafa sie bewusst einzubeziehen schien, auch wenn er sich offensichtlich mehr für Marina interessierte. Sie fragte sich, ob ihr Vater eigentlich merkte, wie seine Frau mit anderen Männern flirtete, oder ob er so sehr daran gewöhnt war, dass es ihn nicht mehr störte. Wahrscheinlich wollte er bloß, dass sie glücklich war, und das wollte er um jeden Preis. Marinas

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