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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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abwanderten. Kleine Wellen rollten herein, die sich mit ihren weißen Schaumkämmen um ihre Knöchel wanden, ehe sie sich wieder zurückzogen, um der nächsten Platz zu machen. Rafas Jeans wurde unten dunkel, und bald war sie bis zu den Knien nass. Es tat es mit einem Lachen und einem Achselzucken ab.
    »Hätte ich eine Badehose dabei, würde ich reinspringen.«
    »Lass uns das machen«, schlug sie vor. Er sah sie verwundert an. »Ganz ins Meer tauchen.«
    »Wenn du mitmachst, bin ich dabei.«
    Sie kicherte nervös. »Okay.« Klopfenden Herzens lief sie ein Stück auf den Sand, zog sich ihre Jeans und das Hemd aus und stand nur in ihrem T-Shirt und pink geblümtem Slip vor ihm.
    Lachend warf er den Kopf in den Nacken. »Qué coraje, nena!«
    »Ich hoffe, das ist ein Kompliment.«
    »Ist es. Du hast Mut!«
    »Tja, lass mich hier nicht so rumstehen. Mach schon!«
    Er kam zu ihr gelaufen und zog sich Jeans, Jacke und T-Shirt aus, die er neben ihre Sachen warf. »Bist du so weit?«
    Sie hatte kaum Zeit, seinen athletischen Körper in nichts als Calvin-Klein-Boxershorts zu bewundern, ehe er ins Wasser rannte und laut prustete, weil es so kalt war. Clementine folgte ihm begeistert. Es war unglaublich, welche Wendung das Schicksal nahm, um sie beide auf diese Weise zusammenzuführen.
    Sie alberten im Wasser herum, lachten und bespritzten sich gegenseitig. Nachdem sie sich an die Wassertemperatur gewöhnt hatten, fühlte es sich nicht mehr so kalt an. Sie schwammen ein kleines Stück raus, sodass sie von den Wellen auf und ab gewiegt wurden wie Bojen.
    »Du bist sehr mutig«, sagte er bewundernd.
    »Nur weil du mich auf die Idee gebracht hast.«
    »Aber du hast nicht gezögert. Für dich war nichts dabei, ins Wasser zu springen.«
    »Na ja, was soll ich sagen? So bin ich nun mal.« Sie grinste.
    »Das gefällt mir.«
    »Wir haben keine Handtücher, aber es ist sonnig. Wir können am Strand trocknen. Ich wette, du warst noch nie in derart kaltem Wasser.«
    »Irrtum. In Chile ist das Meer noch viel kälter als hier. Da kann man auf keinen Fall länger im Wasser bleiben, falls man überhaupt reinwill.«
    »Südamerika würde ich gerne mal kennenlernen.«
    »Marina sagte, dass du wieder nach Indien reisen willst.«
    »Ich liebe Indien, trotzdem muss es nicht unbedingt Indien sein. Ich will einfach bloß weg von hier. «
    »Warum?«
    »Weil ich nicht weiß, was ich machen will. Ich habe Angst davor, mit dem Rest meines Lebens anzufangen. Und wenn ich reise, vermeide ich es.«
    »Reisen ist Leben.«
    »Leben ohne Verantwortung. Man erwartet von mir, dass ich eine Karriere starte und ›erwachsen‹ werde. Das Problem ist, dass ich weder noch will.«
    »Dann musst du es auch nicht.«
    »Da sagt mein Vater etwas anderes.«
    »Du musst tun, was du willst. Wenn du Reisen liebst, solltest du die Welt sehen. Ich finde nicht, dass man den Erwartungen anderer gerecht werden muss. Schließlich ist es dein Leben.«
    »Was für ein morbider Gedanke.«
    »Mag sein, doch er lenkt den Blick aufs Wesentliche. Du musst deinen eigenen Weg finden, Clementine, auch wenn es nicht der ist, den sich deine Familie für dich vorstellt.«
    »Ich arbeite in Dawcomb und spare, um wieder wegzukönnen, irgendwohin.«
    »Irgendwohin, nur nicht hier.« Er grinste.
    »Ich weiß, das klingt undankbar.«
    »Ich kenne dich nicht gut genug, als dass ich beurteilen kann, ob du undankbar bist. Aber ich kenne die menschliche Natur hinreichend, um zu wissen, dass du nie glücklich wirst, indem du dein Leben für andere führst. Du musst deinen eigenen Weg gehen und selbst herausfinden, was du willst.«
    »Du bist sehr weise, Rafa.«
    »Danke. Und jetzt gehen wir lieber raus, denn ich fühle meine Zehen nicht mehr.«
    Sie setzten sich zum Trocknen in den Sand, und Clementine konnte sehen, wie fit und gut aussehend er war. Das nasse Haar fiel ihm in die Stirn. Es schien unglaublich, dass sie neben ihm saß, nass wie ein Fisch, und mit ihm lachte, als wären sie alte Freunde. Nach einer Weile – sie waren immer noch nicht ganz trocken – zogen sie sich wieder an und gingen zurück zum Wagen. Clementines nasse Dessous unter der Kleidung fühlten sich nicht schön an, dennoch hätte sie das spontane Schwimmen um nichts in der Welt versäumen wollen.
    Sie fuhren zum Polzanze. Auf dem Weg mutmaßten sie, wie die anderen reagieren würden, wenn sie erzählten, dass sie Schwimmen gewesen waren. »Ich werde auf jeden Fall als Fremdenführerin gefeuert«, sagte

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