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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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konnte man wohl kaum durch ihre Kleidung sehen, was in ihr los war.
    »Dein Bruder hat gesagt, dass du Boote nicht magst«, sagte er.
    »Ich habe keine Ahnung, wovon er redet«, erwiderte sie kühl. Sie musste Rafa ja nicht auf die Nase binden, dass er der einzige Grund war, weshalb sie sich überhaupt in die Nähe eines Bootes begab. »Was kann man daran nicht mögen?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Seekrankheit?«
    »Ich habe festgestellt, dass ich zum Horizont gucken muss, dann ist alles gut.« Sie setzte sich auf die Bank am Heck neben Pat. Veronica saß so nahe wie möglich an der Kajüte. Clementine hoffte, dass Rafa sich zu ihr setzen würde, doch er stieg zurück auf den Anleger und band die Taue los. Sie beobachtete, wie er sich bückte und sie loszurrte. Seine energischen Bewegungen waren nett anzugucken. Offensichtlich war er an körperliche Arbeit gewöhnt, und Clementine stellte sich vor, wie er mit seinem Vater zusammen auf der Ranch gearbeitet hatte. Grey startete den Motor, und Rafa stieß das Boot ab, ehe er wieder an Deck sprang.
    »Wie es aussieht, haben es die Mädchen bequem«, sagte er vergnügt, als das Boot langsam aus dem Hafen tuckerte.
    »Ist lange her, seit mich jemand ein Mädchen genannt hat«, kicherte Pat. »Hurra, auf geht’s! Ist das nicht herrlich?«
    »Er ist ziemlich frech«, sagte Veronica.
    »Sue McCain würde ihn mögen«, ergänzte Pat, die nach vorn sah, wo Rafa sich zu Grey stellte. »Ihr Argentinier war ein verteufelt guter Liebhaber.«
    »Das glaube ich gern«, sagte Veronica. »Lateinamerikaner haben eine vollkommen andere Einstellung zu Frauen als Engländer. Die Lateinamerikaner lieben die Frauen. Engländer sind lieber mit anderen Männern zusammen, deshalb haben wir so viele Clubs nur für Männer.«
    »Stimmt das?«, fragte Clementine neugierig.
    »Mein Mann interessiert sich auf jeden Fall mehr für Sport als für Frauen. Nicht dass er Frauen nicht mag, aber wenn er die Wahl hat, entscheidet er sich für den Golfplatz und seine Freunde«, erzählte Pat.
    »Rafa flirtet immerzu«, sagte Clementine, die unbedingt über ihn reden wollte, wo sie schon nicht mit ihm reden konnte.
    »So sind die alle«, konstatierte Veronica.
    »Oh ja! Sue McCain hat mir erzählt, dass Frauenbezirzen in Argentinien ein Volkssport ist.«
    Das stimmte Clementine nicht froh. »Denken Sie, so ist Rafa?«
    »Nein, glaube ich nicht«, sagte Veronica, der nicht entging, dass Clementine rot wurde. »Ich glaube, er ist ausgesprochen freundlich. Warum sollte er sich sonst mit albernen alten Schachteln wie uns abgeben?«
    »Richtig«, pflichtete Pat ihr bei. »Er bemüht sich um jeden. Ich schätze, er ist einer von den raren, ungewöhnlichen Männern, die Menschen mögen.«
    »Ach ja? Meinen Sie?« Clementine wurde wieder etwas munterer.
    »Man sieht es in seinen Augen, dass er mitfühlend ist. Er ist eine alte Seele, meinst du nicht auch, Veronica?«
    »Ganz bestimmt.«
    Sobald sie auf offenem Wasser waren, nahm das Boot an Fahrt auf. Grey überließ Rafa das Ruder, verschwand in der Kajüte und kehrte keine Minute später mit Wolldecken zurück. »Es kann ein bisschen frisch werden«, sagte er und reichte sie den Frauen. »Also, wollen wir mal sehen, wie schnell diese Dame schippern kann?« Pat johlte vor Freude, während Veronica sich dichter an die Kajüte drängte und den Schal festhielt, den sie sich um den Kopf geschlungen hatte.
    »Oh ja, das ist klasse!«, rief Pat über das Dröhnen das Motors hinweg. »Ich liebe es, den Wind auf meinem Gesicht zu fühlen. Da muss ich an die Zeit denken, als ich auf meiner kleinen Angel den Atlantik überquert habe. Gott, ging es damals zu, kann ich euch sagen. Mit dem Meer ist nicht zu spaßen.« Ihre Begeisterung war ansteckend, und Clementine lachte mit ihr.
    »Erzähl mal, wie du fast von einem Hai gefressen wurdest«, fordert Veronica sie auf. Mehr Ermunterung bedurfte es bei Pat nicht.
    Schließlich näherten sie sich der Schmugglerbucht, und Grey drosselte den Motor. Die Bucht war dunkel, schattig und windstill. Inzwischen stand die Sonne tief und färbte den Himmel blass flamingorosa.
    »Ist das nicht wunderschön?«, seufzte Veronica, die sich aus ihrer geschützten Ecke wagte.
    »Man kann sich gut vorstellen, wie die Schmuggler hier mit ihrer Beute ankamen und sie in den Höhlen versteckten«, sagte Rafa. Er war um die Kajüte herum zu ihnen gekommen.
    »Genug von Beute, junger Mann, Sie fangen jetzt Krebse«, befahl Pat.
    »Was machen wir,

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