Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
Vom Netzwerk:
sind‹.«
    »Das gefällt mir.«
    Sie hatte ihre Brille aufgesetzt und blätterte im Kalender. Er beobachtete sie. Er kannte sie zu gut. Irgendetwas hatte sie aufgewühlt.
    »Hier ist es … Sonntag, zwölfter Mai. Um zwei. Wir versammeln uns in der Marienkapelle – nur die Familie und ein oder zwei andere, nichts Formelles. Bist du damit einverstanden?«
    »Klar. Ist Dad da?«
    »Er ist beim Golfspielen. Also … Kuchen. Ja.«
    »Bist du sicher, dass dich nichts beunruhigt hat, als du mich angerufen hast?«
    Aber seine Mutter war auf dem Weg zur Speisekammer. Simon füllte den Kessel und nahm Tassen und Untertassen heraus. Irgendetwas war da gewesen, doch es hatte keinen Zweck, sie unter Druck zu setzen. Sie hatte es verdrängt und würde jetzt nicht mehr darauf zurückkommen. Als sie mit zwei Kuchendosen zurückkam, klingelte es an der Haustür.
    »Liebling, das wird Karin McCafferty sein – sie hat gesagt, dass sie vorbeikommen würde –, könntest du sie bitte reinlassen?«
    Karin sah gut aus, besser, als Simon sie in Erinnerung hatte. Dieser angespannte Ausdruck in den Augen und das Hagere waren verschwunden. Sie schien sich sogar mit mehr Lebhaftigkeit und Selbstvertrauen zu bewegen.
    »Ich wusste, dass Sie alles darüber hören wollen.« Karin setzte sich an den Tisch, ungezwungen, wie es Menschen hier in Abwesenheit seines Vaters immer waren. Selbst Simon spürte eine Leichtigkeit in der Atmosphäre.
    »Aber gewiss doch. Karin war in Seaton Vaux.«
    »Wie ich höre, spielt da Geld keine Rolle.«
    »Sicherlich nicht. Das zum Gut gehörende Dorf sieht schon viel besser aus – die Dächer werden repariert, alles wird frisch gestrichen, die Zäune zum ersten Mal in einem halben Jahrhundert ausgebessert. Und das Haus und die Gärten werden eine erstaunliche Verwandlung erfahren.«
    »Und Sie haben den Auftrag?« Meriel brachte die Teekanne.
    »Das ist ein bisschen komplizierter. Ich glaube schon … Doch es ist ein Riesenprojekt, das ich nicht allein bewältigen kann. Ich habe versucht zu erklären, dass ich keine Gartenpreisträgerin bin, mit zwanzig Jahren Erfahrung.«
    »Und wie war die schöne Mrs. Philips?«
    »Schön. Überschäumend. Sie ist wie ein Kind – sie ist ein Kind. Das ist eine seltsame Verbindung. Er ist sechsundfünfzig, sie ist zweiundzwanzig. Er war nicht da, sie ist später mit dem Hubschrauber zurück nach London geflogen. Eine ganz andere Welt.«
    »Sie müssen Ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen, Karin. Nehmen Sie den Auftrag an. Sie können immer noch andere Leute einstellen. Aber Sie sind gut, und das wissen Sie.«
    »Hm. Der Gedanke ist aufregend.«
    »Ich nehme nicht an, dass Sie Verwendung für einen jungen Mann haben, der in Gartenbau ausgebildet wurde – Gemüsegärtnerei – und der einen Job braucht?«
    »Wer sollte das sein, Simon?«, unterbrach Meriel misstrauisch.
    »Jemand, mit dem ich vor kurzem zu tun hatte. Er ist jung und fit. Na gut … er ist ein Exsträfling.«
    »Also wirklich, Simon.«
    Doch Karin winkte ab. »Ja«, sagte sie zu Simon, »hätte ich. Erzählen Sie mir ein bisschen mehr.«
     
    Später, als er ging, rief das Revier an.
    »Eine Nachricht, Chef … DCS Jim Chapman von der Polizei North Yorkshire ist unterwegs, um die Revision des Angus-Falls vorzunehmen. Er will sich morgen früh mit Ihnen treffen.«
    »Gut.«
    Wenn jemand vermutete, dass DCI Serrailler verärgert war über die Ankunft eines höheren Beamten von einer anderen Polizeibehörde, der diese Revision durchführen sollte, dann irrte er sich gewaltig, dachte Simon, als er nach Lafferton zurückfuhr. Er brauchte zwei neue Augen, die den Fall betrachteten, eine andere Sichtweise auf die Dinge. Sie hatten alles abgegrast, und sie waren ausgelaugt und erschöpft, jeder von ihnen. Falls jemand von außen ihnen einen Ansporn geben und etwas entdecken konnte, irgendetwas, das sie vielleicht übersehen hatten, umso besser. Das war ein Stärkungsmittel, keine Beleidigung.

[home]
    53
    D as Treffen war für neun Uhr angesetzt. Um zwanzig nach acht, als Serrailler sein Büro betrat, klingelte das Telefon.
    »Ich hab hier Mrs. Angus für Sie.«
    Er zögerte. Seit dem Fernsehinterview hatte er Marilyn weder gesehen noch gesprochen, hatte sich jedoch genug beruhigt, um sich in der Lage zu fühlen, mit ihr zu reden. Trotzdem atmete er tief durch. Er musste an dem Verständnis festhalten, dass sie nicht aus Bosheit gehandelt hatte, sondern unter dem Einfluss äußersten Kummers und

Weitere Kostenlose Bücher