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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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wem, Ma? Schmallippig.«
    »Na gut … sollte ich sonst noch was wissen?«
    »Es gibt Brathähnchen.«
    »Bin gleich da.«
     
    Er liebte das Bauernhaus. Er liebte alles daran, draußen und drinnen, wie es lag, lang und niedrig und aus grauem Stein zwischen den Koppeln, liebte die beiden dicken Ponys, die ihre Köpfe über das Gatter streckten, als er vorbeifuhr, liebte den Hühnerauslauf und den Garten, der nie ordentlich und unkrautfrei war, aber stets viel einladender als das große, preisgekrönte Gartenareal seiner Mutter, liebte den Kuddelmuddel auf der Veranda mit all den Gummistiefeln und Milchflaschen, liebte die Wärme und das Toben seines Neffen und seiner Nichte mit der Katze auf dem alten Sofa neben dem Herd, liebte die Fröhlichkeit und die dringlichen medizinischen Gespräche zwischen seiner Schwester und seinem Schwager. Liebte das Glücksgefühl, das das Haus ausströmte, den Geruch und den Lärm und die Liebe zum Familienleben. Er parkte neben dem Auto seiner Mutter.
    Der Regen hatte nachgelassen. Simon blieb einen Augenblick stehen und schaute auf das Licht, das aus dem Bauernhaus strömte. Irgendwo drinnen hörte er die Kinder laut lachen.
    Ist es das, was mit mir los ist? Die Frage drängte sich ihm seit Freyas Tod zum tausendsten Mal auf. Sie hätte in einem Haus wie diesem auf ihn warten können, es hätten seine Kinder sein können …
    Ein plötzlicher Schmerz. Und doch konnte er sich manchmal nicht daran erinnern, wie sie ausgesehen hatte. Sie hatten zusammen gegessen. Sie war auf einen Drink in seiner Wohnung gewesen. Es war …
    Was, genau? Genau gar nichts.
    Leicht, gar nichts zu bedauern.
    Er ging über den Kies und öffnete die Verandatür. Der Geruch nach Brathähnchen wehte ihm entgegen.
    »Hallo.«
    Seine Schwester Cat, rundgesichtig durch die Schwangerschaft, mit weit vorgewölbtem Bauch, kam aus der Küche, um ihn zu begrüßen.
    Simon dachte plötzlich, das ist der Grund, warum da nichts gewesen war. Freya war nicht Cat. Niemand ist Cat. Niemand sonst kann je Cat sein.
    »Onkel Simon, Onkel Simon, ich hab eine Rennmaus, sie heißt Ron Weasley, komm und schau sie dir an.«
     
    Er würde über Nacht bleiben. Inzwischen trug er einen Trainingsanzug seines Schwagers. Er saß am Küchentisch neben seiner Mutter, die Reste eines Apfel- und Brombeerstreuselkuchens und eine zweite Flasche Wein vor ihnen, Chris, der das Durchlaufen des Kaffees überwachte, am Herd.
    »Ich wollte euch alle hier haben«, sagte Meriel Serrailler. Sie saß sehr still, sehr gerade.
Schmallippig
, hatte Cat gesagt. Aber seine Mutter hatte schon immer etwas Angespanntes gehabt, solange Simon zurückdenken konnte, eine lächelnde, alabasterartige, makellos frisierte Anspannung.
    »Was ist mit Dad?«
    »Wie ich schon sagte, er ist bei einem Freimaurertreffen.«
    »Er sollte auch hier sein, er hat ein Recht darauf, zu sagen … was er sagen will.«
    Chris Deerborn stellte den Kaffee auf den Tisch. »Reden wir jetzt darüber.« Kurz legte er Cat die Hand auf die Schulter. »Ich weiß mehr oder weniger, was Richard denkt. Ich hab im Krankenhaus mit ihm gesprochen.«
    Cat drehte sich um, sah zu ihm auf. »Wie bitte? Davon hast du mir nichts erzählt.«
    »Ich weiß.«
    Allein seine Stimme besänftigte und beruhigte sie, wie Simon sah. Seine Schwester hatte Glück gehabt. Es war eine glückliche Ehe.
    »Er redet mit dir, aber nicht mit mir«, sagte Meriel leise.
    »Na klar tut er das. Es ist einfacher, nicht wahr? Das weißt du. Ich bin beteiligt, aber ich bin nicht Richards Sohn, und ich bin ebenfalls Arzt. Mach dir darüber keine Gedanken.«
    Meriel sah ihn mit stetigem Blick an. »Mach ich auch nicht«, erwiderte sie. »Darüber bin ich hinaus.«
    Simon brachte kein Wort heraus. Er saß einem Ärztegremium gegenüber. Sie hatten andere Ansichten, egal, ob sie über ihre Tochter, Schwester oder Schwägerin sprachen. Sie hatten eine Distanz, die er nicht besaß.
    »Sie wird vermutlich sterben«, fuhr Meriel fort, und jetzt hatte sich ihre Stimme verändert, war die einer leitenden Oberärztin, der klare, feste Ton eines mitfühlenden, aber unbeteiligten Profis. »Diese Attacke hat sie sehr geschwächt, und es ist nicht nur ihre Lunge, die die Lungenentzündung nicht mehr verkraften kann, sondern ihr gesamtes Abwehrsystem ist erschöpft, und das EKG ist nicht gut. Aber wir dachten, sie würde schon vor achtundvierzig Stunden sterben … früher noch …, und das ist nicht passiert. Es wird Zeit, ihre Behandlung

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