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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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mehr. Aber was willst du machen, And? Welche Pläne hast du, wo du jetzt ein freier Mann bist?«
    »Arbeiten.«
    »Als was?«
    Sein Stolz regte sich. Er konnte sich nicht dazu durchringen, es auszusprechen.
    »Siehst du.«
    Der Kessel begann zu zischen. Lee nahm zwei Becher von einer Stange über seinem Kopf.
    »Ich suche Leute. Such immer welche.«
    »Keine Chance.«
    »Hör doch erst mal zu, ja?«
    »Nein. Wo hast du das alles her? Das Haus. Das Auto. Erzähl mir nicht, du hättest das durch ehrliche Schufterei erreicht. Niemand schafft das in einem oder zwei Jahren Knochenarbeit. Du warst pleite, hast zuletzt nur zwei Straßen von Michelle entfernt gewohnt. Dich haben sie für die Sache damals nicht mal eingelocht. Die Hälfte der Zeit hab ich für dich abgesessen, Carter.«
    »Ich hab auch keinen Mann mit dem Kopf auf den Beton geknallt.«
    »Du …«
    »Ach, halt die Klappe, Andy. Hier.« Er schob den Teebecher über den Tisch. »Das ist vorbei und vergessen. Du bist schließlich da raus, oder?« Lee zog sich einen Stuhl mit dem Fuß heran und setzte sich.
    Andy trank den heißen, süßen Tee. Gefängnistee. Wider besseres Wissen wollte er es hören. Vielleicht stimmte es, und irgendetwas Legales hatte all das hier möglich gemacht. Er schaute aus dem Fenster hinter Lees Kopf. Der Garten bestand hauptsächlich aus Rasen und kunstvollen Spalieren, dazu ein Vogelbad, eine weiß gestrichene Eisenpumpe. Es gab ein einzelnes Rosenbeet, beschnitten bis auf die Stümpfe, die aus dem Rindenmulch herausragten wie faulige Zähne in einem ungepflegten Mund. Er dachte an den Gemüsegarten des Gefängnisses. Er wollte nicht wieder dorthin, aber er wollte draußen an der frischen Luft sein.
    »Pferde«, sagte Lee, folgte seinem Blick. »Pferde haben dafür bezahlt.«
    Jetzt fiel es Andy wieder ein. Lee war ständig bei den Buchmachern gewesen oder hatte mit einem Wettbüro telefoniert. Immer wieder hatte er Andy bedrängt, mit ihm zu den Rennen zu gehen, aber Andy hatte nie Interesse daran gehabt.
    »Quatsch«, sagte er jetzt. Wenn er eines über das Wetten wusste, auf Pferde oder sonst was, dann, dass man am Ende immer verlor. »Schwachsinn.« Es mussten Drogen sein. Eindeutig. Mehr denn je wollte er an die frische Luft.
    »Genau das.«
    Lee griff nach der Teekanne und hielt sie hoch. Andy schüttelte den Kopf.
    »Ich bin eines Morgens aufgewacht und sah es direkt vor mir. In großen roten Lettern. Das Idiotenspiel. Genau das war die Antwort. Es gibt immer Idioten.«
    »Du hast dir also ein Wettbüro gekauft?«
    Lee lachte.
    »Hör zu. Nach den ganzen Jahren, die ich damit verbracht habe, zehn, zwölf Jahre – auf Gäule zu setzen, ein bisschen zu gewinnen, ein bisschen zu verlieren, aber hauptsächlich zu verlieren –, hab ich kapiert, wer wirklich das Geld einstreicht. Ja, schon die Buchmacher. Aber abgesehen von denen … die Tippgeber, die sind es. Nicht die traurigen kleinen Ein-Mann-Unternehmen, irgendein hoffnungsloser Exjockey. Auf höchster Ebene. Nobel. Wie ein exklusiver Club. Ich hab damals ein Vermögen für diese Tippgeberagenturen ausgegeben. Die versprechen, dir Riesengewinne einzubringen, mit Insiderinformationen, all diesem Scheiß. Man muss was anderes bieten und mehr tun, als nur die Rennseiten lesen und sich daraus irgendwas zusammenschustern. Diejenigen, die dir einen Tipp für die wirklich großen Gewinner geben können, Gewinner, auf die keiner gesetzt hat, die 10:1- und 25:1-Wetten, die können verlangen, was sie wollen … Zehn-, fünfzehntausend pro Jahr, vielleicht mehr. Das ist nichts. Ich hab mich so in den Fünfzigern, Hunderten bewegt. Meine Kunden jetzt, die lassen bei jeder Wette Tausende springen … und sie wetten nicht oft. Als Erstes muss man sie glauben lassen, dass es schwer ist reinzukommen, dass dein Service exklusiv und die Mitgliedschaft begrenzt ist. Du lehnst die Leute einfach ab. Ohne ihnen einen Grund zu nennen. Das spricht sich bald rum, und sie kriechen auf Händen und Knien zu dir. Clubs machen es, das passiert sogar mit Kleidung, ob du’s glaubst oder nicht – Designerzubehör. Lydia hat sich schon vor sechs Monaten für eine dämliche Handtasche eingetragen, die zwei Riesen kostet, weil davon nur fünfzig hergestellt werden. Völliger Quatsch, aber man muss sie haben. Genau wie die Mitgliedschaft bei meinem Service.«
    »Wie heißt er?«
    » LER . Für Limited Edition Racing.«
    »Und du findest die Außenseiter, die gewinnen.«
    »Genau.«
    »Wie?«
    »Es gibt

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