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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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Sie.«
    Simon lächelte. Er mochte Shirley, mit ihrem leichten Schielen und der Lücke zwischen den Schneidezähnen. Die eine oder andere Pflegerin vermittelte den Eindruck, dass sie das Ende ihrer Schicht kaum erwarten konnte und nicht mehr als das Minimum tat, um seine Schwester sauber zu halten, es ihr bequem zu machen und sie zu füttern. Shirley redete mit ihr und sprach von ihr als einem Individuum, das sie kannte und mochte, obwohl sie Martha manchmal ermüdend fand. Er wusste, dass so etwas selten war, und er war dankbar dafür.
    Marthas Zimmer war hell, mit butterblumengelben Wänden und weiß gestrichenen Möbeln, das Zimmer eines Kindes; es munterte Simon immer auf, wenn er es betrat.
    Seine Schwester saß aufgestützt im Bett. Ihr Haar war frisch gebürstet und zurückgebunden, sie hatte Farbe in den Wangen und Glanz in den Augen. Sie schaute zum Licht, das durch die Fenster hereinfiel, und beobachtete die von einem Windhauch bewegten gelben und grünen Vorhänge.
    »Hallo, Liebling. Du siehst so viel besser aus!« Er trat ein und griff nach ihrer Hand. Sie war weich, die Haut wie Satin, selbst die Knochen wirkten weich, als die Hand bewegungslos in seiner lag. »Ich bin gleich hergekommen, als ich erfahren habe, dass du aus dem Krankenhaus zurück bist, und ich wette, du bist froh darüber. Hinter all diesen Schläuchen und Apparaten konnte ich dich gar nicht richtig sehen.«
    Shirley steckte die Decke an Marthas Bettende fest und schloss die Tür eines Schranks. »Ich komm später zu dir, Schätzchen«, sagte sie zu Martha, winkte und ging hinaus.
    Das Zimmer war friedvoll. Martha war friedvoll. Sie würde hier sitzen, bis jemand kam, um sie zu drehen, sie zu säubern, sie umzuziehen, mit ihr Krankengymnastik zu machen, sie auf den Stuhl zu heben, sie zu füttern, ihren Trinkbecher zu halten; sie war abhängig wie ein Baby, unfähig, auch nur das Kleinste zu tun, für sich selbst oder für andere.
    Sie roch nach Seife und sauberen Laken. Nie ging ein anderer Geruch von ihr aus, nie lag etwas Saures oder Schmutziges in der Luft ihres Zimmers. Ihre Pflege war einwandfrei.
    Aber er hatte sich oft gefragt, wie groß der Unterschied für sie gewesen wäre, wenn sie so zu Hause gesessen hätte, mitten im Familientrubel, die Anregung verschiedener Menschen, die um sie herum redeten und arbeiteten und beschäftigt waren, Kinder, die hereinkamen, Cats Kinder, deren Freunde, Tiere auf Marthas Schoß. Sie hatte nie ein normales Leben kennengelernt. Er wünschte, er hätte ihr das ermöglichen können.
    Martha gab ein kleines Murmeln von sich, teils Stöhnen, teils Seufzen, teils Lachen … Es ließ sich unmöglich sagen. Ihre Hand bewegte sich.
    »Was ist? Hast du etwas gesehen?«
    Wieder das kleine Geräusch. Er blickte ihr ins Gesicht. Nichts war darin zu erkennen, und doch wusste er, dass sie mit ihm zu kommunizieren versuchte.
    Er gab ihr etwas aus dem Schnabelbecher vom Tisch zu trinken, und sie trank, aber ob es das war, was sie gewollt hatte, konnte er nicht sagen.
    »Kleine Martha«, sagte er. »Ich bin so froh, dass es dir besser geht.«
    Er blieb zehn Minuten, hielt ihre Hand, erzählte ihr von dem Eichhörnchen, das er auf der Kiefer hinter dem Parkplatz gesehen hatte, wusste, dass es ihr nichts bedeutete, und war sich doch sicher, dass sie gern seine Stimme hörte.
    Als er ging, schlossen sich ihre Augen. Sie war wie ein Baby, in den Schlaf gelullt von den leise wehenden, hellen Vorhängen.
    In der Eingangshalle traf er Shirley. »Es scheint ihr gutzugehen«, sagte er. »Sie schläft jetzt.«
    »Das ist recht so, weil wir nachher ihr Bett machen müssen und dann ihren Brustkorb bearbeiten, damit sie keine weitere Lungenentzündung bekommt. Danke, dass Sie gekommen sind. Ich nehme an, dass Dr. Serrailler sie später besuchen wird.«
     
    Das Eichhörnchen raste den langen Stamm der schottischen Kiefer hinauf, als Simon zu seinem Auto ging, aber plötzlich verharrte es und lugte aus seinen blinkenden kleinen Augen auf ihn hinab.
    DCI Serrailler bog aus der Auffahrt und fuhr zum Revier von Lafferton und zu seiner Arbeit. Wenn Abwesenheit das Herz zärtlicher machte, dann tat der Tod das auch. Er hätte nicht durch die Seitenstraßen der Altstadt fahren müssen, um zum Revier zu gelangen, obwohl er damit einige Ampeln umging, aber als er näher kam, wusste er, dass er die Straße hatte entlangfahren wollen, in der Freya Graffham gewohnt hatte.
    Er war nicht in sie verliebt gewesen – zumindest nicht,

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